Als Maurerlehrling lernt Adrian Schedler natürlich, wie man Mauern baut. Heute aber kümmert er sich um die Wohlfühlatmosphäre eines Badezimmers. Konzentriert greift er Ziegelsteine und mauert sie in L-Form um zwei Rohre in der Ecke. Ohne diese Schallschutzwand würde es in der schicken Neubauwohnung in Mindelheim künftig unaufhörlich rauschen – beim Zähneputzen, beim Duschen, beim Wäschewaschen.
Nach dem Abitur hat sich Schedler für ein Handwerk entschieden, das seit über 1200 Jahren existiert. Doch Mörtel und Ziegel sind nur ein Teil davon. Vieles ist heute technisch. Auch das, was er hier im Badezimmer macht, ist streng genommen kein Mauerbau, sondern die Installation von Sanitärschallschutz – ein kleiner, aber wichtiger Teil seiner Ausbildung.
Maurer werden – Grundlage für Pizzaofen und Firmenhalle

Wie groß die Dimensionen seines Berufs sein können, hat er an der A7 in Wolfertschwenden erlebt. Dort arbeitete er an einer 40.000 Quadratmeter großen Bodenplatte mit, die das Fundament für eine riesige Firmenhalle bildet. Er half auch, eine Rampe zu errichten, die tonnenschwere Lastwagen tragen muss. „Das war eines meiner Highlights“, erzählt der 20-Jährige. Auch das Verlegen von Bodenrohren gehört zu seiner Ausbildung, genauso wie die exakte Berechnung von Gefällen. Und natürlich das Kerngeschäft: der Mauerbau. Er eröffnet ihm unzählige Möglichkeiten – ob er hier einen Pizzaofen kreiert, dort eine Garage hinstellt oder am Seitenschiff einer Kathedrale mitwirkt. Alles ist denkbar.
Adrian verkürzt auf zwei Jahre und geht dann studieren
Theoretisch dauert die Ausbildung drei Jahre. Weil Schedler aber ein duales Studium angestrebt hatte, bot ihm der Ausbildungsleiter eine Verkürzung auf zwei Jahre an. „Wir bevorzugen dieses Modell: erst Ausbildung, dann Studium. So sieht er die Baustelle komplett wachsen, vom Fundament im Keller bis zum Dach. Und wenn er anschließend die Hochschule besucht, versteht er die Theorie wesentlich besser“, berichtet Ausbildungsleiter Gordian Schalk, während Schedler im Badezimmer arbeitet.

Handwerkliches Geschick und Kopfrechen sind das A und O
Der 20-Jährige setzt die Schallschutzziegel, so der Fachjargon für „ausgefüllte“ Ziegelsteine, mit einer Schicht Mörtel auf die nächste Stufe. Immer wieder misst er dabei den Abstand zum Boden aus. Denn er muss das „Achtermaß“ einhalten: Eine Schicht Ziegelstein und Mörtel sollten 12,5 Zentimeter ergeben, sodass nach acht Stück ein Meter Schallschutz entsteht. Handwerkliches Geschick, gutes Kopfrechnen und Eigeninitiative sind im Beruf gefragt.
Schedler half schon früher gerne auf dem Hof seiner Eltern und dachte an ein technisches Studium, „weil ich in der Schule gut mit Mathe klargekommen bin.“ Bei einem Infotag der Hochschule Augsburg entdeckte er seine Leidenschaft fürs Baugewerbe. Sein Onkel riet ihm dann zum Praktikum bei Glass in Mindelheim, nach den Abiturprüfungen fing er an.

Mit insgesamt 800 Mitarbeitern und 40 Lehrlingen zählt Glass zu den größten Baufirmen im Unterallgäu. Wenn sie könnten, würden sie jedes Jahr drei weitere Maurerlehrlinge einstellen, berichtet Ausbilder Schalk. Doch es fehle an jungen, geeigneten Bewerbern.
Branchenexperte: Auf schwäbische Firmen kommt riesiges Personalloch zu
„Die Bedingungen für junge Menschen sind hervorragend“, sagt Michael Jäger, Bezirksvorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, „auch, wenn etwas Rezession herrscht.“ Viele Baufirmen steuerten auf ein riesiges, „Personalloch“ zu. Weil, wie es bei ihm selbst der Fall ist, zahlreiche Poliere und Führungskräfte in Rente gingen, und vor 40 Jahren viel zu wenig ausgebildet worden sei. Auch bei Frauen sieht Jäger großes Potenzial: „Wir haben leider sehr wenig Bewerberinnen“.
Das Wetter sieht von drinnen betrachtet meistens schlechter aus, als es ist
Michael Jäger, Bezirksvorsitzender Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt für Schwaben
Um in dem Feld bestehen zu können sei Wetterfestigkeit gefragt: „Ich sage das als jemand, der seit 45 Jahren im Geschäft ist – man sollte eine robuste Gesundheit mitbringen. Wobei das Wetter von drinnen betrachtet, meistens schlechter aussieht, als es wirklich ist“, so der Polier aus dem Landkreis Lindau.

Ironischerweise setzt während des Besuches in Mindelheim Schneeregen ein. Immerhin ist Schedler heute „drinnen“ eingesetzt. Trotzdem: Wie hart ist dieser Beruf wirklich? „Es gibt Tage, da kommst du nach Hause und bist körperlich komplett fertig“, schildert der Azubi. „Aber es gibt auch lockerere Tage. Wenn du zum Beispiel Rüttelplatte fahren musst.“ Muskelkater habe er nur in den ersten Wochen gehabt. Der Körper gewöhne sich schnell an die Arbeit und werde stärker.
Verdienst als Maurer nach Ausbildung: So hoch ist der Lohn in Schwaben
Zum Glück. 173 Stunden pro Monat müssen schwäbische Maurer nach Tarifvertrag im Durchschnitt leisten, wie der Branchenexperte Jäger informiert. Wobei sich das nach Winter- und Sommerzeit unterscheidet. Für Jung-Gesellen läge der Verdienst meist im Bereich von 20 Euro brutto pro Stunde, was einem Monatslohn von rund 3500 Euro entspricht.
Mieser Umgang auf Baustellen? Von Wegen!
Für den 20-Jährigen klingt das zufriedenstellend. Doch Geld ist längst nicht alles, worauf junge Menschen achten. Wie erlebt er das Arbeitsklima? Ist er der klassische „Stift“? Nein, entgegnet er. Viele hätten ein falsches Bild von Baustellen. Natürlich gebe es einzelne „Muhackl“, aber sei zu ihm wirklich freundlich. Dafür würde sein Polier Gerhard Feldmeier, 62, beide Hände ins Feuer legen. „Ein Lehrling ist zum Lernen da und nicht zum Aufräumen. Menschen sind das. Und wir brauchen später gute Facharbeiter, die müssen etwas können!“
Der Beruf in Kürze:
- Berufsbild: Maurerinnen oder Maurer stellen Fundamente, Außen- und Innenwände und Geschossdecken in Rohbauten und Gebäuden her. Auch das Montieren von Schalungen und Bauteilen gehört dazu, sowie das Betonieren, Dämmen und Isolieren.
- Voraussetzung: es gibt keinen vorgeschriebenen Mindestschulabschluss.
- Ausbildungsvergütung pro Monat (brutto): 1. Lehrjahr: 1080 Euro, 2. Lehrjahr: 1300 Euro, 3. Ausbildungsjahr: 1550 Euro (Quelle: HWK Schwaben).
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