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Bausparen: Bausparkassen zahlen Kontogebühren bisher nur zögerlich zurück

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Bausparkassen zahlen Kontogebühren bisher nur zögerlich zurück

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    Gebühren auf Bausparverträge waren im Fall der BHW Bausparkasse unzulässig.
    Gebühren auf Bausparverträge waren im Fall der BHW Bausparkasse unzulässig. Foto: Kai Remmers

    180 Euro fordert ein Bausparer aus dem Augsburger Landkreis von der Bausparkasse Wüstenrot ein. Diese muss aktuell – wie ein Großteil dieser Institute – um viele Millionen Euro fürchten. Denn der hatte von ihren Kunden zu Unrecht Jahresentgelte verlangt, wie der Bundesgerichtshof (BGH) im November 2022 entschied. Ähnliche Klauseln über Jahresentgelte haben auch weitere Institute verwendet oder verwenden diese teils noch immer. Für diese Bausparkassen besteht zwar keine Rechtsbindung an das Urteil des BGH, aber davon geht sehr wohl eine Signalwirkung aus.

    Für die einzelnen Bausparer geht es dabei lediglich um Beträge im zweistelligen, maximal im niederen dreistelligen Bereich. Die 18 deutschen Bausparkassen haben deutlich mehr zu verlieren. Laut der Online-Plattform Statista gab es in Deutschland im vergangenen Jahr 22,6 Millionen aktive Bausparverträge. Für die Kreditinstitute geht es demnach um mehrere hundert Millionen Euro. Das bestätigt auch Sibylle Miller-Trach, Finanzjuristin der Verbraucherzentrale Bayern: „Die Menge macht’s. Deshalb versuchen die Bausparkassen, sich mit Händen und Füßen zu wehren.“

    Einige Institute erstatten die Jahresentgelte auf Antrag, andere bisher gar nicht

    Aktiv über die Thematik informiert werden von ihren Bausparkassen nur die wenigsten Kunden. Einige der Institute erstatten mittlerweile zwar die Entgelte auf Antrag – allerdings nur rückwirkend für die vergangenen drei Jahre. Für die Zeit davor berufen sie sich auf eine Verjährungsfrist. Dabei wurden die Gebühren bei den meisten Bausparkassen bereits 2017 eingeführt. Manche berechnen sie auch schon wesentlich länger. In den Wochen nach dem BGH-Urteil haben zwar nach und nach immer mehr Bausparkassen eingelenkt und erstatten nun Jahresentgelte, die sie in der Sparphase erhoben haben. Allerdings machen es die Institute ihren Kunden nicht einfach, an das Geld zu kommen. Von sich aus zahlt keines der Institute, einige erstatten die Entgelte auf Antrag, andere sagen, sie seien von dem Urteil und dessen Signalwirkung überhaupt nicht betroffen. Die Verbraucherzentrale Bayern habe seit dem Urteil deshalb hunderte Beschwerden erreicht, sagt Miller-Trach. 

    Der Bausparer aus dem Landkreis Augsburg will namentlich nicht genannt werden. Und doch möchte er durch das Gespräch mit unserer Redaktion auf einen Missstand aufmerksam machen. „Mir geht es darum, dass die vielen Leute, die jahrelang von den Bausparkassen über den Tisch gezogen worden sind, informiert werden, wie sie ihr Geld zurückbekommen”, sagt er. Ein Großteil der Bausparer wisse nicht, dass sie die Jahresentgelte zurückfordern können. 

    Verbraucherzentrale übt Kritik: Die Bausparkassen spielen auf Zeit

    Seit dem Urteil des BGH spielen deshalb viele Bausparkassen auf Zeit, sagt Miller-Trach. Denn nach drei Jahren verjährt der Anspruch auf die Rückerstattung – behaupten zumindest die Bausparkassen. Gegen die Verjährungsfrist von drei Jahren spricht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) – ebenfalls aus dem Herbst 2022. Demnach darf die Verjährung der Forderung auf Erstattung aufgrund missbräuchlicher Klauseln nicht abgelaufen sein, ehe Verbraucher den Missbrauch erkennen konnten. 

    Die Finanzjuristin rät betroffenen Bausparern deshalb „sich nicht abwimmeln zu lassen und im Zweifel eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.“ 

    Gute Nachrichten für Wüstenrot-Kunden

    Gute Nachrichten gibt es indes vermeintlich für Kunden von Wüstenrot. Deren Pressestelle teilt auf Anfrage unserer Redaktion mit, dass sich die Bausparkasse nach eingehender Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe von der BGH-Entscheidung betroffen sehe. Sie verzichte daher ab Urteilsverkündung auf die Erhebung einer Kontogebühr in der Sparphase bei Abschluss eines neuen klassischen Bausparvertrages. „Auf schriftlichen Antrag hin können betroffene Kundinnen und Kunden Rückerstattung der

    Anders als Wüstenrot beurteilt die Landesbausparkasse (LBS) Bayern das Urteil. Das Jahresentgelt der LBS Bayern unterscheide sich grundlegend von dem der BHW Bausparkasse. Das Urteil habe damit keine Auswirkung auf das Jahresentgelt der LBS Bayern, teilt deren Pressestelle mit. 

    Musterbrief für einen Antrag auf Erstattung

    Auch die Bausparkasse Schwäbisch Hall sieht sich auf Anfrage unserer Redaktion nicht in der Pflicht, Entgelte zurückzuzahlen. Die Pressestelle der größten deutsche Bausparkasse mit etwa sieben Millionen Kunden teilt mit, ihr jährliches Entgelt sei nicht mit dem der BHW Bausparkasse vergleichbar und damit rechtswirksam vereinbart. „Vor diesem Hintergrund halten wir für die Bauspartarife, die wir seit Dezember 2018 angeboten haben, an der Erhebung des Jahresentgelts fest.“ 

    Finanzjuristin Miller-Trach rät Kunden, dennoch einen Musterbrief an die jeweilige Bausparkasse zu schicken. Falls der Antrag abgelehnt wird, könne auch eine Rechtsberatung helfen. Zudem können sich Kunden an die zuständige Schlichtungsstelle wenden. Bei öffentlichen Bausparkassen ist der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) zuständig, bei privaten Institutionen die Schlichtungsstelle Bausparen.

    Eine Mustervorlage für einen Erstattungsantrag finden Sie unter www.verbraucherzentrale.de 

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