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Video: Bewegender Abschied: Wolfgang Grupp sagt Adé zu seinen Mitarbeitern

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Bewegender Abschied: Wolfgang Grupp sagt Adé zu seinen Mitarbeitern

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    In einer Ansprache verabschiedete sich der scheidende Trigema-Chef Wolfgang Grupp von seinen Mitarbeitern. Links im Bild Bonita, Elisabeth und Wolfgang Grupp jr.
    In einer Ansprache verabschiedete sich der scheidende Trigema-Chef Wolfgang Grupp von seinen Mitarbeitern. Links im Bild Bonita, Elisabeth und Wolfgang Grupp jr. Foto: Youtube/trigema; Screenshot: Augsburger Allgemeine

    Wolfgang Grupp galt immer als Freund klarer Worte. Zuletzt zum Beispiel, als er deutlich machte, dass er wenig vom Homeoffice hält. Wenn einer zu Hause arbeiten kann, ist er unwichtig, sagte er. Zugleich hatte sich der Unternehmer aber stets großen Respekt verschafft, weil es ihm gelungen ist, mit Trigema einen der letzten deutschen Textilhersteller im Land zu halten. Im Herbst hatte Wolfgang Grupp, 81, angekündigt, dass er sein Unternehmen ab dem 1. Januar an die nächste Generation übergibt, an seine Frau und seine Kinder. Nun hat er sich mit einer Weihnachts- und Jahresansprache von seinen Mitarbeitern verabschiedet und war sichtlich bewegt. Das zeigt das Video, das das Unternehmen ins Netz gestellt hat. 

    Keinen anderen Ort als die Werkshalle hat Grupp für seine Abschiedsansprache gewählt. Vorne ist ein Pult aufgebaut, die Mitarbeiter stehen halbkreisförmig um dieses herum, im Hintergrund sind auf den Werkbänken Stapel an neuen Kleidungsstücken zu sehen. Hin und wieder läuft ein Beschäftigter durch das Bild. Der Firmenpatriarch ist korrekt gekleidet, wie immer mit Anzug, Krawatte, Einstecktuch, und wendet sich mit fester Stimme an seine "lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter". Es sei ihm ein Bedürfnis, ein paar Worte des Dankes an sie zu richten, sagt er. Nach 54 Jahren übergebe er, wie viele sicher schon gelesen hätten, sein Unternehmen an seine Frau Elisabeth und seine Kinder Bonita und Wolfgang jr. "Ich bin mir sicher, dass meine Frau, meine Tochter und mein Sohn die Geschäftsführung in dem Bewusstsein, dass sie auch Verantwortung für unsere Mitarbeiter haben, gerne übernehmen." 

    Grupp: Sicherung der Arbeitsplätze soll weiterhin garantiert sein

    Grupp war immer stolz darauf, dass er die Textilproduktion in Deutschland halten und die rund 1200 Arbeitsplätze sichern konnte. Diesen Auftrag will er auch seinen Nachfolgern mit auf den Weg geben. Er sei außerdem sicher, dass seine Frau, seine Tochter und sein Sohn, das, "was ich ihnen vorgelebt habe, nämlich die Sicherung der Arbeitsplätze, auch weiterhin garantieren", verspricht Grupp. Er bitte deshalb die Belegschaft, seiner Frau, seiner Tochter und seinem Sohn Vertrauen zu schenken. 

    Das alles ist verantwortungsvoll, staatstragend. Plötzlich aber wird Grupp persönlicher, emotionaler. "Ich habe mich gefreut, dass ich 54 Jahre mit Ihnen so angenehm zusammenarbeiten durfte", wendet er sich an die Belegschaft. "In guten wie in schwierigen Zeiten." Seine Stimme stockt, die Augen werden feucht. Grupp nimmt seine Brille ab und blickt in die Runde. "Dafür ganz besonderen Dank. Ich werde all diese Jahre und Jahrzehnte nicht vergessen." 

    In Bayerisch-Schwaben steht die Übergabe tausender Unternehmen an

    Die Übergabe von Unternehmen ist tatsächlich ein drängendes Problem in der Wirtschaft. In unserer Region ist zum Beispiel 25 Prozent der Unternehmerschaft älter als 60 Jahre, das berichtete heuer die Industrie- und Handelskammer. Fast 20.000 Unternehmerinnen und Unternehmer in Bayerisch-Schwaben hätten bereits ein Alter von 65 Jahren oder mehr erreicht. "Die Unternehmensnachfolge wird damit zum drängenden Problem quer durch alle Branchen", sagte Heide Becker, Leiterin des Beratungszentrums Recht und Betriebswirtschaft an der IHK. Gut also, wenn man einen Nachfolger findet. 

    Eine spitze Bemerkung ließ sich Wolfgang Grupp trotzdem nicht nehmen, als er das Mikrofon seinem Sohn überließ. Es sei üblich bei Unternehmensübergaben, dass sich die neue Generation kurz vorstellt und skizziert, was sie vorhabe "in den nächsten 50 Jahren", sagt Grupp. Sein Sohn Wolfgang junior bleibt gelassen und macht deutlich, dass dies jetzt nicht die richtige Gelegenheit ist, einen Plan für 50 Jahre vorzulegen, bedankt sich dann aber rasch, dass der Vater das Vertrauen hat, sein Lebenswerk in die Hände der Kinder zu legen. "Wir treten diese Aufgabe mit Respekt und Freude an", sagt Wolfgang Grupp jr. Im Hintergrund muss der Vater zum Taschentuch greifen. 

    Wolfgang Grupp: "Werde auch weiterhin im Unternehmen sein"

    Die Übergabe eines Unternehmens ist eine Aufgabe, die gut vorbereitet sein muss, das betonen Fachleute für das Thema Unternehmensnachfolge immer wieder. Unternehmerinnen und Unternehmen sollten sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen, idealerweise schon fünf bis sieben Jahre vor der Übergabe. Je nach Unternehmen werden üblicherweise Experten hinzugezogen, darunter Steuerberater, Wirtschaftsprüferinnen und Anwälte. Es muss erkennbar, sein, dass die folgende Generation auch den Willen und die Fähigkeit hat, den Betrieb zu übernehmen. Gleichzeitig aber müsse auch die ältere Generation bereit sein, das Ruder loszulassen und sich zurückzuziehen. 

    Auch bei Trigema muss sich zeigen, ob dies gelingt. "Ich werde auch weiterhin im Unternehmen sein", deutet Wolfgang Grupp in seiner Ansprache an. "Aber die Entscheidungen und die Verantwortung haben nun meine Frau und meine Kinder." 

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