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Bürokratieentlasungsgesetz: Verbänden reichen Pläne der Regierung nicht - DIHK und Dehoga üben Kritik

Bürokratie

Weniger Bürokratie? Gesetzesentwurf muss "unbedingt verbessert werden"

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    Für inländische Gäste sollen in den Hotels künftig die Meldepflichten entfallen.
    Für inländische Gäste sollen in den Hotels künftig die Meldepflichten entfallen. Foto: Stephanie Pilick, dpa

    Die Kritik an der zunehmenden Bürokratie ist in den vergangenen Jahren noch lauter geworden. Inzwischen gelten die bürokratischen Hemmnisse und Auflagen als ein Hauptgrund, weshalb das Wachstum in Deutschland kaum in Fahrt kommt. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat nun ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die bürokratische Belastung in Deutschland senken soll. Die Bundesregierung erhofft sich eine Entlastung von 944,2 Millionen Euro pro Jahr. Das geht aus dem neuesten Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Der Entwurf wird am Mittwoch im Kabinett diskutiert. Verbände begrüßen die Maßnahmen, sind zugleich aber sehr skeptisch, dass sie ausreichen. 

    Unter anderem soll für deutsche Staatsangehörige die Meldepflicht in den Hotels entfallen. „Das führt zu einer erheblichen Entlastung der Beherbergungswirtschaft und der betroffenen Übernachtungsgäste“, heißt es in dem Entwurf. Zudem sollen die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht von zehn auf acht Jahre gesenkt werden. Das Zivilrecht soll so angepasst werden, dass digitale Technologien stärker genutzt werden können. Dazu zählt unter anderem die Digitalisierung von Betriebskostenabrechnungen. Es soll auch möglich werden, bei der Flugabfertigung Reisepässe digital auszulesen. Das „Vierte Bürokratieentlastungsgesetz“ ist Teil eines Pakets, das die Bundesregierung auf ihrer Kabinettsklausur in Meseberg beschlossen hatte. Insgesamt sind Entlastungen in Höhe von drei Milliarden Euro für die Wirtschaft geplant. „Wir entlasten unsere Unternehmen spürbar von Bürokratie“, teilte Bundesjustizminister Buschmann mit.

    Markus Luthe, Hotelverband Deutschland: „Dabei darf es nicht bleiben“

    Mehrere Verbände zeigen sich froh über die Erleichterungen, haben aber Zweifel, dass sie ausreichen: „Die geplanten Änderungen zur Modernisierung des Bundesmeldegesetzes begrüßen wir“, sagt Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland, unserer Redaktion. Einer praxistauglichen Digitalisierung des Hotel-Check-ins für inländische Gäste dürfte damit nichts mehr entgegenstehen, erklärt er. „Dabei darf es aber nicht bleiben“, sagt Luthe: „Mit einiger Sorge betrachten wir die Beibehaltung der besonderen Meldepflicht für ausländische Gäste.“ Der Hotelverband befürchtet zudem, dass in Heilbädern und Kurorten nun die Kommunen eine Meldepflicht einführen könnten. „Dann wäre der Entlastungseffekt zu einem wesentlichen Teil konterkariert. Hier muss dringend nachjustiert werden.“

    Für „eine spürbare und nachhaltige Entlastung unserer Betriebe reichen die Pläne nicht aus“, betonte Luthe. „So haben die bürokratischen Pflichten, die in unserer Branche für Unmut sorgen, in den letzten Jahren weiter deutlich zugenommen“, sagt er. Zwar habe die Bundesregierung im September 2022 mit ihrem „Doppel-Wumms“ ein „Belastungsmoratorium“ für den Mittelstand, Handwerk und die Industrie verkündet. Doch trotz dieses Versprechens seien seitdem unter anderem die EU-Whistleblower-Richtlinie, das Lieferkettengesetz, die Pflicht zu Mehrwegbehältern und anderes mehr eingeführt worden. „Bürokratie treibt die Kosten und hält immer mehr Unternehmer von der Verfolgung der eigentlichen Unternehmensziele ab“, sagt Luthe. „Wir fordern deshalb, den gesamten Erfüllungsaufwand der Unternehmen substanziell zu reduzieren“, erklärt er. Erste Maßnahmen wären ein Praxis- und Digital-Check bei neuen Gesetzen und mehr Flexibilität durch die Einführung einer Wochenarbeitszeit statt der täglichen Höchstarbeitszeit. Kommt eine neue Belastung, sollten zuerst zwei bestehende Belastungen abgebaut werden. 

    Familienunternehmer fordern stärkeren Bürokratieabbau

    Vom Bürokratieentlastungsgesetz sei „leider wenig Großes zu erwarten“, kritisiert auch Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbandes Die Familienunternehmer. „Eine Vermutung ist, dass sich nicht alle Bundesministerien konsequent am Bürokratieabbau beteiligen“, sagte sie. Von 85 Vorschlägen zum Bürokratieabbau im Bereich Arbeit und Soziales seien nur vier vollständig umgesetzt worden, erklärte sie mit Blick auf eine Anfrage der Unionsfraktion an die Bundesregierung. „Vier von 85 Vorschlägen – was ist das denn für eine Reform? Bei dieser Verweigerungshaltung ist es nicht verwunderlich, dass wir beim Bürokratieabbau nicht wirklich vorankommen“, kritisierte Ostermann. 

    Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in der Bürokratie ein großes Problem für den Standort: „Neben den großen Herausforderungen durch hohe Energiekosten, geopolitisch bedingte Hemmnisse im internationalen Handel und dem Fachkräftemangel ist die zu große Bürokratie der zentrale Hemmschuh für unsere Unternehmen", sagte

    DIHK-Präsident Peter Adrian: Korrekturen sind noch nötig

    Im jetzt vorgelegten Regierungsentwurf des Gesetzes stünden nach Ansicht des DIHK viele richtige Maßnahmen, zumal der ursprüngliche Entwurf noch einmal verbessert wurde. "Immerhin werden die Unternehmen durch das Gesetz von einer Bürokratielast in der Größenordnung von fast einer Milliarde Euro entlastet", sagt Adrian. "Angesichts der hohen Belastung mit unnötiger Bürokratie und der noch immer in Deutschland schwerfälligen Verwaltung ist das allerdings nur ein weiterer wichtiger Schritt", betont auch er. "Ein Befreiungsschlag für die Unternehmen kann daraus nur werden, wenn auch der von Bund und Ländern vereinbarte Beschleunigungspakt zeitnah umgesetzt und der auf EU-Ebene angekündigte Abbau von 25 Prozent der Berichtspflichten Realität wird." Der aktuelle Gesetzentwurf sollte im anstehenden parlamentarischen Verfahren nach Ansicht des DIHK "unbedingt verbessert werden", sagt Adrian. Der DIHK schlägt eine deutliche Kürzung des Formulars der Einnahmen-Überschussrechnung in der Einkommensteuer oder die Anhebung der Grenze bei der Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern vor. "Hier könnte man wesentlich mutiger sein", sagt Adrian: "Vor allem aber dürften nicht parallel zu den Bemühungen, Bürokratie abzubauen, viele neue Vorschriften auf die Betriebe zukommen. Das gilt vor allem für die viel diskutierte europäische Lieferkettenrichtlinie, die jetzt nicht verabschiedet und stattdessen grundlegend überarbeitet und vereinfacht werden sollte." 

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