Schon der Namen des Hamburger Hafenterminals, auf das China sein Auge geworfen hat, scheint eine Anziehungskraft auszustrahlen: „Tollerort“ heißt Deutschlands derzeit meistumstrittenes Containerterminal. Allerdings hat dies weniger mit Großartigkeit zu tun, als mit dem nordischen Wort Toll für Zoll. Seit Tagen wurde erbittert darüber gestritten, ob Deutschland dem chinesischen Staatskonzern Cosco erlauben darf, eine Minderheitsbeteiligung an dem wichtigen Warenumschlagplatz zu genehmigen.
Am Mittwoch wurde der umstrittene Deal im Bundeskabinett zusammengestutzt und durchgewunken – allerdings unter reichlich ungewöhnlich heftigen Protest gleich mehrerer Ministerien. Bundeskanzler Olaf Scholz, der sieben Jahre als Erster Bürgermeister in Hamburg regierte, galt als entscheidender Befürworter des Geschäfts, ausgerechnet das nach immer mehr Weltmacht strebende China an einem strategisch wichtigen Wirtschaftsknotenpunkt zu beteiligen. Zur Freude vor allem der maritimen Logistikbranche der Hansestadt, die den Einstieg der wichtigsten Seefrachtmacht der Welt als Vorteil sieht. Doch politisch warnen fast alle zuständigen Stellen mit Ausnahme des Bundeskanzleramts vor gefährlichen Nachteilen.
Chinesische Beteiligung am Hamburger Hafen: Mehrere Ministerien gehen auf Abstand
Cosco darf laut dem Kabinettsbeschluss nun nur 24,9 Prozent der Terminalanteile übernehmen. Der ist ein Promille unter der wichtigen Schwelle von 25 Prozent, bei der weitgehende Veto- und Mitspracherechte üblich sind. Doch auch dies ist sowohl der Außenministerin Annalena Baerbock als auch Finanzminister Christian Lindner noch viel zu viel. Sowohl das Ministerium der Grünen-Politikerin als auch das des FDP-Chefs distanzierten sich in Protokollnotizen davon, dass die Regierung den -Einstieg nicht komplett verhindert habe. Baerbocks Europa-Staatsminister Anna Lührmann warnte vor erheblichen Risiken des chinesischen Einflusses auf wichtige deutsche Infrastruktur und verwies darauf, dass Peking dies im eigenen Lande nie zulassen würde.
Der umstrittene Deal wird zudem ein parlamentarisches Nachspiel haben. „Wir werden diese fatale Fehlentscheidung der Ampelregierung in der nächsten Sitzung des Deutschen Bundestags zur Debatte bringen“, kündigt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an. „Kritische Infrastruktur muss in nationaler und europäischer Hand bleiben, das haben die Erfahrungen mit Gasspeichern und Russland schmerzhaft gezeigt“, betont der stellvertretende Unionsfraktionschef. „Die Entscheidung der Bundesregierung ist ein schwerer Fehler, der sich möglicherweise bitter rächen wird“, warnt Dobrindt. „Mit der Erlaubnis für den Zugriff der Chinesen auf das Hamburger Containerterminal setzt sich die Ampel über alle Warnungen der Fachleute hinweg und schafft sehenden Auges neue Abhängigkeiten, die Erpressbarkeiten nach sich ziehen können“, kritisiert der CSU-Politiker.
Auch in Brüssel ist man über den erneuten deutschen Alleingang verärgert. Die EU- Kommission hatte in einer eigenen Stellungnahme umfassend die Risiken für die EU und auf eine unverhältnismäßige große Abhängigkeit von China hingewiesen.