GDL-Chef Claus Weselsky ist niemand, der sich mit Kleinigkeiten zufriedengibt. Für das Ziel, die Zukunft seiner Lokführergewerkschaft GDL zu sichern, zieht er mit seinen Truppen in einen der längsten Streiks in der Geschichte der Deutschen Bahn. Fünf Tage lang soll der Betrieb auf Deutschlands Gleisen massiv gestört werden. Die Appelle der Bahnchefs zur Mäßigung, so ließ Weselsky verlauten, gingen ihm "am Steiß vorbei".
Jede Gewerkschaft hat das Grundrecht zum Arbeitskampf. Sie würde ansonsten über kein Druckmittel in Tarifverhandlungen verfügen. Weselsky kommt entgegen, dass er sich um das wirtschaftliche Überleben des bestreikten Unternehmens nicht sorgen muss. Die Bahn gehört dem Bund, und Verluste aus der fünftägigen Blockade der Lokführerinnen und Lokführer fangen im Zweifel wir alle – die Gemeinschaft der Steuerzahler – auf. Mit einer derartigen Rückversicherung streikt es sich sorgenfrei.
Bahnstreik im Personenverkehr ab Donnerstag
Sorgen machen müssen sich hingegen Pendler und andere Fahrgäste. Darum, ob sie pünktlich oder überhaupt ankommen. Und darum, ob sie sich in den picke-packe vollen Ersatzzügen mit dem Coronavirus anstecken. Aus epidemiologischer Sicht ist der Streik gefährlich.
Aber auch das hält den GDL-Vorsitzenden nicht vom Streik ab. Denn für ihn geht es um alles. Wichtiger als höhere Löhne und ein Corona-Bonus ist ihm nämlich, ein Gesetz auszuhebeln. Das Tarifeinheitsgesetz sieht vor, dass in einem Betrieb der Tarifvertrag der größten Gewerkschaft gilt. Die GDL ist aber deutlich kleiner als die konkurrierende Eisenbahnergewerkschaft EVG. Der Bahn-Vorstand will das Gesetz durchsetzen, Weselsky fürchtet, dass seine GDL in die Bedeutungslosigkeit fällt. Darum agiert er mit voller Härte, um neue Mitglieder in seine Gewerkschaft zu holen, um zu wachsen.
Hinter dem Bahnstreik steckt ein Überlebenskampf der GDL
Das Aushebeln des Tarifeinheitsgesetzes ist ein politisches Ziel. Politische Streiks sind in Deutschland nicht erlaubt. Deshalb vermeidet Weselsky auch, das eigentliche Ziel seines Kurses zu benennen. Das ändert aber nichts an der Tatsache: Der Preis, den Corona-müde Fahrgäste für den Überlebenskampf der GDL zahlen müssen, ist enorm hoch.
Auch am Tag nach Allerheiligen 2022 initiiert die GDL Warnstreiks - und zündet die nächste Stufe in der Auseinandersetzung mit der SWEG.