Ihre Milch ist schlecht bezahlt, doch als Vertragspartner sind die Bergbauern im Oberallgäu begehrt wie noch nie. Eine der Molkereien, die "konkretes Interesse" an der bisher zu den Allgäuland-Käsereien im württembergischen Wangen gehörenden Genossenschaft Sonthofen-Schönau bekundet, ist Zott in Mertingen (Landkreis Donau-Ries).
Es sah nach einer "Übernahmeschlacht" aus, als diese Anfang März in Fischen eine Informationsreihe startete. Eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Kempten setzte dem ein Ende: Wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht durfte Zott zu keinen weiteren Versammlungen einladen. Seitdem herrscht Unruhe bei den Bauern.
Proteste gegen Stopp von Informationsveranstaltungen
Im Fokus steht Heinz Lipp, der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft und zugleich Aufsichtsratsvorsitzende bei den Allgäuland-Käsereien. Er hatte die einstweilige Verfügung offenbar im Alleingang erwirkt - zum Ärger eines Teils der 1000 Mitglieder zählenden Genossenschaft. 235 von ihnen verlangen eine außerordentliche Generalversammlung. Von einer Abwahl Lipps ist die Rede und davon, die Kündigungsfrist für die Milchlieferverträge von zwei Jahren auf drei Monate verkürzen zu wollen.
Knapp 18 Prozent der Bergbauern, die etwa 28 Prozent der Milchmenge produzieren, haben bereits gekündigt. Gestern konzentrierte sich der Protest auf das Milchwerk Sonthofen. Dort hielten Vorstand und Aufsichtsrat eine Sitzung ab, während im Hof zwischen 100 und 150 Bauern demonstrierten, "dass es an der Basis brennt". "Sind wir Leibeigene oder sind wir noch freie Bauern?", schimpfte einer über den Stopp der Zott-Veranstaltungen.
Doch nicht nur Zott setzt den Allgäuland-Käsereien zu, die acht Genossenschaften in Bayern und Baden-Württemberg vereinigen. Nachdem über Monate ein deutlich schlechterer Milchpreis bezahlt wurde als von der Konkurrenz, haben im Gesamtunternehmen 37 Prozent der Milchlieferanten gekündigt - mehr als 900 von insgesamt 2500. Bei Allgäuland steht damit rund die Hälfte der gesamten Milchliefermenge auf dem Spiel.
Wohin die vielen Bauern wechseln, ist noch unklar. "Bei uns hat noch kein einziger unterschrieben", versichert Zott-Prokurist Christian Schramm. Im Gegensatz zu anderen Molkereien, die vor allem um größere Milchproduzenten werben, sei Zott nicht auf Einzelverträge aus, sondern wolle die Genossenschaft Sonthofen-Schönau "als Gruppe erhalten".
Sie plant sogar, den Produktionsstandort Sonthofen zu übernehmen, um dort eine eigene Produktlinie aufzubauen. "Sobald die Erzeuger gedanklich hinter einer möglichen Zusammenarbeit mit Zott stehen, geht man davon aus, dass auch Gespräche über die Betriebsstätte erfolgen können", heißt es in einer Pressemitteilung.
Von den Allgäuland-Käsereien, die ihr Werk in Augsburg (früher Cema) zum 31. März schließen und auch in Dettingen und Tübingen dichtgemacht haben, wird das als Versuch verstanden, ein attraktives Teilgebiet "herauszubrechen", so Geschäftsführer Marcel Mohsmann.
Nach Werksschließungen Hoffnung auf bessere Zeiten
Man habe einen "anstrengenden Rekonstruktionsprozess" fast abgeschlossen und sehe wieder "Licht am Ende des Tunnels". Es gebe neue Produkte, neue Konzepte und ab 1. April einen neuen Vertriebsmanager, so Mohsmann weiter. Und zur Jahresmitte hofft er, auch die "Milchpreislücke" schließen zu können.
Doch Zott bleibt am Ball. Die Milch der Bergbauern mit staatlich anerkannter Herkunftsbezeichnung entspreche allen Idealen von Nachhaltigkeit und Regionalität, so Milcheinkäufer Schramm. Auch Allgäuland weiß, "auf welchem Schatz" das Unternehmen sitzt. Nicht nur der Rohstoff sei ausgezeichnet, "auch die Marke Bergbauern ist ein Vermögen wert". Manuela Mayr