Der Verbrenner hat noch lange nicht ausgedient. Zumindest, wenn es nicht um Automotoren geht, sondern um Aggregate, die einige Stufen größer sind. Gasturbinen sind eine jahrzehntealte Technologie. Doch ohne sie werden wir die Energiewende nicht meistern, sagt Sabine Ardey. Die Professorin für Luft- und Raumfahrttechnik leitet seit vergangenem Jahr das Institut für Test und Simulation für Gasturbinen des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Augsburg. In einem brandneuen Gebäude mit, wie Ardey versichert, weltweit einzigartiger Prüftechnik, arbeiten Forscherinnen und Forscher dort nun daran, Gasturbinen fit für die klimaneutrale Zukunft zu machen.
„Regenerativ erzeugte Energie können wir derzeit nicht in großen Mengen in Batterien speichern, sondern nur in chemischen Produkten“, erklärt die Professorin das Ausgangsproblem. Die so gespeicherte Energie kann dann mit Gasturbinen wieder schnell und flexibel eingesetzt werden, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint. Diese chemischen Energiespeicher sind in Zukunft wohl vor allem Wasserstoff und andere aus dem Gas abgeleitete Produkte wie Ammoniak, Methan oder, für die Luftfahrt, sogenannte Sustainable Aviation Fuels, Ersatzstoffe oder Beimischungen für den Flugzeugsprit Kerosin, die aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt wurden.
Erneuerbare Energie muss vor allem chemisch gespeichert werden
Sehr vereinfacht gesagt, kommen moderne Gasturbinen mit einigen Anpassungen auch mit diesen Stoffen zurecht. Allerdings gibt es auf Dauer ein Problem: „Wasserstoff verbrennt sehr sauber zu reinem Wasser. Dabei entstehen in der Brennkammer aber extrem heiße Abgase mit einem hohen Anteil an Wasser. In dieser sehr aggressiven Atmosphäre mit Temperaturen von bis zu 1600 Grad Celsius und hohem Druck altern die Materialien deutlich schneller als bei der Verwendung herkömmlicher Brennstoffe“, erklärt Ardey.
Die Wissenschaftler an ihrem Institut können künftig prüfen, welche neu entwickelten Materialien und Bauteile diesen Bedingungen besser widerstehen. Dazu können in den sogenannten MTC-Prüfständen die Bedingungen simuliert werden, die in einem realen Triebwerk herrschen. Ein Laserheizsystem kann die Materialien auf bis zu 1400° Celsius aufheizen, dazu können verschiedene Gase und Wasserdampf in den Druckbehälter eingespeist werden. Die Prüfteile werden in dieser harschen Umgebung so lange verschiedenen Kräften ausgesetzt, bis sie kaputtgehen.

Die Stadt Augsburg mit ihrer großen Luftfahrttradition und großen Unternehmen aus der Luft- und Raumfahrt ist für so ein Institut ein passender Standort. Zudem sind in München und dem angrenzenden Oberbayern viele weitere Branchengrößen angesiedelt. Enge Absprachen mit Partnern wie Siemens Energy, MTU Aero Engines oder Rolls-Royce Deutschland gibt es bereits. Für Ardey spricht aber noch etwas anderes für die schwäbische Großstadt: „Augsburg ist sehr innovationsfreundlich. Das Institut wurde vor sieben Jahren gegründet und wir hatten hier optimale Bedingungen, um zu wachsen.“
Augsburg hat lange Tradition in der Luft- und Raumfahrt
Letztlich wollen die Forscherinnen und Forscher gar nicht unbedingt viele Teile zerstören. „Tests sind teuer und sie machen nur Sinn, wenn man mit ihnen die Berechnungsverfahren verbessern kann, mit denen wir das Verhalten der Bauteile während der Entwicklung am Computer simulieren können“, erklärt Ardey. Denn der Trend in der Industrie gehe längst dahin, möglichst wenige Zwischentests auf dem Weg zum fertigen Triebwerk durchzuführen. Erst am finalen Produkt wird dann geprüft, ob alle Berechnungen der Realität standhalten.

Bei der Entwicklung dieser digitalen Zwillinge spielt auch Künstliche Intelligenz zunehmend eine Rolle. Aber diese Computermodelle müssen erst mit vielen Daten trainiert werden, um dann wertvolle Ergebnisse liefern zu können. „Wir wollen unser ganzes Institut als einen digitalen Prüfstand begreifen“, erklärt Ardey. Das heißt, alle Daten, die bei der Forschung anfallen, sollen nicht nur gespeichert, sondern auch verbunden und nachverfolgbar gemacht werden. „So können Methoden, die bei uns funktioniert haben, in den Unternehmen übernommen und weiterentwickelt werden“, sagt Ardey. Anwendungsbezogene Forschung für die Industrie ist eine der wichtigsten Aufgaben des DLR.

50 Millionen Euro hat der Bau mit allen Testständen gekostet, die Hälfte der Summe hat der Freistaat bezahlt. Zwei Erweiterungsstufen sind schon geplant, insgesamt übernimmt Bayern 65 Millionen der 95 Millionen Euro Gesamtkosten. Aktuell arbeiten 50 Menschen, zum größten Teil Techniker und Wissenschaftler, an den Grundlagen für neue Flugzeugtriebwerke oder Kraftwerke. Auch beim Personal soll es weiteren Zuwachs geben.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden