Auch das gibt es noch: Die meisten Anlegerinnen und Anleger haben derzeit Grund zur Freude, wenn sie von der Bank ihre Depotauszüge abrufen. Der Deutsche Aktienindex aus den 40 größten Unternehmen hat eine Rekordjagd hinter sich. War er nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 und die Energiekrise fast bis auf 12.000 Punkte abgestürzt, ist der Index zuletzt Stück für Stück nach oben geklettert und hat 18.000 Punkte übersprungen. Die Dax-Konzerne schütten Rekord-Dividenden aus. Freuen können sich rund 12,3 Millionen Anteilseigner in Deutschland. Beide Entwicklungen – steigende Kurse und hohe Ausschüttungen – unterstreichen, dass Aktien und Fonds für eine breit aufgestellte Altersvorsorge eine wichtige Rolle spielen. Trotzdem darf nicht übersehen werden, dass in den Börsenkursen wie in einer beginnenden Liebesbeziehung Erwartungen und Hoffnungen stecken. Der Flirt findet gerade zwischen den Börsen und niemand Geringerem als den Chefs der großen Notenbanken statt, einmal Jerome Powell in den USA, andererseits Christine Lagarde in Europa. Und nichts kann sich in Form fallender Kurse mehr rächen als enttäuschte Hoffnung.
Denn die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist es nicht, welche die Dax-Kurse beflügelt. Die Bundesregierung mag ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 0,2 auf 0,3 Prozent nach oben korrigiert haben. Alles in allem bleibt es aber ein mickriger Wert. Die Energiekrise, Bürokratie und fehlende Fachkräfte lähmen die Wirtschaft. Deutschen Konzernen wie Adidas oder der Allianz hilft nur, dass sie ihre Hausaufgaben erledigt haben und einen großen Teil der Umsätze im Ausland erwirtschaften. Rund 80 Prozent sollen es dem Deutschen Aktieninstitut zufolge bereits sein.
Hartnäckige Inflation in den USA: Kommt die Zinssenkung später?
Der Höhenflug an den Börsen beruht stattdessen zu einem großen Teil auf der Erwartung, dass die Zinsen bald sinken. Sinkende Zinsen machen es attraktiver, Geld nicht mehr in Anleihen und Festgelder zu stecken, sondern nach Alternativen Ausschau zu halten, nach Aktien zum Beispiel. Fallen die Zinsen, wird die Anlage in Aktien attraktiver. Die Notenbanken weltweit hatten in den letzten Jahren in kurzer Zeit die Zinsen nach oben gesetzt, um die Inflation zu bekämpfen. Die Medizin verfehlte ihre Wirkung nicht, die Inflation ist in vielen Industrieländern gesunken.
Zahlreiche Fachleute haben deshalb erwartet, dass Zentralbankpräsident Jerome Powell dieses Jahr beginnen wird, den US-Leitzins zu senken. In Europa geht man davon aus, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Länderkollegen sogar schon im Juni mit der Zinssenkung beginnen. Doch inzwischen werden Zweifel wach. Denn in den USA hält sich die Inflation mit rund 3,5 Prozent Ende März hartnäckiger als gedacht. An diesem Mittwoch werden die neuen US-Inflationszahlen bekannt gegeben. Zeichnet sich keine Besserung ab, liegen Spekulationen nah, dass Powell die Zinssenkung länger aufschieben könnte. Dann könnte es an den Börsen turbulent werden. Enttäuschte Börsen-Hoffnungen könnten die Laune schneller abkühlen lassen als schlechtes Essen beim ersten Date.
Aktien zu unterschiedlichen Zeitpunkten kaufen
Anleger, die sich dieses Wechselbad der Gefühle am liebsten ersparen, ist nur eines zu raten: Aktien am besten langfristig kaufen, thematisch und zeitlich breit gestreut investieren, idealerweise Sparpläne nutzen. Dann lassen sich die Ausschläge nach oben und unten leichter verkraften.