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Augsburg: Radikaler Umbau: Augsburger Aktienbank verkauft Kerngeschäft

Augsburg

Radikaler Umbau: Augsburger Aktienbank verkauft Kerngeschäft

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    Die Augsburger Aktienbank steht vor einer Zäsur: Wesentliche Teile der Augsburger Aktienbank kommen in neue Hände.
    Die Augsburger Aktienbank steht vor einer Zäsur: Wesentliche Teile der Augsburger Aktienbank kommen in neue Hände. Foto: Ruth Ploessel

    Die Banken in Deutschland stehen unter Druck. Der Negativzins, eine striktere Regulierung und der digitale Wandel setzen den Instituten zu. In Deutschland gebe es zu viele Banken, sagen einige Experten. Vor einer Zäsur steht jetzt die Augsburger Aktienbank: Das Institut verkauft ihr komplettes Wertpapiergeschäft an den Wertpapier-Spezialisten Ebase aus Aschheim bei München, die European Bank for Financial Services.

    „Wertpapierbestände in Höhe von rund 17 Milliarden Euro wechseln von der Wertach an die Isar“, teilte die Augsburger Aktienbank am Mittwoch mit. Fast die Hälfte der Beschäftigten – 170 von den insgesamt rund 400 Mitarbeitern – wechseln ebenfalls zum neuen Institut. Darüber sind die Beschäftigten am Mittwoch informiert worden.

    Die zur LVM-Versicherung in Münster gehörende Augsburger Aktienbank gibt damit einen ihrer zentralen Geschäftsbereiche ab. Die Bank ist bisher als Spezialist für den Wertpapierhandel aufgetreten – zum Beispiel für die Geldanlage in Aktien oder Fonds. Rund 180.000 Depotkunden zählten zum Kundenstamm der Bank, die nun an die Ebase übergehen werden. Der Vertrag dazu sei am Dienstag unterschrieben worden.

    Augsburger Aktienbank: Rund 170 der 400 Mitarbeiter finden Zukunft bei der Ebase

    Über zwei Jahre haben LVM und Augsburger Aktienbank Lösungen für das Institut gesucht, heißt es aus Unternehmenskreisen. Jetzt ist man überzeugt, mit dem Verkauf für Mitarbeiter und Kunden die beste Lösung gefunden zu haben.

    Für die Beschäftigten sollen mit dem Verkauf weder ein Jobabbau noch Nachteile verbunden sein: Alle betroffenen 170 Mitarbeiter werden direkt bei der Ebase weiterbeschäftigt und behalten ihre Arbeitsverträge. Dem Vernehmen nach sollen andere Interessenten dagegen angeboten haben, nur eine Handvoll Mitarbeiter zu übernehmen.

    Kunden der Augsburger Aktienbank behalten ihre Konditionen bei Ebase

    Mit dem Verkauf an die Ebase könnten einige Mitarbeiter nach Aschheim wechseln, der größte Teil der Beschäftigten wird aber weiter in Augsburg arbeiten, heißt es aus Firmenkreisen. Die Ebase zieht dann als Mieterin in die Räume der Aktienbank in der Augsburger Innenstadt ein. Die Übertragung des Wertpapiergeschäfts geschieht aber nicht auf Knopfdruck. Der Prozess wird sich rund ein Jahr hinziehen und soll bis Sommer 2021 abgeschlossen sein. Synchron mit den Depots wechseln die Beschäftigten dann zum neuen Institut.

    Die Augsburger Aktienbank hat nur einen Standort – die Zentrale in Augsburg – und gilt als erste Direktbank Deutschlands. Mit einer Bilanzsumme von rund drei Milliarden Euro ist sie ein mittelständisches Institut. Seit 2002 gehört die Bank zu 100 Prozent zur LVM-Versicherung. Die Idee damals war es, das Angebot der LVM um Bankprodukte zu ergänzen, zum Beispiel Fonds. In den vergangenen Jahren hat die LVM ihre Strategie überprüft. Das Ergebnis: Die LVM will sich „stärker auf ihr Kerngeschäft als Versicherer konzentrieren“, teilte der Konzern mit. Aus dem Bankgeschäft zieht sich die Versicherungsgruppe mittelfristig wohl zurück. Die regulatorischen Vorgaben sind nach Angaben aus Unternehmenskreisen heute zu hoch, um das Bankgeschäft auf Dauer rentabel zu betreiben.

    Fonds will die LVM zwar weiter vertreiben, allerdings nicht mehr über eine eigene Bank – sondern über eine Kooperation mit der Ebase. „Als Nischenanbieter war es für die Augsburger Aktienbank zunehmend schwer, sich in einem konsolidierten Marktumfeld zu behaupten“, teilte LVM-Vorstand Rainer Wilmink mit.

    Für die Kunden ändert sich nach Angaben der Aktienbank an den Konditionen nichts. Sie behalten im Idealfall ihren persönlichen Berater, werden künftig aber unter dem Dach der Ebase betreut. Das Wertpapiergeschäft der Ebase ist erheblich größer als das der Augsburger Aktienbank. Nach eigenen Angaben betreut das Münchner Institut eine Millionen Kunden und ein Vermögen von 33 Milliarden Euro. Dort sieht man die Kunden der Augsburger Aktienbank als Chance: „Das erworbene Wertpapiergeschäft ist ein wichtiger Baustein in unserer Wachstumsstrategie“, sagte Ebase-Chef Kai Friedrich.

    Was passiert mit den verbliebenen Teilen der Augsburger Aktienbank?

    Die Frage ist, wie es mit den verbliebenen Bereichen der Augsburger Aktienbank und den restlichen 230 Beschäftigten weitergeht.

    Hier herrscht weiter Unsicherheit. Zusammen mit der LVM suche die Aktienbank nach Lösungen. Ein klares Bild zeichnet sicher aber noch nicht ab, die Institute seien noch „in der Findungsphase“, heißt es aus Unternehmenskreisen. Sicher scheint aber zu sein, dass die LVM im Bankgeschäft keinen Schwerpunkt mehr sieht und in dem Bereich nicht mehr erheblich investieren will.

    Die Augsburger Aktienbank finanziert zum Beispiel auch Immobilien und bietet Girokonten an. Zur Bank gehört eine Leasing-Tochter für Finanzierungen im Bereich Nutzfahrzeuge, Maschinen oder Landtechnik. Als denkbar gilt in Fachkreisen, dass die Leasing-Tochter der Aktienbank an die LVM angegliedert wird, aber auch hier ist ein Verkauf eine Option. Klarheit über das weitere Schicksal der Aktienbank wird es wohl erst in den nächsten Wochen oder Monaten geben.

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