Bahnreisende kennen das Problem: Sobald sie die Grenze überschreiten wollen, wird es schwierig. Fahrkarten können oft nicht bis zum Ziel durchgebucht werden, Fahrplanauskünfte sind nicht einfach zu bekommen. Die Linkspartei setzt sich deshalb für die Gründung einer gemeinnützigen europäischen Bahn-Gesellschaft ein. Unter der Bezeichnung „United Railways of Europe“ soll diese den grenzüberschreitenden Zugverkehr in Europa mit koordinierten Fahrplänen, einer gemeinsamen Buchungsplattform sowie besseren grenzüberschreitenden Fahrgastrechten ankurbeln. Das entsprechende Konzept liegt unserer Redaktion vor.
Kernpunkt des Papiers mit dem Titel „Bahn für Alle statt Profite für Wenige“ ist die Forderung nach der Einführung eines sogenannten Europa-Takts, mit dem bis 2035 alle europäischen Großstädte im Stundentakt angefahren werden. Hintergrund ist der „Deutschlandtakt“, bei dem nach Schweizer Vorbild Personen- wie Güterzüge stets jede Stunde zur selben Minute abfahren, zwischen den großen Städten sogar jede halbe Stunde. Das ehrgeizige Projekt kommt in Deutschland nicht voran, die Umsetzung wird sich wohl noch bis 2070 hinziehen.
Der Bedarf für Investitionen in die Infrastruktur der Deutschen Bahn ist da
Der Bedarf ist offensichtlich vorhanden. „Immer mehr Menschen sind in Europa mit der Bahn unterwegs“, erklärte der für den Personenfernverkehr zuständige DB-Vorstand Michael Peterson erst vor wenigen Tagen. 2023 war nach Konzernangaben „das Jahr der international Bahnreisenden“ mit einem zweistelligen Wachstum im internationalen Fernverkehr. Die Deutsche Bahn hat demnach in den letzten Jahren auf internationalen Verbindungen stark in den Ausbau des Angebots investiert. Neue beziehungsweise mehr Verbindungen sowie mehr Kapazitäten seien geschaffen worden.
Die Linkspartei drückt indes aufs Tempo. „Statt den Flugverkehr zu subventionieren, sollen die Preise für Bahnreisen in Europa gesenkt werden“, heißt es im Sieben-Punkte-Plan. Gleichzeitig spricht sich die Linke gegen eine Liberalisierung auf EU-Ebene aus. Statt auf die Direktbeauftragung setze das Vergaberecht in Zukunft noch stärker auf Ausschreibungen im Wettbewerb, das treibe die Privatisierungen voran und müsse gestoppt werden.
Bahn-Fahrschein einfach wie ein Flugticket
Verbände wie die Allianz pro Schiene mahnen schon seit Jahren Verbesserungen im grenzüberschreitenden Bahnverkehr an. Das Schienenbündnis fordert unter anderem, die Buchung von Zugfahrkarten so einfach zu machen wie die von Flugtickets. Unter deutscher Ratspräsidentschaft wurde 2021 das „Europäische Jahr der Schiene“ initiiert. Im letzten Jahr kündigte die EU zehn Projekte für mehr grenzüberschreitenden Zugverkehr an. Insgesamt will die Kommission den grenzüberschreitenden Bahnverkehr bis 2030 verdoppeln und bis 2050 verdreifachen. Doch den wohlklingenden Ankündigungen folgt oft nicht viel. „Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf Bahn und Schiff kommt in der EU nicht voran“, kommentierte etwa das Statistische Bundesamt im Anschluss und musste gar teils rückläufige Zahlen vermelden.
Was die Finanzierung angeht, schließt sich die Linkspartei in ihrem Papier Forderungen von Verbänden und Verkehrsexperten an, die sich für eine Priorisierung der Schiene aussprechen. „Wir wollen den Bahn-Ausbau in Europa auch aus den Mitteln finanzieren, die jetzt im TEN-T, dem europäischen Verkehrswegeplan, noch für die Förderung von Autobahnbau und neuen Flughäfen vorgesehen sind“, heißt es dazu bei den Linken. Der Bahn-Ausbau dürfe sich zudem nicht auf wenige Hochgeschwindigkeitsstrecken beschränken: „Bahn für alle heißt, dass Strecken reaktiviert werden müssen und die Bahn auch wieder in die Fläche kommt.“
Weniger Verspätungen, mehr Klimaschutz. Mit diesem Versprechen will die Deutsche Bahn eine neue ICE-Strecke zwischen Augsburg und Ulm bauen. Aber dagegen regt sich Widerstand. Hören Sie über diesen Konflikt unseren dreiteiligen Recherche-Podcast "Weichenstellung" .