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EEG: Bei vielen Biogasanlagen läuft die Förderung aus. Aiwanger warnt vor „katastrophalen Konsequenzen“ für die Nahwärme

Biogasanlagen

Das Ende der Biogas-Förderung bringt Orte in Not

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    Für viele Biogasanlagen läuft die Förderung aus, das hätte auch Konsequenzen für die Wärmenetze.
    Für viele Biogasanlagen läuft die Förderung aus, das hätte auch Konsequenzen für die Wärmenetze. Foto: Wolfgang Jargstorff

    Viele Kommunen könnten in der nächsten Zeit mit ihrer Wärmeplanung in Not geraten – insbesondere, wenn sie auf Fernwärme aus Biogasanlagen gesetzt haben. Der Grund ist, dass für viele Anlagen die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) demnächst endet. Betroffene Landwirte überlegen deshalb, ihre Anlagen vom Netz zu nehmen und stillzulegen, warnt der Fachverband Biogas. „Die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme versorgt über Nahwärmenetze zahlreiche Haushalte, kommunale Gebäude oder Schwimmbäder“, sagt Horst Seide, Präsident des Fachverbandes. „Wenn diese Biogaswärme nicht mehr zu Verfügung steht, wird es an vielen Stellen schwer mit der Umsetzung der Wärmewende“, warnt er.

    Hintergrund ist, dass ab dem Jahr 2004 – im ersten „Biogas-Boom“ – zahlreiche neue Anlagen ans Netz gingen. Nun läuft nach 20 Jahren die garantierte EEG-Vergütung für den Strom aus. Zwar können die Betreiber eine neue Vergütung beantragen. Schließlich leisten die flexiblen Anlagen einen bedeutenden Beitrag zur Energiewende: Sie können bei der Stromerzeugung einspringen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Allerdings gibt es viel mehr Interessenten als Fördermittel. „Auf das ausgeschriebene Biomasse-Volumen von 240 Megawatt installierter Leistung wurden zuletzt 788 Gebote über 742 Megawatt eingereicht“, erklärt Andrea Horbelt, Sprecherin des Fachverbandes. „Zwei Drittel der Anlagen gingen leer aus“, erklärt sie.

    Hubert Aiwanger: „Eine Katastrophe“

    „Es ist eine Katastrophe, dass Biogasanlagen mit Wärmenutzung aus der Förderung fallen“, warnt deshalb Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). „Der Bund muss seine Biomasse-Feindlichkeit endlich aufgeben und mehr Ausschreibungsvolumen für Biogas anbieten“, fordert er. „Die Mengen von 240 Megawatt sind mit Blick auf die Wärmewende und die kommunalen Planungen viel zu gering.“

    Das Problem ist, dass es sich für die Landwirte nicht rechnet, den Biogas-Strom an der Börse zu verkaufen, erklärt Horbelt. Mit dem Ausbau der Fotovoltaik und der Windkraft seien die Börsenpreise stark gefallen. Zudem müssten die Bauern investieren, um ihre Biogasanlagen nach 20 Jahren fit für die Zukunft zu machen. „Ohne eine gesicherte Einspeisevergütung bekommen Biogasbetreiber aber kaum Kredit von der Bank“, erklärt sie. In Deutschland laufen insgesamt rund 9900 Biogasanlagen. In einer Umfrage des Fachverbandes unter 540 Betreibern gaben 88 an, sie planen, ihre Anlagen stillzulegen, 151 wollen die Wärmenutzung einstellen.

    Viele Wärmenetzgenossenschaften bangen

    Dies wäre fatal für die Wärmeversorgung in vielen Orten: „Mit 60 Prozent Anteil sind Biogasanlagen die Wärmequelle Nummer 1 der über 200 Wärmenetzgenossenschaften in Deutschland“, erklärt Stefan Graf, Energiereferent des Bayerischen Gemeindetags. „Schon aufgrund der durchschnittlich fast zwei Millionen Euro Investitionen in die Netze besteht ein großes Interesse an deren Fortbestand.“ Auch Aiwanger warnt vor den Folgen der Abschaltung vieler Anlagen: „Es entstehen Investitionsruinen“, sagt er. „Die Wirtschaft im ländlichen Raum wird geschwächt“, sagt er.

    Fachverband fordert höheres Ausschreibungsvolumen

    Wie könnte eine Lösung aussehen? Der Fachverband fordert, mehr Betreibern die Chance auf eine Anschlussförderung zu geben: Dafür müssten pro Halbjahr 900 Megawatt Leistung statt bisher 240 Megawatt zu Förderung ausgeschrieben werden. Zudem sollte ein Zuschlag von 120 Euro pro zusätzlich installiertem Kilowatt gezahlt werden, wenn Landwirte ihre Anlagen besonders flexibel machen und den Strom dann erzeugen, wenn er knapp ist.

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    2 Kommentare
    Walter Koenig

    Sehr widersprüchlich empfinde ich die Aussagen des Verbandes. Auf der einen Seite wird beklagt, dass es viel mehr Interessenten als Fördermittel gibt. Auf der anderen Seite wird beklagt, dass es sich für die Landwirte nicht rechnet, den Biogas-Strom an der Börse zu verkaufen. Und obendrauf schwurbelt dann noch Herr Aiwanger von einer angeblichen Biomasse-Feindlichkeit des Bundes. Dass die Fördermittel auslaufen ist seit Jahren bekannt, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass man bei den heutigen Energiepreisen als Betreiber einer Biogasanlage ohne Fördermittel pleite geht. Andererseits darf wohl auch gefragt werden, warum der Staat immer geschäftliche Risiken eines Unternehmens mit Fördermitteln absichern soll.

    Raimund Kamm

    Ihrer Bewertung, Herr Koenig, stimme ich zu. Die Biogasanlagen werden sich wie die anderen Kraftwerke auch zukünftig im Markt rechnen müssen. Ihr Vorteil ist die gleichzeitige Strom UND Wärmeerzeugung. Diese Wärme muss ihren Preis haben. Der andere Vorteil der Biogasanlagen ist ihre Flexibilität. Sie können ihre Brennstoffe (organische Abfälle, Mais) speichern und flexibel nach Strom- und Wärmebedarf einsetzen. Auch die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme kann gespeichert werden. Diese Flexibilitäten können und müssen das Geschäftsmodell der Zukunft werden. Die Förderung über die Strompreise (EEG-Umlage) muss auslaufen.

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