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Auto-Industrie: Britische Regierung will Aus für Verbrennungsmotor verschieben

Auto-Industrie

Britische Regierung will Aus für Verbrennungsmotor verschieben

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    Die britische Regierung um Premierminister Rishi Sunak ändert ihren Kurs in Sachen Mobilität.
    Die britische Regierung um Premierminister Rishi Sunak ändert ihren Kurs in Sachen Mobilität. Foto: Leon Neal

    Es war die 26. Klimakonferenz 2021 in Glasgow, die Ex-Premier Boris Johnson dazu veranlasste, Großbritannien als Vorreiter in Hinblick auf den Klimaschutz zu inszenieren. Damals konkretisierte er, wie das Vereinigte Königreich den CO₂-Ausstoß bis 2050 auf null reduzieren will. Es solle zum "Saudi-Arabien der Windenergie" werden, sagte er und appellierte an die Weltgemeinschaft: "Es ist eine Minute vor Mitternacht und wir müssen jetzt handeln." Ein Jahr zuvor, im November 2020, hatte er verkündet, dass Neuwagen mit Benzin- oder Dieselmotor nur noch bis 2030 verkauft werden sollen.

    Doch nun wendet sich offenbar das Blatt. Denn sei Nach-Nachfolger Rishi Sunak wird wohl mehrere Maßnahmen zur Erreichung dieses Klimaziels kippen. Es wird erwartet, dass er die Frist bis zum Verbot des Einbaus von Gasboilern in Neubauten verlängert und das Aus für Verbrennungsmotoren auf 2035 verschiebt. Der 43-Jährige betonte in einer Stellungnahme am Dienstag, die Regierung bleibe dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 verpflichtet, wolle es aber auf "verhältnismäßigere Weise" erreichen. Nachdem seine Pläne vorab durchgesickert waren, zog er eine für Freitag geplante Rede auf den Mittwoch vor.

    Ein "Moment der Schande" für Großbritannien?

    Während der konservative Hardliner Jacob Rees-Mogg den erwarteten Kurswechsel begrüßte und als "absolut richtig" bezeichnete, löste er bei anderen Abgeordneten Frustration aus. Der Tory-Abgeordnete Zac Goldsmith sprach von einem "Moment der Schande" und forderte sofortige Neuwahlen. Die Klima- und Umweltpolitik sei einer der wenigen Bereiche gewesen, in denen viele Länder zu Großbritannien aufgeschaut hätten. Doch nun habe "Sunak diese Glaubwürdigkeit mutwillig zerstört". 

    Einige Minister drohten, Sunak das Misstrauen auszusprechen, sollte er an seinen Plänen festhalten. Auch Umweltschützer und Wirtschaftsvertreter auf der Insel zeigten sich entsetzt. Die Vorsitzende von "Ford UK", Lisa Brankin, sagte, eine Verschiebung der Frist für den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor untergrabe den "Ehrgeiz, das Engagement und die Konsequenz", die sie von der britischen Regierung bräuchten.

    Will London Wachstum oder Umweltziele erreichen?

    Innenministerin Suella Braverman verteidigte jedoch Sunaks Kurs. Sie betonte, dass das wirtschaftliche Wachstum und die Kostenkrise Vorrang vor Umweltzielen haben müssten. "Wir werden den Planeten nicht retten, indem wir Großbritannien bankrottgehen lassen", sagte sie am Mittwoch.

    Die Kehrtwende in der Klimapolitik zeichnete sich ab, nachdem die Konservative Partei im Sommer trotz schlechter Umfragewerte unerwartet erneut den einstigen Parlamentssitz von Ex-Premierminister Boris Johnson gewonnen hatte. Beobachtern zufolge war dieser Sieg möglich geworden, weil sich die Konservativen gegen die Entscheidung des Labour-Bürgermeisters von London ausgesprochen hatten, die Umweltzone in der Stadt auszuweiten.

    Konservative Abgeordnete griffen diese Hoffnung begierig auf. Wohnungsbauminister Michael Gove bezeichnete den Kampf gegen den Klimawandel als "religiösen Kreuzzug", und Rees-Mogg erklärte, es sei an der Zeit, "unpopuläre und teure grüne Politik" zu bekämpfen.

    Eigentlich war Großbritannien beim Klimaschutz gut unterwegs

    Tatsächlich hat Großbritannien die Dringlichkeit der Klimakrise jedoch früh erkannt. Bereits 2008 gab es im britischen Parlament einen breiten Konsens für den „UK Climate Change Act“, das weltweit erste Klimaschutzgesetz mit ambitionierten Zielen und einem unabhängigen Kontrollgremium.

    Im Juni 2019 wurde das Gesetz um das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erweitert. Damit war Großbritannien eine der ersten großen Volkswirtschaften, die sich zu diesem Ziel bekannt hatte. Demnach sollen klimaschädliche Gase in gleichem Maße aus der Atmosphäre entfernt werden, wie sie ausgestoßen werden. Abwarten sei keine Option, sagte die damalige Premierministerin Theresa May.

    Der Angriff Russlands auf die Ukraine veränderte die Haltung der Tories

    Doch nicht zuletzt der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Haltung der Tories verändert. Seither habe die Energiesicherheit die Klimaneutralität als oberstes Ziel verdrängt, betonte Francis Mcgowan, Politologe an der University of Sussex: „Die Strategie der Regierung sieht eine anhaltende, wenn auch abnehmende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahrzehnten vor.“

    Experten kritisieren vor allem, dass unter Sunak weiterhin die Erkundung und Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee erlaubt ist. Mit den derzeitigen Plänen sei es unwahrscheinlich, das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, betonte das Kontrollgremium "Climate Change Committee".

    Briten sind weltweit führend bei Offshore-Anlagen

    In einigen Bereichen sind die Aussichten jedoch besser. So sind die Briten weltweit führend bei Offshore-Anlagen im Meer. Das Land betreibt einen der weltweit größten Windparks: Hornsea 2. 2021 sollen rund 25 Prozent des gesamten britischen Strombedarfs aus Offshore-Anlagen gedeckt werden.

    Damit kommt Großbritannien bei der Erreichung seiner Klimaziele weiterhin schneller voran als viele andere Länder. Die Organisation "Climate Action Tracker", die internationale Maßnahmen und Ziele vergleicht, bewertete die britische Klimapolitik zuletzt als "fast ausreichend". Deutschland wird mit "unzureichend" bewertet

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