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Dunkelflaute: Das sind die Folgen für Industrie und Verbraucher

Strompreis-Rekord

Im Griff der Dunkelflaute: Das sind die Folgen für Industrie und Verbraucher

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    Windstille und Nebel im Tal: Für die erneuerbaren Energien ist die Dunkelflaute der schlimmste anzunehmende Fall.
    Windstille und Nebel im Tal: Für die erneuerbaren Energien ist die Dunkelflaute der schlimmste anzunehmende Fall. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Lange hat man die Sonne nicht mehr so stark herbeigesehnt. Das trübe und windstille Wetter der vergangenen Tage stellte das deutsche Energiesystem vor eine besondere Herausforderung. Immer mehr Strom wird im Laufe des Jahres zwar aus erneuerbaren Energien erzeugt. Wenn die Sonne aber kaum scheint und der Wind nicht weht, helfen alle Windräder und Photovoltaikanlagen kaum. In dieser Dunkelflaute schossen deshalb die Börsenstrompreise auf früher ungeahnte Höhen. Am Donnerstag mussten aufgrund akuter Produktionsprobleme an der Strombörse bis zu 936 Euro pro Megawattstunde gezahlt werden. Das ist rund das Dreifache des Preises, der für Haushalte anfällt. Und noch ein Vergleich: Am windreichen 6. Dezember lag der Börsenpreis nur bei 86 Euro pro Megawattstunde.

    Liefern die erneuerbaren Energien in Deutschland wenig Strom, kann häufig Elektrizität aus dem Ausland importiert werden. Die Dunkelflaute in Deutschland kann dann auch Auswirkungen auf das Preisgefüge in anderen Ländern haben. In Schweden war man deshalb zuletzt auf die deutsche Energiepolitik weniger gut zu sprechen: Schwedens Energieministerin Ebba Busch äußerte sich kritisch. Laut der Zeitung Aftonbladet ist sie „sauer auf die Deutschen“, weil diese das Land nicht in Strompreiszonen eingeteilt und die Atomkraft abgeschaltet haben. Auch in Schweden kam es am Donnerstag zu höheren Strompreisen.

    Dunkelflaute: Feralpi-Stahlwerk in Riesa machte zwei Tage Pause

    Die hohen Börsenstrompreise sind ein Problem für die deutsche Industrie. Dort wird Strom häufig kurzfristig einkauft. Sind die Strompreise zu hoch, ist die Produktion aber häufig nicht mehr rentabel. Das Stahlwerk des Feralpi-Konzerns im sächsischen Riesa hat in der Dunkelflaute in der vergangenen Woche die Produktion deshalb für zwei Tage gestoppt.

    Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, mahnt deshalb, das Energiesystem so auszubauen, dass starke Preisschwankungen vermieden werden: „Im Zuge der Energiewende nimmt der Anteil erneuerbarer Energie immer weiter zu. Das ist nicht nur erfreulich, sondern für unser aller Zukunft wichtig“, erklärt er. „Klar ist, dass dadurch unser Energiesystem stärkeren Schwankungen unterliegt“, sagt Brossardt unserer Redaktion. „Die Dunkelflauten-Problematik ist dabei ein nicht zu unterschätzendes Risiko der laufenden Energiewende und ein gefährlicher Kostentreiber für die Industrie“, kritisiert er.

    Kerstin Andreae, BDEW: Neue Regierung muss sich mit steuerbaren Kraftwerkskapazitäten beschäftigen

    Für Privatverbraucher in den Haushalten dürften die Preisspitzen an den Börsen dagegen keine direkt spürbaren Folgen haben. „Für die privaten Kundinnen und Kunden sind vor allem langfristige Durchschnittspreise wichtig“, sagt Kerstin Andreae, Chefin des Bundesverbandes der Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft. Das heißt, private Verbraucher spüren die hohen Preisausschläge nach oben nicht, profitieren aber auch nicht davon, wenn der Preis an der Strombörse ins Negative rutscht. Unter dem Strich „ergeben sich im Durchschnitt Preise auf dem gewohnten Niveau“, erklärt Andreae. „Sehr viele Versorger beschaffen den benötigten Strom für Stromverträge mit langer Preisbindung langfristig in Teilmengen und Schritt für Schritt zu verschiedenen Zeitpunkten. Mit dieser Strategie werden Preisausschläge nach oben und nach unten an den Strombörsen für die Endkundinnen und Endkunden geglättet und abgemildert.“ Anders sieht es nur aus, wenn man bewusst auf einen flexiblen Stromtarif setzt.

    Um gegen Zeiten einer Dunkelflaute gewappnet zu sein, fordern die Fachleute mehr flexible, schnell zuschaltbare Gaskraftwerke. Vor allem, weil nach den Atomkraftwerken auch die Kohlekraftwerke stückweise vom Netz gehen sollen: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat nach dem Platzen der Ampel-Koalition ein geplantes Kraftwerksgesetz nicht mehr auf den Weg bringen können. „Daher muss der Investitionsrahmen für den Zubau steuerbarer Kraftwerkskapazitäten auf die 100-Tage-Agenda einer neuen Regierung“, fordert Andreae.

    Bertram Brossardt, vbw: „Große Aufgaben vor uns“

    Ähnlich sieht es Brossardt: „Für eine gesicherte und bezahlbare Stromversorgung ist es daher notwendig, dass Erzeugung und Verbrauch zu jeder Zeit ausgeglichen sind“, mahnt er. Neben Gaskraftwerken müsse auch der Ausbau der Stromnetze deutlich schneller vorangetrieben werden. Nötig seien auch mehr Stromspeicher und Lösungen, die überschüssigen Wind- und Sonnenstrom zur Produktion von Gas oder Wasserstoff nutzen. „Einen Beitrag können schließlich auch Flexibilitätslösungen in der Industrie leisten“, sagt Brossardt. „Wenn wir all das entschlossen umsetzen, lässt sich das Risiko Dunkelflaute gut beherrschen“, zeigt er sich zuversichtlich. „Bis dahin liegen aber große Aufgaben vor uns.“

    Die Gefahr, dass der Strom ausbleibt, gab es Fachleuten zufolge in der vergangenen Woche übrigens nicht: „Die sichere Stromversorgung war zu keinem Zeitpunkt gefährdet“, erklärte die Bundesnetzagentur. Deutschland verfüge über ausreichend Erzeugungskapazitäten. (mit dpa)

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