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Einigung in letzter Sekunde: Entlassung und weniger Mindestlohn: Griechenland stimmt drastischen Einsparungen zu

Einigung in letzter Sekunde

Entlassung und weniger Mindestlohn: Griechenland stimmt drastischen Einsparungen zu

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    Droht Griechenland der "große Knall"?
    Droht Griechenland der "große Knall"? Foto: Federico Gambarini dpa

    Das neue Sparpaket ist drastisch. Enorme Kürzungen der Mindestlöhne, weniger Arbeitslosengeld und die Entlassung von tausenden Staatsbediensteten, damit müssen die Griechen in der nächsten Zeit rechnen. Auf die Griechen kommt ein neues hartes Sparprogramm zu.

    Stimmung der Griechen schwankt zwischen Verzweiflung und Wut

    In einem nächtlichen Verhandlungsmarathon einigte sich Ministerpräsident Lucas Papademos mit den Vorsitzenden der Parteien, die seine Regierung unterstützen, auf weitere Einschnitte. In der Bevölkerung, die schon mehrere Sparrunden hinter sich hat, wurde die Nachricht nicht gut aufgefasst. Die Stimmung der Griechen schwankt zwischen Verzweiflung und Wut.

    "Wir, immer wir müssen zahlen", sagt Ilias Zissimatos, ein 78 Jahre alter Rentner am Donnerstag. Der frühere Maurer bekommt 480 Euro Rente. Davon zahlt er 230 Euro Miete. Jetzt soll er 15 Euro monatlich weniger bekommen. "Um unseren Staat zu retten. Das sagen die Geldgeber - na genial", sagt er sarkastisch. Die Kommunistische Partei (KKE) ruft bereits zum Aufstand auf. Andere marxistische und linksgerichtete Parteien und Organisationen wollen die Regierung stürzen. Die Gewerkschaften planen weitere Streiks.

    Allein dieses Jahr müssen die Griechen 3,1 Milliarden Euro sparen

    Euro-Krise: Diese Finanzbegriffe sollten Sie kennen

    Staatsanleihen: Sie sind für Staaten die wichtigsten Instrumente, um ihre Finanzierung langfristig sicherzustellen. Der ausgebende Staat sichert in der Regel die Rückzahlung der Summe plus einen festen Zinssatz zu einem festgelegten Zeitpunkt zu. Die Laufzeiten liegen bei bis zu 30 Jahren.

    Auktion: Dies ist der bevorzugte Weg für Staaten, um ihre Schuldpapiere zu verkaufen. Einige Tage vor dem Verkauf werden Summe und Laufzeiten der Anleihen bekannt gemacht. An einem festgelegten Tag können dazu berechtigte Investoren ihre Gebote abgeben. Die Bieter mit den günstigsten Geboten erhalten den Zuschlag. In der Euro-Krise haben einige Staaten, darunter auch Deutschland, bei Auktionen auch schon nicht genug Käufer gefunden. Andere Staaten mussten höhere Zinsen als geplant bieten, um ihre Papiere loszuwerden.

    Primär- und Sekundärmarkt: Die Neuausgabe von Staatsanleihen wird als Primärmarkt bezeichnet. Danach werden sie wie gewöhnliche Wertpapiere weitergehandelt, am sogenannten Sekundärmarkt. Er funktioniert wie ein Gebrauchtwarenmarkt - bereits ausgegebene Staatsanleihen werden während ihrer Laufzeit weiterverkauft. Dabei können sie im Laufe der Zeit an Wert zunehmen oder verlieren. Ein Verkauf vor Ablauf der Laufzeit kann also Gewinn bringen - oder Verlust.

    Zins: Dies ist die Summe, die ein Schuldner - bei Staatsanleihen also der Staat - pro Jahr zusätzlich zahlen muss, damit er für eine bestimmte Zeit Geld geliehen bekommt. Bei den Staatspapieren haben die Zinsen für kriselnde Länder wie Italien in den vergangenen Wochen ständig neue Höchstwerte erreicht. Bei einer Neuausgabe zehnjähriger Staatsanleihen musste das Land zuletzt mehr als sieben Prozent Zinsen bieten - schon sechs Prozent Zinsen gelten als kritischer Wert, ab dem Länder wie Irland oder Griechenland um internationale Hilfe bitten mussten.

    Rating: Rating ist das englische Wort für Bewertung. Es wird für die Noten benutzt, die Prüfunternehmen - die Ratingagenturen - vergeben, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu beurteilen. Verschlechtern diese Unternehmen etwa wegen hoher Schulden die Note eines Landes, ist von einer Herabstufung die Rede. Das betroffene Land muss dann höhere Zinsen zahlen, um sich Geld zu leihen.

    Rendite: Damit wird im Prinzip der tatsächliche Gewinn bezeichnet, den ein Käufer von Schuldpapieren am Ende eines Jahres macht. Depotgebühren werden dabei eingerechnet genauso wie Kursgewinne oder -verluste. Die Rendite liegt derzeit in der Regel höher als der Zinssatz, der bei der Erstausgabe für die Staatsanleihen festgelegt wurde. Denn aufgrund der krisenhaften Entwicklung verlangen die Investoren am Sekundärmarkt Risikoaufschläge, wenn sie Staatspapiere kaufen. Unterm Strich zahlen sie damit für eine Anleihe also einfach weniger - und machen am Ende einen größeren Gewinn. An der aktuellen Rendite orientiert sich der künftige Zinssatz, der für neue Staatsschuldtitel bezahlt werden muss.

    Spread: Damit wird der Unterschied am Markt bei der Rendite von zwei Staatsanleihen angegeben. Dieser Wert, der in Basispunkten oder Prozentpunkten angegeben wird, ist umso höher, je größer das Risiko eines Zahlungsausfalls eines Landes ist. In der Euro-Krise sind die zehnjährigen Staatsanleihen Deutschlands ein Referenzwert, weil diese als besonders sicher gelten: Wenn also der «Spread» für Frankreich auf zwei Prozentpunkte steigt, dann bedeutet dies, dass das Land einen um diesen Wert höheren Zinssatz als Deutschland bei einer Neuausgabe von Schuldpapieren zahlen muss.

    Bis 2015 müssen die Griechen 14 Milliarden Euro sparen, allein dieses Jahr sollen es 3,1 Milliarden Euro sein. Andernfalls bekommt das vor dem Bankrott stehende Land kein Geld mehr von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF). 13 Stunden dauerte der Verhandlungspoker zwischen griechischen Spitzenpolitikern sowie den Vertretern der "Troika" aus

    Denn fast wären die Gespräche in der Nacht zum Donnerstag gescheitert. Der Chef der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, bestand darauf, die Zusatzrenten unangetastet zu lassen. "Ich kann es nicht zulassen" sagte er im Fernsehen. Er habe "hart für die Menschen verhandelt", die sehr litten. Es geht um Einsparungen in Höhe von rund 300 Millionen Euro.

    Fünf Stunden lang wurde über das Sparpaket verhandelt

    Mitten in der Nacht musste Ministerpräsident Papademos neue Gespräche mit der "Troika" aufnehmen. Die Zeit drängte, denn Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker hatte für Donnerstagabend eine Sitzung der Euro-Finanzminister einberufen, um über Griechenland zu beraten. Fünf Stunden lang wurde gefeilscht und gepokert. Doch die "

    Die Szimmung wird in Griechenland immer schlechter. Mittlerweile gibt es in dem Land nur noch wenige, die an eine Rettung glauben. "Die Rettungsweste ist voll Löcher", schrieb die größte griechischen Zeitung "Ta Nea". Nur eines scheint derzeit sicher: Athen steht in den kommenden Wochen vor einer Herkules-Aufgabe.

    Die Griechen verarmen und verzweifeln immer mehr

    Das Land, das in einer tiefen Rezession steckt, muss noch härter sparen. Die Sparpakete nagen and er Existenz der Menschen, sie verarmen und verzweifeln immer mehr. "Und die Verzweiflung ist kein guter Ratgeber", sagt der Arzt Giorgos Tagaris. Vater Stelios, der Probst einer Kirche, sieht die Chance auf Rettung nur noch weit oben: "Ich kann nur noch beten, dass wir daraus heil herauskommen." dpa

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