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COP 28: Vier Gründe, warum sich die Klimakonferenz so schwertut

COP 28

Vier Gründe, warum sich die Klimakonferenz so schwertut

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    Teilnehmer gehen über das Gelände auf dem UN-Klimagipfel COP28. Die Konferenz muss in die Verlängerung.
    Teilnehmer gehen über das Gelände auf dem UN-Klimagipfel COP28. Die Konferenz muss in die Verlängerung. Foto: Kamran Jebreili, dpa

    An flammenden Appellen zumindest mangelte es nicht in den vergangenen zwei Wochen. Von historischen Chancen war vielfach die Rede, von der Sicherheit aller Menschen. „Wir sind hier, um die Welt für die ganze Menschheit zu retten“, sagte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Doch die Rettung der Welt muss verschoben werden: Die Konferenz mit ihren 97.000 Teilnehmern sollte eigentlich am Dienstag enden. Weil sich die Einigung auf eine Abschlusserklärung verzögert, geht die Klimakonferenz (COP) in die Verlängerung. Was sind die Gründe dafür?

    1. Der Ausstieg aus fossiler Energie: Es ist die Gretchenfrage der diesjährigen Klimakonferenz: Wie hältst du es mit der fossilen Energie? Deutschland, die EU und viele weitere Staaten wollen im Abschlusstext ein konkretes Datum aufnehmen, wann die Welt aus der Energieerzeugung durch Kohle, Öl und Gas aussteigt. Rund 100 Länder sprechen sich für dieses ambitionierte Ziel aus – doch genauso viele sind dagegen und bremsen. Die Folge ist, dass im geplanten Schlussdokument zur Klimakonferenz nur vage Aussagen enthalten sind und viele Staaten ihre Zustimmung verweigern. Und das nach zwei Wochen des Verhandelns. Viviane Raddatz, Klima-Chefin des WWF Deutschland, sagte, der Textentwurf enttäusche sehr und lasse befürchten, dass diese COP zu einem gigantischen Misserfolg führen könnte. Der ehemalige US-Vizepräsident und Klima-Veteran Al Gore schrieb auf X: „Es ist noch schlimmer, als viele befürchtet hatten.“ Gegen einen Beschluss zum Ausstieg aus den fossilen Energien hatten zuletzt etliche Länder Bedenken geäußert, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak, Indien und Russland. Von Anfang an hatte es viel Kritik gegeben, dass Konferenzpräsident Sultan al-Dschaber gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist, und dass gut 1400 Lobbyisten für Kohle, Öl und Gas offiziell akkreditiert wurden.
    2. Das 1,5 Grad Ziel: Die Schneemassen der vergangenen Woche ändern nichts daran: Global gesehen war 2023 das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Laut dem EU-Klimawandeldienst Copernicus lagen die globalen Durchschnittstemperaturen 1,46 Grad über dem vorindustriellen Referenzzeitraum von 1850 bis 1900. Um die Erderhitzung wie 2015 bei der Klimakonferenz in Paris beschlossen auf Dauer unter 1,5 Grad zu halten, müsse der weltweite Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase schnell sinken - um 43 Prozent bis 2030. Experten halten das für völlig unrealistisch und gehen inzwischen davon aus, dass das 1,5 Grad-Ziel nicht mehr zu halten sein wird. Ihre Kritik: Das Ziel sei zwar definiert worden, der Weg dahin aber zu schwammig geblieben. Die Fakten deuten zumindest in diese Richtung: Erst in der vergangenen Woche hatte der Bericht zum globalen Kohlenstoffbudget („Global Carbon Budget“) gezeigt, dass die globalen CO2-Emissionen durch fossile Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas weiter ansteigen. Sie erreichen demnach 2023 mit voraussichtlich 36,8 Milliarden Tonnen im Jahr einen Höchstwert. Das seien 1,1 Prozent mehr als 2022 und 1,4 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Zugleich geht der Ausbau der Erneuerbaren schleppend voran. Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig sagte, in dem Textentwurf zur COP fänden sich sogar die geplante Verdreifachung der erneuerbaren Energien und die Verdoppelung der Energieeffizienz nicht als Ziel wieder, sondern nur als mögliche Maßnahme. 
    3. Fehlende Vorbilder: Es sind keineswegs nur Länder wie Saudi-Arabien oder Russland, die Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel ausbremsen. Zwar hat sich beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau eine Gruppe besonders ambitionierter Staaten zu einem „Klimaclub“ zusammengeschlossen. Doch was hat der Club wirklich vorzuweisen? Am Beispiel USA zeigt sich, dass großen Worten nicht immer große Taten folgen. Die Vereinigten Staaten stoßen nach China weltweit die meisten klimaschädlichen Treibhausgase aus, also vor allem CO2 und Methan. Und: Der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 ist mit gut 14 Tonnen fast doppelt so hoch wie in China. Im jährlichen Klimabericht der US-Regierung heißt es dazu, die Treibhausgasemissionen gingen zwar zurück, aber das reiche nicht, um die Klimaverpflichtungen und -ziele zu erfüllen. Die Latte hängt relativ hoch: Die USA wollen bis 2035 ihren Strom ohne CO2-Ausstoß erzeugen und spätestens 2050 ihre Emissionen auf netto Null drücken. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr laut Umweltbundesamt rund 746 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase freigesetzt - immerhin 40,4 Prozent weniger als 1990. Doch laut Klimaschutzgesetz müssen die Zahlen bis 2030 um satte 65 Prozent runter, und spätestens 2045 muss dann verbindlich Klimaneutralität erreicht werden. 
    4. Das Geld: Es war ein Signal, das mehr sagte als alle großen Reden. Ausgerechnet der deutsche Klimaminister Robert Habeck sagte seine Reise zur COP nach Dubai ab, weil zu Hause ein gewaltiges finanzielles Loch im Haushalt klafft. Mit Finanzminister Christian Lindner und Kanzler Olaf Scholz muss er nun möglichst schnell 17 Milliarden Euro zusammenkratzen, um das Loch zu stopfen. Mit dem Geld, das nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes fehlt, sollten vor allem Klimaschutz-Projekte finanziert werden. Doch es geht nicht nur darum, den eigenen Umbau hin zu mehr Klimaschutz zu bezahlen. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer können den ökologischen Kraftakt nicht aus eigener Kraft stemmen. Caroline Brouillette vom Climate Action Network Kanada betont, der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen könne nicht ohne eine deutliche Ausweitung der internationalen öffentlichen Unterstützung für eine schnelle und gerechte Energiewende geschafft werden, einschließlich einer Finanzierung zum Aufbau erneuerbarer Energien. „Für ärmere Länder, deren Volkswirtschaften stark von fossilen Brennstoffen abhängen, ist ein Ausstieg ohne diese Unterstützung undenkbar.“
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