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Augsburg: Verkauf der Druckmaschinen-Firma Manroland ist gestoppt

Augsburg

Verkauf der Druckmaschinen-Firma Manroland ist gestoppt

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    Dem Druckmaschinen-Hersteller Manroland Goss Web Systems geht  es wieder gut. Das Unternehmen wird erst einmal nicht verkauft.
    Dem Druckmaschinen-Hersteller Manroland Goss Web Systems geht es wieder gut. Das Unternehmen wird erst einmal nicht verkauft. Foto: Manroland

    Der Augsburger Druckmaschinen-Hersteller Manroland Goss Web Systems hat mit wachsenden Aufträgen und schwarzen Zahlen die Krisenzeiten weit hinter sich gelassen. Das aus der Fusion von

    Es läuft rund für Manroland, zumal es dem Management um Firmenchef Franz Kriechbaum gelungen ist, neben der traditionellen Sparte für Zeitungs- und Magazin-Druckmaschinen den großen und stark wachsenden Markt für Verpackungsdruck-Anlagen zu erschließen. Schon heute werden mit Augsburger Technik Pizzakartons mit Aufdrucken versehen. Dank der Technologie lassen sich auch Banderolen von PET-Flaschen beschriften. So hat ein globaler, vom Unternehmen nicht namentlich genannter Verpackungsriese in

    Manroland steht auf soliden Beinen

    Auch wenn die Firma jetzt auf soliden Beinen steht, wollte sich der Finanzinvestor American Industrial Partners – kurz AIP – nach gut sieben Jahren von der Augsburger Firma trennen, wie im Januar dieses Jahres durch einen Bericht unserer Redaktion bekannt wurde. Die Amerikaner halten 49 Prozent an Manroland. Der Rest liegt in den Händen der Lübecker Possehl-Gruppe, die das Unternehmen nach der tiefen Krise einst gerettet hat. Auch die norddeutschen Anteilseigner sind gewillt, sich von ihrer Beteiligung an Manroland Goss Web Systems zu trennen. 

    Gesucht wurde nach einem seriösen und langfristig an der Firma interessierten Investor aus der Industrie oder der Finanzwelt. Augsburgs IG-Metall-Chef Roberto Armellini, der selbst bei MAN Roland, wie die Firma einst hieß, gearbeitet hat, war sich mit dem Betriebsratsvorsitzenden Sascha Hübner früh einig: „Ein chinesischer oder japanischer Investor kommt für uns nach den schlechten Erfahrungen in Augsburg mit Osram und Fujitsu nicht infrage.“ Es war klar, dass AIP und Possehl sich seitens der Arbeitnehmervertretung reichlich Stress einhandeln, wenn Manroland an einen asiatischen Bewerber abgestoßen würde. Deswegen verzichteten die Investoren auf Gespräche mit Geldgebern aus diesem Bereich der Welt, wird versichert. 

    Viele Interessenten klopften bei Manroland in Augsburg an

    Somit standen die Türen für Financiers aus Europa und den USA weit offen. Nach Recherchen unserer Redaktion klopften viele Interessenten in Augsburg an. Hinter den Kulissen ist von einer „hohen zweistelligen Zahl“ die Rede. Die Schweigegelübde erwiesen sich als belastbar: Die Beteiligten widerstehen der Versuchung, Namen zu nennen. So viel lässt sich doch herausfinden: Die beiden anderen deutschen Druckmaschinen-Hersteller, Koenig & Bauer und Heidelberger Druckmaschinen, befanden sich nicht unter den Anklopfern in Augsburg. Während des Jahres soll sich in mehreren Wellen der Kreis der Kaufwilligen gelichtet haben. Nachdem sich Bieter aus dem Industriebereich zurückzogen, blieb eine einstellige Zahl an Finanzinvestoren vor allem aus Deutschland übrig. Nach Informationen unserer Redaktion konnten sich AIP und Possehl mit keinem der Interessenten auf einen Verkauf von Manroland verständigen. Entsprechende Informationen bestätigte Firmenchef Kriechbaum am Freitag auf Anfrage. In einem dieser Redaktion vorliegenden Schreiben der Manroland-Geschäftsleitung an die Beschäftigten heißt es: „Gemeinsam mit unseren Gesellschaftern haben wir entschieden, den geplanten Eigentümerwechsel zu verschieben.“ Gleichzeitig bekräftigen die Parteien die weitere „partnerschaftliche Zusammenarbeit“ mit AIP und Possehl. Zu gegebener Zeit werde die Option eines Eigentümerwechsels geprüft. 

    Franz Kriechbaum hat mit seinem Team den Augsburger Druck-Maschinenhersteller Manroland Goss Web Systems wieder auf solide Beine gestellt.
    Franz Kriechbaum hat mit seinem Team den Augsburger Druck-Maschinenhersteller Manroland Goss Web Systems wieder auf solide Beine gestellt. Foto: Manroland Goss

    Ist das eine negative oder positive Nachricht für Augsburg? Arbeitgeber-Mann Kriechbaum und Arbeitnehmervertreter Hübner sind sich einig, dass der Stopp des Verkaufsprozesses auf alle Fälle eine gute Nachricht für die Beschäftigten von Manroland sei. Denn unisono sagen beide: „AIP und Possehl wissen um den Wert ihres Investments und unsere positive wirtschaftliche wie technologische Entwicklung. Sie wollten uns nicht unter Wert verscherbeln.“ So heißt es aus gut unterrichteten Kreisen, dass sich die Preisvorstellungen des amerikanischen und des Lübecker Investors nicht mit denen der Bewerber gedeckt hätten. Die Finanzinvestoren wollten demnach weniger für Manroland zahlen, als sich das die Verkäufer vorgestellt haben.

    „Giftpille“ für Investoren

    Unklar bleibt weiter, ab welcher Summe sich AIP und Possehl von der Augsburger Firma trennen würden. Klar ist indes, dass die am Ende noch übrig gebliebenen Kandidaten von einem Umstand abgeschreckt wurden, Manroland zu einem höheren Preis zu erwerben. Denn sie hätten eine „Giftpille“ schlucken müssen, wie das im Übernahme-Jargon in der Heuschrecken-Szene heißt. Der unangenehme Happen besteht darin, dass der Betriebsratsvorsitzende Hübner den auslaufenden Zukunftspakt für Manroland vor dem Start des Verkaufsprozesses mit der Arbeitgeberseite bis Ende 2025 verlängert hat. So lange sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen, was manchem, auf noch höhere Renditen abzielenden Finanzinvestor ein Gräuel ist. Auch deswegen haben sich Interessenten dem Vernehmen nach höhere Gebote für Manroland verkniffen.

    Was Heuschrecken nicht geschmeckt hat

    Dem ein oder anderen Bewerber wird auch deutlich geworden sein, dass Kriechbaum und sein Team das Unternehmen längst konsolidiert, also wieder in Form gebracht haben. Der Restrukturierungs- und Gewinnerhöhungs-Job, das Heuschrecken-Kerngeschäft, ist längst erledigt – und das auch in einem Miteinander von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Der Betriebsratsvorsitzende Hübner sieht seine Strategie, den Zukunftspakt und damit die Beschäftigungssicherung vorzeitig zu verlängern, „als voll aufgegangen“ an. Heuschrecken seien so abgeschreckt worden. Dabei gab es auch kritische Stimmen im Beschäftigtenlager, die Zweifel hegten, ob der Pakt fortgesetzt werden muss. Denn die Beschäftigungssicherung ist mit Schattenseiten für Mitarbeiter verbunden: Sie erhalten die von der IG Metall erkämpfte Tariferhöhung ein Jahr später, müssen täglich eine halbe Stunde mehr arbeiten und bekommen nur die Hälfte des Weihnachtsgelds. 

    Sascha Hübner ist Betriebsratsvorsitzender von Manroland Goss Web Systems.
    Sascha Hübner ist Betriebsratsvorsitzender von Manroland Goss Web Systems. Foto: Klaus Rainer Krieger

    Hübner hat sich in Gesprächen mit Possehl-Verantwortlichen nach der lange laufenden Investorensuche dafür eingesetzt, „dass die Ungewissheit für die Beschäftigten ein Ende haben muss“. Er beschreibt die quälend lange Zeit bildhaft: „Wir saßen knapp ein Jahr wie das Kaninchen vor der Schlange und wussten nicht, wann und wie sie zubeißt.“

    Der Augsburger IG-Metall-Chef Roberto Armellini hat einst für die damals MAN Roland heißende Firma gearbeitet.
    Der Augsburger IG-Metall-Chef Roberto Armellini hat einst für die damals MAN Roland heißende Firma gearbeitet. Foto: Silvio Wyszengrad

    Was kommt jetzt auf die Manroland-Beschäftigten zu? Es deutet sich eine längere Phase der Ruhe an, bis der Verkaufsprozess womöglich wieder startet. Nächstes Jahr passiere wohl nichts, ist aus mehreren Quellen zu erfahren. Hübner drückt sich vielsagend aus: „Es ändert sich jetzt nichts, was nicht heißt, dass sich nichts ändert.“ IG-Metall-Mann Armellini zieht aus der Entscheidung, den Verkauf erst einmal abzublasen, vor allem eine aus Beschäftigtensicht positive Erkenntnis: „Die Amerikaner und Possehl schauen darauf, dass Manroland in gute Hände kommt.“

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