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CCS: Ab mit dem CO₂ unter die Erde: Rettet eine neue Technik das Klima?

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Ab mit dem CO₂ unter die Erde: Rettet eine neue Technik das Klima?

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    In einer Pilotanlage in Ketzin bei Berlin ist in Deutschland bereits die unterirdische CO₂-Speicherung getestet worden.
    In einer Pilotanlage in Ketzin bei Berlin ist in Deutschland bereits die unterirdische CO₂-Speicherung getestet worden. Foto: Bernd Settnik, dpa

    Damit Politiker einen Ort wie ein Zementwerk besuchen, muss dort schon etwas Besonderes vor sich gehen, zumal bei dichtem Schneetreiben. Auf seiner Norwegen-Reise 2023 stand für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein Abstecher nach Brevik auf dem Programm, ein gutes Stück südlich von Oslo. In dem Zementwerk von Norcem, einem Tochterunternehmen des Dax-Konzerns Heidelberg Materials, entsteht die erste Anlage zur CO2-Abscheidung und -Speicherung im industriellen Maßstab. Jährlich sollen 400.000 Tonnen CO2 abgetrennt und unterirdisch gelagert werden. Eine beträchtliche Menge. Die Anlage soll dieses Jahr betriebsbereit sein. Bisher entweicht das Gas aus Zementwerken in die Atmosphäre und verstärkt den Treibhauseffekt. Die Zementindustrie gilt als eine der größten CO2-Quellen weltweit. Die Technik zur CO2-Abtrennung und -Speicherung war in Deutschland lange sehr umstritten. Jetzt aber zeigt sich selbst ein Teil der Umweltverbände offen für den Einsatz. Und die Bundesregierung könnte dafür bald die Weichen stellen. CDU/CSU fordern bereits mehr Tempo.

    Das Abtrennen und Speichern von CO2 ist unter dem Kürzel CCS bekannt, englisch für Carbon Capture and Storage. Dabei wird in einem chemischen Verfahren aus Industrie-Emissionen das Klimagas CO2 ausgewaschen (Carbon Capture). Das flüssige Gas kann dann transportiert und in unterirdische Hohlräume gepresst werden (Storage). Dort soll es dauerhaft im Gestein gespeichert bleiben. Eine Variante (CCU) sieht vor, das Gas in der Industrie als Rohstoff zu nutzen (Utilization). 

    WWF und Naturschutzbund sind offen für CCS

    Bei vielen Umweltverbänden stieß das Verfahren traditionell auf Kritik. Es sei zu riskant. „Die Endlager müssten für Jahrtausende dicht sein und das CO2 von der Atmosphäre isolieren“, warnt zum Beispiel der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Darüber hinaus sei die Technik sehr energieintensiv. „Mit der CCS-Technik wird 40 Prozent mehr Energie eingesetzt als ohne den Einsatz von CCS“, so der BUND. Das Umweltbundesamt teilt mit, dass im Normalbetrieb keine negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu erwarten sind. Das Gas könnte allerdings im Untergrund Schadstoffe freisetzen oder salziges Grundwasser nach oben drücken. 

    Ein Teil der deutschen Umweltverbände zeigt sich jetzt allerdings offen für den Einsatz. Der WWF Deutschland und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) haben zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem Deutschen Gewerkschaftsbund ein Thesenpapier herausgebracht, das die Technik in bestimmten Bereichen für sinnvoll hält. 

    WWF-Expertin: „CCS ist für Bereiche, in denen sich Emissionen nicht vermeiden lassen“

    Was bewegt Umweltverbände, sich für CCS einzusetzen? „Die Vermeidung von CO2-Emissionen in der Industrie steht für uns natürlich weiter an erster Stelle“, betont Lisa-Maria Okken, Klima-Expertin des WWF Deutschland. „Es gibt aber bestimmte Branchen, in denen Emissionen zum aktuellen technischen Stand bisher nicht zu vermeiden sind und auf andere Lösungen ausgewichen werden muss“, sagt sie. Beispiele sind die Zementindustrie, die Kalkindustrie und die Müllverbrennung. „Wir müssen auch in diesen Branchen mittelfristig die Kreislaufwirtschaft ausbauen, bis dahin allerdings kann es sinnvoll sein, CO2 abzuscheiden und zu verhindern, dass es in die Atmosphäre gelangt.“

    Norwegen plant, in nächster Zeit CO2 in porösen Gesteinsschichten unter dem Meer zu speichern. Damit wäre dort eine Infrastruktur vorhanden, um zum Beispiel auch CO2 aus Deutschland zu verpressen. „Da es sich bei dem Meer um ein besonders sensibles Ökosystem handelt, muss man darauf achten, dass die Mengen gering sind“, schränkt Okken ein. 

    Im Jahr 2023 besuchte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Zementwerk in Brevik. Dort soll das Klimagas CO2 abgeschieden und unterirdisch gelagert werden.
    Im Jahr 2023 besuchte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das Zementwerk in Brevik. Dort soll das Klimagas CO2 abgeschieden und unterirdisch gelagert werden. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Deutschland: CCS-Pilotprojekt in Ketzin

    In Deutschland gibt es Erfahrungen aus einem Pilotprojekt im brandenburgischen Ketzin, wo von 2008 bis 2013 rund 67.000 Tonnen CO2 verpresst wurden. „Eine Speicherung in Deutschland hätte den Vorteil, dass Deutschland damit die Verantwortung für Emissionen übernimmt, die hier entstehen“, sagt Okken. „Rund um das Vorhaben der CO2-Speicherung an Land gab es allerdings eine starke politische Debatte und Bürgerproteste.“ Umso wichtiger sei heute eine politische Diskussion über die Technologie, vor allem, da diese auch künftige Generationen betrifft. Schließlich muss der Speicherort lange überwacht werden, ob das Klimagas auch in der Tiefe bleibt und keine Leckagen auftreten. Da es sich um eine Technologie in Erprobung handelt, sei aus Sicht des WWF umso wichtiger, dass der Einsatz in einem klar regulierten Rahmen stattfindet. 

    Tatsächlich arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium derzeit an einer Carbon-Management-Strategie zum Umgang mit nicht vermeidbaren CO2-Emissionen. Letztes Jahr teilte das Ministerium mit, dass es eine Zusammenarbeit mit Norwegen bei der Speicherung von CO2 geben soll. Theoretisch ist es auch möglich, CO2 in Deutschland zu verpressen. 

    Andreas Jung, CDU: „Klimaneutral werden, aber Industrieland bleiben“

    In der Union hält man es für entscheidend, dass sich Deutschland mit der Technologie auseinandersetzt: „Wir sind als CDU und CSU klar für CCS und CCU“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Andreas Jung unserer Redaktion. „Die Abscheidung und Nutzung oder Speicherung von CO2 muss einen wichtigen Beitrag leisten: Wir müssen klimaneutral werden, dabei aber Industrieland bleiben.“ In der Industrie gebe es Restemissionen, die durch andere Technologien nicht eingespart werden können. „Es geht uns nicht um eine Verlängerung fossiler Energie, sondern um Restemissionen“, betont Jung. „Die Bundesregierung darf die Carbon-Management-Strategie nicht länger verschleppen. Wir müssen jetzt beherzt vorangehen und die Potenziale nutzen“, fordert er. 

    Für die Technologie müssten nach Ansicht der Union internationale Partnerschaften mit Ländern ermöglicht werden, die schon heute CO2 speichern. „Schließlich sollten wir auch unterirdische Speicherung in Deutschland nicht ausschließen, sondern ergebnisoffen prüfen“, erklärt Jung. „Es muss dabei aber gelernt werden aus Fehlern der Vergangenheit. So etwas geht nicht von oben herab, sondern nur mit breiter Akzeptanz.“ 

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