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Cannabis-Legalisierung: Synbiotic-Gründer Müller: "Wir werden eigene Cannabis-Läden eröffnen"

Cannabis-Legalisierung

Synbiotic-Gründer Müller: "Wir werden eigene Cannabis-Läden eröffnen"

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    Lars Müller, Gründer der bayerischen Cannabis-Firmengruppe Synbiotic.
    Lars Müller, Gründer der bayerischen Cannabis-Firmengruppe Synbiotic. Foto: SynBiotic SE

    Herr Müller, Sie betreiben nach eigenen Angaben eine der größten Cannabis-Firmengruppen in Europa. Dazu sind Sie gekommen, weil Sie Cannabis als Lösung für eigene gesundheitliche Probleme fanden. Was genau hatte es damit auf sich?

    Lars Müller: Ich bin durch mein allergisches Asthma auf das Thema gekommen. Seit der Kindheit bin ich auf Gläser, Pollern, Tierhaare allergisch. Während des Studiums habe ich den ein oder anderen Joint probiert. Heute kann man ganz offen darüber sprechen, denke ich. Wer hat das nicht getan? Dabei ist mir aufgefallen, dass meine verengten Bronchien aufgegangen sind. Als 2017 Cannabis als Arzneimittel legal wurde, habe ich mich bei einem Arzt beraten lassen, wie kleine Mengen THC mein Leiden lindern können. Das bis dahin benötigte Cortison-Spray ist überflüssig geworden. Ich muss kein

    Das war der Auslöser, um ein Unternehmen zu gründen?

    Müller: Ja, ich war schnell sicher, dass ich etwas mit dem Segment Cannabinoide machen will, zu denen auch das nicht-berauschende CBD-Öl gehört, das heute bereits beliebt ist. Cannabis ist eine wunderbare Pflanze, die schnell wächst, gute Wirkstoffe produziert und kaum gedüngt werden muss. Da wusste ich, dass ich schnell in diesen Markt einsteigen will

    In welchen Marktfeldern sind Sie heute aktiv?

    Müller:Synbiotic ist in drei Bereichen aktiv. Zum einen im Wellness-Bereich, also allem, was mit dem Nahrungsergänzungsbereich und Kosmetik zu tun hat. Hier arbeiten wir viel mit frei verkäuflichen CBD-Ölen, die zur Beruhigung und gegen Stress beliebt sind. Dann sind wir zum zweiten im Markt für medizinisches Cannabis aktiv, das an Apotheke und Ärzte vertrieben wird. Der dritte Markt soll der Freizeit-Bereich werden, also der Cannabis-Konsum zum Genuss. Hier gehen wir mit einem Joint Venture mit der Restaurant-Gruppe Enchilada einen ersten Schritt, um uns zu positionieren. Damit sind wir auf der gesamten Wertschöpfungskette aktiv, von der Entwicklung über den Anbau bis hin zum Vertrieb. Wir haben 15 Unternehmen in unserer Gruppe mit rund 125 Mitarbeitenden.

    Was genau planen Sie mit Enchilada?

    Müller:Die Enchilada-Gruppe ist einer der größten deutschen Systemgastronomiebetriebe und hat Erfahrung mit Franchise-Konzepten. Darauf greifen wir für den Cannabis-Vertrieb zurück und entwickeln eine eigene Marke und ein eigenes Laden-Design.

    Kann man also bald Haschisch zum mexikanischen Essen kaufen?

    Müller:Nein, das nicht. Wir nutzen lediglich die unternehmerische Erfahrung der Gründer, wie man eine bundesweit Struktur aufbaut, Hygienekonzepte umsetzt oder den Jugendschutz sicherstellt, der ja in das Gastronomie eine große Rolle spielt. Man bekommt aber nicht bei Enchilada sein Päckchen Gras zum Essen.

    Planen Sie also eigene Läden?

    Müller:Ja, wir werden mit die ersten sein, die in Deutschland eigene Stores eröffnen werden.

    Wann rechnen Sie mit ersten Läden?

    Müller: Wir hoffen, dass wir 2024 die ersten Läden eröffnen dürfen.

    Welche Pläne haben Sie noch?

    Müller:Wir bringen im Juli unsere Marke für medizinisches Cannabis Hempamed Rx heraus mit Dronabinol, Blüten und Extrakten.

    Wer kauft Ihre Produkte?

    Müller:Eine Zielgruppe ist zum Beispiel Renate, 52, die unsere CBD-Marke Hempamed kauft, weil der Schlaf nicht richtig funktioniert oder sie sich gestresst fühlt. Ein andere Zielgruppe sind Young Professionals zwischen 25 und 35, die CBD für den Lifestyle einsetzen, zum Beispiel eine Creme, wenn man sich beim Sport gezerrt hat.

    Auf dem Cannabis-Markt wimmelt es von Start-Ups. Was macht Sie zuversichtlich, dass Sie überleben?

    Müller: Ich bin seit 2018 in dem Markt aktiv und habe schon viel Unternehmen kommen und gehen sind. Mit Synbiotic sind wir neben zwei, drei anderen aber inzwischen die führenden Player in Deutschland und die größte Unternehmensgruppe in diesem Segment in Europa. Sich frühzeitig aufgestellt zu haben, ist sehr, sehr wichtig. Mit Christian Angermayer als Ankerinvestor sind wir zudem gut finanziert. Da wir an der Börse gelistet sind, hätten wir auf die Möglichkeit, neues Kapital aufzunehmen, das bringt uns in eine charmante Position.

    Noch schreiben Sie aber Verluste...

    Müller: Letztes Jahr hatten wir 15 Millionen Umsatz zusammengebracht und einen Verlust von einigen Millionen Euro. Grund ist der Kauf von Unternehmen, dies kostet sehr viel Geld, auch für Anwälte. Mein Plan ist es, dass die Synbiotic zeitnah profitabel arbeitet. Viele Unternehmen in unserer Gruppe sind bereits profitabel. Ich bin ein schwäbischer Unternehmer, der alles selbst aufbauen musste und weiß, was es bedeutet, wenn Geld jetzt auch durch steigende Zinsen teuer wird.

    Der Gesetzgeber will den Cannabis-Konsum legalisieren, Gesundheitsminister Karl Lauterbach noch im Herbst einen Entwurf vorlegen. Was raten Sie ihm?

    Müller: Gut wäre es wenn, wenn sich der Gesetzgeber vor der Regelsetzung mit der Industrie zusammensetzt. Wir importieren ja bereits Cannabis und geben es an Apotheken ab. Wir wissen alles über Qualität, Lagerung, Vertrieb.

    Wie stellen Sie sich die Cannabis-Abgabe in der Praxis vor?

    Müller: Wichtig ist, dass der Kunde eine sehr, sehr gute Beratung durch geschultes Personal bekommt. Der Jugendschutz muss eingehalten werden, also sichergestellt sein, dass die Käufer das Mindestalter von 18 oder 21 Jahren haben. Bei den Produkten muss man wissen, was drin ist. Auf der Straße kauft man heute, was der Dealer einem gibt und muss hoffen, dass kein Glasspray darauf ist, um das Produkt schwerer zu machen. Für Cannabis in zertifizierter Qualität aus dem Fachgeschäft zahlen Kunden sicher ein paar Euro mehr.

    Man bräuchte also spezialisierte Cannabis-Läden...

    Müller:Der Koalitionsvertrag sieht lizensierte Cannabis-Abgabestellen vor. Das bedeutet, dass es für uns Unternehmer klare und sehr strenge Regeln geben wird, wer solche Läden aufmachen kann, wie viele pro Stadt, wie groß die Abstände zu Schulen sein müssen und anderes mehr. Produkte werden zertifiziert sein müssen und die Beschäftigten geschult.

    Cannabis kann auch Nebenwirkungen haben, psychotische Störungen, Panikattacken, warnen Ärzte. Wie gehen Sie mit den Risiken des Konsums um?

    Müller: Diese Risiken bestehen heute schon. Wer Cannabis konsumieren will, kann es schon tun. Der Schwarzmarkt ist da. Heute geht Jens, 19, in Berlin zu seinem Dealer und bekommt irgendwas. Wir manchen den Cannabis-Konsum sicherer, indem wir kontrollierte Abgabestellen etablieren mit kompetenter Beratung und hoher Qualität. Die Legalisierung in Deutschland bietet die Chance, den Schwarzmarkt kleiner zu machen.

    Cannabis als Heilpflanze

    Erhält ein Patient medizinisches Cannabis, muss der Arzt abwägen, welche Art Hanfpflanze er braucht. Unterschieden wird hinsichtlich der Wirkung: belebend oder beruhigend.

    Hanfpflanzen mit einem hohen THC-Anteil (Tetrahydrocannabinol) beeinflussen die Psyche und verursachen den Rauschzustand, den sich viele von der illegalen Droge erhoffen.

    In der Schmerztherapie hat das THC aber einen viel wichtigeren Effekt: Es soll schmerzlindernd und krampflösend wirken und wird insbesondere in der Krebstherapie und bei Multipler Sklerose (MS) sowie gegen Grünen Star genutzt. Bei CBD-haltigem Hanf (Cannabidiol) wird vielmehr der beruhigende und entzündungshemmende Effekt gewünscht.

    Am häufigsten wird diese Sorte gegen Epilepsie, Depressionen oder Psychosen genutzt. Liegt der THC-Gehalt unter der gesetzlichen Grenze von 0,2 Prozent, ist Hanf sogar in Bioläden ohne Rezept erhältlich. (mells)

    Dealer werden nicht von heute auf morgen die Arbeit einstellen. Ist es aber nicht illusorisch anzunehmen, der Schwarzmarkt würde verschwinden?

    Müller:Der Schwarzmarkt wird weiter bestehen bleiben, so ehrlich muss man sein. Es wird auch nicht jeder in eine offizielle Cannabis-Abgabestellen gehen. Wir werden Steuern bezahlen und damit nicht die Preise anbieten können wie ein Dealer.

    Ab wann würden Sie den Verkauf freigeben?

    Müller:Wir plädieren für einen Verkauf ab 18 Jahren. Dies ist ein Alter, in dem man mit Beratung und Aufklärung viel erreichen kann.

    Kritiker könnten einwenden, dass das Gehirn Jugendlicher noch nicht so weit entwickelt ist und leichter Schaden nimmt.

    Müller: Das Problem ist sicher größer, wenn man mit 13 schon Joints raucht. Mit 18 ist das Gehirn des Menschen schon sehr weit entwickelt. Nicht übersehen darf man, dass Alkohol bereits ab 16 gekauft werden kann, eine der schlimmsten Drogen überhaupt. Dagegen haben Cannabinoide segensreiche Wirkungen, vom Einsatz von THC in der Schmerztherapie angefangen bis zu Cannabis-Öl gegen Stress und für guten Schlaf.

    Zur Person: Lars Müller, 32, geboren in Wangen im Allgäu, ist Chef der Cannabis-Gruppe Synbiotic mit Sitz in München. Studiert hat er Informatik an der Hochschule Ravensburg-Weingarten.

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