Ein Mensch-ärgere-dich-nicht- und ein Vier-gewinnt-Spiel aus Metall sollen Fiona Rößle und Amelie Gruner am heutigen Donnerstag bei Robatherm in Jettingen-Scheppach (Landkreis Günzburg) fertigen. Am Donnerstag ist der sogenannte Girls’ Day. Mädchen und junge Frauen sollen dabei Einblicke in technische Berufe bekommen. Bei Robatherm werden sonst Lüftungsgeräte hergestellt. Dass vor allem Männer in technische Berufe gehen, ist ein Klischee – oder stimmt das wirklich? Und kann der Girls’ Day das verändern?
Wegen des Girls’ Day gehen etwas mehr Frauen in männertypische Berufe
Christian Fischer von der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK) sagt Ja. Er bestätigt, dass auch durch Aktionen wie den Girls’ Day etwas mehr Frauen in männertypische Berufe gehen. Genau könne man das aber nicht nachverfolgen. Bei den Industriemechanikern lag der Anteil 2020 in Schwaben bei ungefähr zehn Prozent. „Bei den Bauzeichnern sind es fast 60 Prozent“, sagt Fischer. Die beliebtesten handwerklichen Ausbildungen sind laut der Handwerkskammer Schwaben (HWK) die zur Schreinerin mit einem Frauenanteil von circa 17 Prozent, Maler- und Lackiererin mit etwa 30 Prozent Frauen sowie der Beruf Fahrzeuglackiererin, in dem zehn Prozent der Auszubildenden weiblich sind.
Schülerinnen sollen Strom aus einer Zitrone erzeugen
Bei Robatherm sind ungefähr ein Drittel der 38 Auszubildenden und dualen Studenten weiblich. In technischen Berufen sind es aktuell zwei weibliche Auszubildende. Miriam Baumgärtner, die den Girls’ Day bei Robatherm organisiert, möchte junge Frauen für technische Berufe begeistern und ihnen einen Eindruck vermitteln. Insgesamt drei Schülerinnen kommen dazu heute in das Unternehmen. Fiona und Amelie besuchen die achte und die neunte Klasse der Markgrafen-Realschule in Burgau.
Ob sie später auch in technischen Berufen arbeiten möchten, wissen sie noch nicht. Amelie interessiert sich für die Polizei und den Beruf der Bürokauffrau. „Ich hab auch mal ein Praktikum in einer Apotheke gemacht und fand das spannend“, sagt sie. In einen technischen Beruf möchte sie jetzt zumindest einmal reinschauen. Das gilt auch für Fiona, die noch nicht weiß, was sie später machen möchte. Auf spannende Eindrücke beim Girls’ Day freuen sie sich trotzdem.
In der Auszubildendenwerkstatt können sie sich selbst ausprobieren, und Auszubildende erzählen von ihren Erfahrungen bei Robatherm. Beim Girls’ Day der HWK sollen die Schülerinnen mit Hilfsmitteln Strom aus einer Zitrone erzeugen. Davor bekommen sie einen Einblick in die 130 Ausbildungsberufe der HWK. Mit der Übung wolle die HWK zeigen, dass auch im Handwerk nachhaltig gearbeitet werde.
Girls’ Day soll das Spektrum der Berufswahl erweitern
Dass es wenige Frauen in technischen Berufen gibt, führt Susanne Sylvester von der HWK auf Stereotypen, wie dass Frauen keine Maurerinnen sein könnten, zurück und widerspricht: „Es gibt kein Handwerk, das nicht auch von Frauen ausgeübt werden kann.“ Gemischte Teams können sich gut ergänzen, sagt Sylvester.
Das führt auch zu mehr Vielfalt innerhalb der Berufe: „Die Unternehmen legen Wert auf Kompetenzausprägungen von Männern und Frauen“, sagt Fischer von der IHK. Er rechnet damit, dass der Anteil von Frauen in technischen Berufen weiter zunimmt, auch wenn das Wachstum langsam ist. Das liege auch an verbesserter Technik, sagt er: „Die körperliche Arbeit hat sich durch diverse Hilfsmittel ein bisschen erleichtert.“ Ob der Girls’ Day alleine Mädchen mehr für technische Berufe begeistert, sei aber schwer zu sagen, teilen HWK und IHK mit.
Der Girls’ Day ist eine von vielen Aktionen, um Frauen für technische Berufe zu begeistern. Er helfe laut Organisatoren dabei, das Berufswahlspektrum von jungen Frauen zu erweitern. Denn obwohl es rund 330 duale Ausbildungsberufe gibt, entscheiden sich letztlich mehr als die Hälfte von ihnen nur für zehn verschiedene Berufe.
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