9000 Euro hat die Friseurin Frieda Weber vom Staat bekommen, als dieser in der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 ihren Salon schloss. Soforthilfe für Unternehmer und Selbstständige, die ihrem Beruf nicht mehr nachgehen durften. Jetzt ist Zahltag – allerdings aus Sicht der Wirtschaft im verkehrten Sinne. Der Staat fordert die Soforthilfe von Firmen zurück, die auch ohne das Geld durch die ersten Corona-Monate gekommen wären.
Frieda Weber weiß nicht, ob sie die längst ausgegebenen 9000 Euro zurückzahlen muss. "Damit habe ich nicht gerechnet. Ich war mir keiner Schuld bewusst, wir haben das Geld gebraucht", sagt sie. Seit 1997 hat sie ihren Salon in Frasdorf. Das Örtchen liegt im Bilderbuch-Bayern mit Blick auf die Alpen und grünen Wiesen. Ihre Tochter Martina arbeitet mit und soll das Geschäft im Frühjahr übernehmen, dazu kommen eine weitere Friseurin und "zwei Aushilfen", wie Frieda Weber sagt.
Die Bedürftigkeitsprüfung im Nachhinein war das Kleingedruckte der Politikerworte
Dann zählt sie auf, was sie in den vergangenen Jahren an Umsatz verloren hat, weil große Feiern wie Hochzeiten, Taufen und die Kommunion ausfielen und auch die Festtage zu Weihnachten und Ostern beschaulich begangen werden mussten. Und nun ist wegen der Energiekrise der Strom doppelt so teuer wie bisher. "Söder und Aiwanger haben sich damals hingestellt und gesagt, wir lassen euch nicht im Stich, und jetzt das." Allerdings gehörte zum Kleingedruckten hinter den Politikerworten von Anfang an dazu, dass später geprüft wird, ob die Unternehmen wirklich bedürftig waren.
In ganz Deutschland müssen deshalb Selbstständige und Geschäftsführer nun prüfen, ob sie Corona-Soforthilfe zurückgeben müssen. Je nach Betriebsgröße geht es um Summen bis zu 15.000 Euro, die Kleinunternehmen für die Einschränkungen ihres Betriebs im Frühjahr 2020 bekommen haben. In Bayern sorgte ein Schreiben der Behörden von Ende November für Unmut. Darin werden die Unternehmen aufgefordert zu prüfen, ob sie erhaltene Unterstützung erstatten müssen.
Tun sollen sie das in einer Maske auf der Internetseite des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Von den vor über zweieinhalb Jahren angefallenen Einnahmen können dann damalige Kosten abgezogen werden. Kommt unter dem Strich heraus, dass der damalige Liquiditätsengpass nicht groß genug war, müssen die Zuschüsse komplett oder anteilig bis 30. Juni 2023 zurückgezahlt werden. "Bitte führen Sie die Berechnung unverzüglich durch und teilen Sie uns das Ergebnis über die dafür vorgesehene Online-Datenmaske mit", heißt es unmissverständlich in den amtlichen Briefen.
Obwohl es um Bundeshilfen geht, gelten in den Bundesländern unterschiedliche Regeln
"Für das Friseurhandwerk ist die Rückzahlung ein großes Problem", sagt die Chefin der bayerischen Friseurinnung, Doris Ortlieb. Sie stört nicht nur die Rückzahlung an sich, sondern dass die Unternehmen in Bayern auch einen Nachteil gegenüber Firmen in anderen Bundesländern haben. In Bayern können sie keine Personalkosten von der Einnahmenseite abziehen, was aber zum Beispiel in Bayern-Württemberg und Sachsen möglich ist, wenn kein Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen wurde. "Es kann doch nicht sein, dass die Länder bei einem Bundesprogramm unterschiedlich vorgehen." Ortlieb rät den Friseuren erst einmal zum Abwarten. "Wir sollten tief durchatmen und dann schauen wir im Januar und Februar noch einmal. Vielleicht entscheidet die Politik ja noch anders."
Nach Informationen unserer Redaktion kommt Bewegung in die Sache. Zwar heißt es bisher vom bayerischen Wirtschaftsministerium, dass Personalkosten nicht angesetzt werden können, aber Ministerpräsident Markus Söder (CSU) drängt Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) dazu, genau das zu tun. Ein Problem dabei ist, dass 30.000 Unternehmen bereits Geld auf der geltenden Grundlage (ohne Personalkosten) zurück an den Staat überwiesen haben und diese Fälle bei einer Änderung der Regeln wieder aufgemacht werden müssten. "Die Unternehmen sind jetzt in der nächsten Krise. Wir brauchen eine großzügige Lösung", verlangt der finanzpolitische Sprecher der CSU, Sebastian Brehm. Der Abgeordnete ist Steuerberater und kennt zig Fälle aus der Praxis. "Ich würde sagen, dass man den kleinen Firmen einfach das Geld lassen sollte", meint Brehm.
Ob sich Länder und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) darauf einlassen, ist aber fraglich. Baden-Württemberg fordert 600 Millionen Euro von den seinerzeit ausgeschütteten 2,1 Milliarden Euro zurück. "Sollte Unternehmen die Rückzahlung überfordern, gibt es großzügige Stundungs- und Ratenzahlungsmöglichkeiten", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Stuttgart. Im Südwesten hatten 245.000 Unternehmen einen Antrag auf Nothilfe gestellt, in Bayern waren es 260.000, die 2,2 Milliarden Euro erhielten. Ob der Freistaat für den Bund ähnlich viel Geld zurückholen will wie Baden-Württemberg, ist noch offen.