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Ausbildungsstart: Hunderttausende Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt

Ausbildungsstart

Hunderttausende Ausbildungsstellen sind noch unbesetzt

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    Auch in Schwaben sind noch viele Ausbildungsstellen nicht besetzt.
    Auch in Schwaben sind noch viele Ausbildungsstellen nicht besetzt. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Erster September, Ausbildungsstart. Hunderttausende junge Menschen in Deutschland tauchen nach ihrem Schulabschluss ins Berufsleben ein. Doch auf dem Markt hat sich im Vergleich zu früher einiges geändert. Ausbildungsbetriebe haben es von Jahr zu Jahr schwerer, Azubis zu finden. Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit von Juli sind deutschlandweit noch 228.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Im vergangenen Jahr gab es zwar ein leichtes Plus – es waren aber trotzdem acht Prozent weniger als im letzten Corona-Vorkrisenjahr 2019. Einschätzungen der Industrie- und Handelskammer lassen Unternehmen für die Zukunft aber auch hoffen.

    Fast die Hälfte der Ausbildungsbetriebe im Wirkungsbereich der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) seien laut einer Firmenumfrage vom Azubimangel betroffen. Besonders vergeblich suchten Gastronomie, Industrie und Handel nach Auszubildenden. Deren Mangel werde später wiederum zum Fachkräftemangel, sagte der stellvertretende DIHK-Geschäftsführer Achim Dercks. Nach den coronabedingten Einbrüchen bestünden gute Aussichten, dass 2023 mehr Betriebe und Azubis über einen Ausbildungsvertrag zueinander fänden als im Vorjahr. 

    Handwerkskammer und IHK sprechen von 2000 offenen Stellen in Schwaben

    Bis Ende Juli seien knapp 207.000 neue Ausbildungsverträge im Bereich der Industrie- und Handelskammern gezählt worden, 3,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Voraussichtlich blieben aber viele Zehntausende Ausbildungsplätze unbesetzt. Das Kernproblem sei der demografische Wandel. Es gebe heute rund 100.000 weniger Schulabgängerinnen und Schulabgänger als noch vor zehn Jahren, so die DIHK. Das führe unter anderem dazu, dass bald bis zu 400 .000 Beschäftigte mehr den Arbeitsmarkt verlassen, als neue hinzukommen. 7409 junge Menschen starten eine Berufsausbildung bei einem schwäbischen Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen. Damit liegt die Zahl der Neuverträge mit 2,4 Prozent etwas über dem Vorjahresniveau.

    In der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Schwaben sind aktuell immer noch knapp 1000 offene Stellen gelistet. Die meisten Angebote gibt es im Metallbaubereich, in der Elektrotechnik, in der Sanitär-, Heizungs- und Klimaanlagenmechaniksowie im Lebensmittelfachverkauf. Die allermeisten Stellen wären noch im September zu besetzen, teilweise suchen die Betriebe bereits für das kommende Jahr neue Auszubildende. Zum Start in das neue Ausbildungsjahr sind im Bezirk Schwaben Stand jetzt 3050 neue Verträge im Handwerk abgeschlossen worden. Zum Vergleichszeitpunkt im letzten Jahr waren es 3046, die Zahl ist also annähernd gleichgeblieben. Allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau, vor allem mit Blick auf den Bedarf an Fachkräften in den kommenden Jahren, so Sprecher der Handwerkskammer. 

    Unter Jugendlichen mit niedriger Schulbildung ist nach einer Bertelsmann-Umfrage mit 1700 Jugendlichen nach wie vor der Eindruck weitverbreitet, schlechte oder eher schlechte Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu haben: Ein Viertel der Jugendlichen blickt pessimistisch auf den Markt. Auch, dass trotz hoher Nachfrage nach Fachkräften noch immer mehr als ein Viertel der Befragten der Auffassung sei, es fehle an Ausbildungsplätzen, "ist ein Warnsignal", so Clemens Wieland, Experte der Bertelsmann-Stiftung für berufliche Bildung. Denn laut aktuellem Berufsbildungsbericht übersteigt die Zahl der unbesetzten Stellen die der Bewerberinnen und Bewerber ohne Ausbildungsplatz.

    Ausbildungsbetriebe müssen laut IHK um Azubis werben

    Auch für Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistungen wird es zunehmend schwieriger, offene Stellen zu besetzen, heißt es seitens der IHK Schwaben. „Wer heute gute Auszubildende finden will, muss um sie werben. Ohne aktives Azubimarketing geht es nicht mehr“, sagt Wolfgang Haschner, Leiter des Geschäftsbereichs berufliche Bildung. Die Folge: Nicht jedes Unternehmen findet ausreichend Bewerber. Nach wie vor sind Stellen offen. 

    Nach Schätzungen des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags können sich theoretisch alle Jugendlichen, die noch eine Ausbildung suchen, zwischen zweieinhalb Stellen entscheiden. Vor allem im Bereich Lager und Logistik, aber auch in der Gastronomie und Hotellerie sowie in der Industrie. Wie im Handwerk suchen Betriebe auch dort noch 1000 Azubis. "Spätstarter" hätten also noch gute Chancen.

    Jugendliche fühlen sich mit der Informationsfülle alleingelassen

    Mehr als die Hälfte gab an, sich bei der beruflichen Orientierung nur schwer zurechtzufinden. Gleichzeitig gab ein knappes Drittel an, dass mehr Unterstützung schön gewesen wäre. Fast die Hälfte der Azubis hätte sich mehr Berufsorientierung innerhalb der Schule und einen Ansprechpartner außerhalb gewünscht. Auch von der Politik erhoffen sich die jungen Menschen mehr Engagement für angehende Azubis: 37 Prozent aller Befragten finden, der Staat kümmere sich eher wenig. Jeder Zehnte meint sogar, es werde gar nichts gemacht. Sie wünschen sich mehr Unterstützung etwa bei den Fahrt- oder Umzugskosten sowie bei der Bereitstellung von günstigem Wohnraum. 

    Die Ausbildung in Deutschland hat außerdem nach dem Ausbildungsreport 2023 des Jugendverbands DGB-Jugend Nachholbedarf bei der Digitalisierung. So bewerten vier von zehn Auszubildenden die digitale Ausstattung ihrer Berufsschule nur als ausreichend oder mangelhaft. Nur knapp jede und jeder zweite Azubi fühlt sich durch die Ausbildung gut auf die digitalen Anforderung im künftigen Beruf vorbereitet. (mit dpa)

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