„Wir begrüßen dieses Urteil uneingeschränkt“, sagt Wolfgang Puff, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Bayern. „Wir hoffen, dass sich die Umsätze und Frequenzen im Handel jetzt wieder beleben, da zuletzt viele Menschen sehr verunsichert waren“, erklärt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Erleichterung im Handel war am Mittwochnachmittag groß.
Kurz zuvor hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bekannt gegeben, dass die grundsätzliche Beschränkung des Zugangs zu Einzelhandelsgeschäften auf Geimpfte und Genesene – die 2G-Regel – vorläufig außer Vollzug gesetzt ist. Geklagt hatte die Inhaberin eines Beleuchtungsgeschäftes aus Oberbayern.
Nur wer geimpft oder genesen ist, sollte nach einer Vereinbarung von Bund und Ländern Anfang Dezember zum Schutz vor Corona noch einkaufen gehen können. Ausgenommen waren in Bayern Geschäfte zur „Deckung des täglichen Bedarfs“, zum Beispiel Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Tankstellen, Buchhandlungen, Blumenläden, Baumärkte, Gartenmärkte und der Christbaum-Verkauf. Die Antragstellerin sah darin nach Angaben des Gerichts „eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und beantragte deshalb die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung“. Damit hatte sie Erfolg. Sie war damit aber nicht die Erste.
Bekleidungsläden und Spielwarenhandel hatten schon erfolgreich geklagt
Bereits Mitte Dezember hatte das Gericht entschieden, dass auch Spielwarenläden unter den täglichen Bedarf fallen und damit nicht der 2G-Regel unterliegen. Ende Dezember sind zusätzlich Bekleidungsgeschäfte ausgenommen worden. Prinzipiell, teilte das Gericht mit, könnte die Regierung durchaus 2G-Zugangsbeschränkungen im Einzelhandel erlassen. Das Infektionsschutzgesetz biete dafür eine ausreichende Grundlage. Nach Ansicht des Gerichts muss dann aber „hinreichende Klarheit aus der Verordnung selbst“ bestehen, in welchen Bereichen die 2G-Regeln genau gelten und in welchen nicht. Diese Aufgabe dürfe die Regierung nicht an Ämter und Gerichte abgeben.
Tatsächlich gab es im Handel zuletzt große Schwierigkeiten abzugrenzen, welche Bereiche noch unter die 2G-Regel fielen und welche nicht, sagt Andreas Gärtner, Geschäftsführer des Handelsverbandes in Schwaben. In Einkaufsstraßen wandten angesichts der vielen Ausnahmen am Ende nur noch ganz wenige Läden die 2G-Regel an, beispielsweise Geschäfte für Schmuck, Uhren, Elektronik oder Haushaltswaren. „In manchen Bereichen waren die Abgrenzungen, was täglicher Bedarf ist und was nicht, kaum noch zu verstehen. Dann galt zum Beispiel für Kurzwaren und Hosenträger die 2G-Regel, für die Hose selbst aber nicht mehr“, sagt Gärtner. „Das Unverständnis der Kunden hat deshalb zuletzt stark zugenommen“, hat Gärtner beobachtet.
Handelsverband Bayern: "Jetzt ist Klarheit da"
Die Händler sind deshalb erleichtert: „Jetzt ist Klarheit da, dass es vorläufig keine 2G-Regel im Handel mehr gibt“, sagt Gärtner. „Falls die Staatsregierung wieder eine 2G-Zugangsbeschränkung einführen will, muss sie klare und verständliche Regeln finden“, sagt er. „Wir wären aber froh, in Zukunft keine Abgrenzungen mehr treffen und keine 2G-Pflichten mehr kontrollieren zu müssen“, fügt er an.
Bayerns Staatsregierung will das Urteil sofort umsetzen: „Wir setzen in Bayern 2G im Handel komplett aus und sorgen damit für eine schnelle und praktikable Umsetzung der VGH-Entscheidung“, sagte CSU-Staatskanzleichef Florian Herrmann.
Weiter bestehen bleibt allerdings die Pflicht, bei Betreten eines Geschäfts eine FFP2-Maske zu tragen, wie sie für Supermärkte bekannt ist.
2G im Einzelhandel ist passé: Jetzt gilt noch die Maskenpflicht
Dass auch nach dem Urteil der Schutz vor Corona im Handel gewährleistet ist, davon ist Bayerns Handelsverbandsgeschäftsführer Puff fest überzeugt: „Der Handel ist kein Infektionstreiber. Die Sicherheit des Einkaufs ist durch die Maskenpflicht und die losen Begegnungen in den Geschäften gewährleistet“, sagt Puff. „Das Bekenntnis zum Tragen der Masken in den Geschäften war aufseiten des Handels immer da“, unterstreicht er.
Puff hofft nun, dass nach dem Urteil wieder mehr Kundschaft in die Läden kommt: „Höhere Besuchszahlen im Einzelhandel sind dringend nötig, da das Weihnachtsgeschäft das zweite Mal ins Wasser gefallen ist“, sagt er. „Wir müssen irgendwann zur Normalität zurückkehren, denn irgendwann sind die Reserven der Händler erschöpft“, warnt Puff.