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MAN Energy Solutions verkauft Gasturbinen-Geschäft nach China

Augsburger Unternehmen

MAN Energy Solutions verkauft Gasturbinen-Geschäft an Chinesen

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    Unser Bild zeigt eine Gasturbine von MAN Energy Solutions.
    Unser Bild zeigt eine Gasturbine von MAN Energy Solutions. Foto: MAN Energy Solutions

    Das in Augsburg sitzende Unternehmen MAN Energy Solutions mit weltweit rund 14.000 Beschäftigten verfügt über einen großen Standort im Ruhrgebiet. In Oberhausen arbeiten etwa 1600 Menschen für den Motoren- und Turbomaschinenhersteller, der früher

    MAN Energy Solutions gehört zum Wolfsburger VW-Konzern. Volkswagen hatte einst überlegt, das Unternehmen zu verkaufen, sich aber dann doch bereit erklärt, bis mindestens Ende 2024 an der Beteiligung festzuhalten, um so die Neuausrichtung der Firma als Lieferant für die Energiewende, also die Dekarbonisierung der Wirtschaft, zu unterstützen. Zuvor hatten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite aber auf ein Effizienzprogramm mit dem Namen "Performance 2023" geeinigt. Demnach müssen 450 Millionen Euro eingespart werden und allein in Augsburg fallen 800 von einst 4400 Arbeitsplätzen weg. Große Teile des Deals sind bereits umgesetzt, wobei Unternehmens-Chef Uwe Lauber stolz ist, dass der Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen gelang. 

    Ein wichtiger Punkt des "Performance-2023"-Vorhabens muss noch angepackt werden. Es trifft nicht den Hauptsitz in Augsburg, sondern die Standorte Oberhausen und Zürich. Dort ist das Geschäft mit kleinen Gasturbinen angesiedelt, also Maschinen, die etwa zum Betreiben von Pipelines oder zur Energiegewinnung benötigt werden. Der Bereich gehört nicht zum Kerngeschäft von MAN Energy Solutions, ist also nicht Teil der Produktpalette für die Energiewende und die weltweite CO₂-Reduzierung. So steht das Gasturbinen-Segment nach der Vereinbarung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerfraktion schon länger auf der Verkaufsliste. Nach Informationen unserer Redaktion gestaltete sich der Veräußerungs-Prozess schwierig. Potenzielle Käufer standen nicht Schlange.

    MAN-Verkauf: Der chinesische Mutterkonzern baut auch Militärschiffe

    Nun konnte doch ein Käufer gefunden werden. So wolle das chinesische Unternehmen CSIC Longjiang GH Gas Turbine das MAN-Gasturbinen-Geschäft kaufen, wie am Dienstagabend ein Sprecher von MAN Energy Solutions unserer Redaktion bestätigte. CSIC entwickelt kleine und mittlere Gasturbinen. Das Unternehmen mit rund 700 Beschäftigten ist eine Tochtergesellschaft der China State Shipbuilding Corporation, kurz CSSC. Letzterer Konzern mit gut 95.000 Mitarbeitern arbeitet nach der Internetseite der Gruppe in den Bereichen "Schiffbau", "Meerestechnik" und "Maschinenbau". Der Konzern sitzt in Peking und baut etwa Öltanker, Massengutfrachter, Containerschiffe, aber auch Schiffe für das Militär, wie Bilder auf der

    Die China State Shipbuilding Corporation zählt zu den größten Schiffsbauern der Welt und kauft auch bei MAN Energy Solutions Motoren ein. Ob die Chinesen das Gasturbinengeschäft des deutschen Herstellers erwerben dürfen, hängt nach Recherchen unserer Redaktion noch von zwei Bedingungen ab: Einerseits muss das Bundeswirtschaftsministerium zustimmen, dessen Verantwortliche zuletzt kritischer mit chinesischen Investitionen in Deutschland verfahren sind. Der Prüfungsprozess gestaltet sich erfahrungsgemäß zäh und kann ein halbes Jahr und auch länger dauern. Andererseits müssen die betroffenen etwa 80 Beschäftigten in Oberhausen dem Verkauf, also dem Übergang zu einem neuen Arbeitgeber in einer Befragung mehrheitlich zustimmen. Das wurde im Zuge von "Performance 2023" zwischen den Betriebsparteien vereinbart. Darauf verwies der Augsburger IG-Metall-Chef und Aufsichtsrat von MAN Energy Solutions, Roberto Armellini, auf Anfrage. 

    Chinesen werben um die Gunst deutscher Beschäftigter

    Die Chinesen versuchen das Vertrauen der etwa 80 Mitarbeiter in Oberhausen zu gewinnen. Sie sichern ihnen zu, den Standort und die Arbeitsplätze für fünf Jahre zu erhalten. In der Schweiz bieten sie den Beschäftigten ebenfalls dieses Willkommens-Paket an. In Zürich würden etwa 20 von rund 800 Frauen und Männern von MAN Energy Solutions künftig für das asiatische Unternehmen arbeiten. Die deutsche wie auch die chinesische Firma machten keine Angaben zum Kaufpreis. 

    Klappt das Geschäft, könnte sich MAN Energy Solutions in Oberhausen auf Anlagen für den Klimaschutz, also auf große Wärmepumpen und CO₂-Abscheide-Technologien konzentrieren. Unternehmens-Chef Lauber hat ehrgeizige Pläne: MAN Energy Solutions soll mit neuen Technologien dazu beitragen, zehn Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen zu vermeiden. "Das ist nicht zu hoch gegriffen", sagte er im Februar in einem Gespräch mit unserer Redaktion. So entsteht mit der Technologie des Unternehmens im dänischen Esbjerg eine der weltgrößten Wärmepumpen. Nach Inbetriebnahme wird die neue Anlage rund 25.000 Haushalte mit klimaneutraler Fernwärme versorgen. Dafür wird ein Steinkohlekraftwerk abgeschaltet. Der Markt für Großwärme-Pumpen wächst bis 2030 auf rund fünf Milliarden Euro. Lauber ist überzeugt: "Wir rechnen uns aus, hier Geschäfte im Wert von etwa einer Milliarde Euro zu machen."

    Der von MAN Energy Solutions erwartete Anteil an dem Geschäft würde einer Verringerung des weltweiten CO₂-Ausstoßes von rund zwei Prozent entsprechen. In dem Zusammenhang hat der Manager folgende weitere klimafreundliche Rechnungen parat, um auf seinen 10-Prozent-Wert zu kommen: "Wir haben die Chance, fünf Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen mit unserer Auffang- und Abscheide-Technologie von CO₂ etwa für die Zementindustrie einzusparen." So kommt der Manager schon auf sieben Prozent. Lauber legt noch einmal nach: "Ein weiteres Prozent können wir mit unserer Augsburger Wasserstoff-Tochter H-Tec erreichen." Über neue Schiffsmotoren, die mit synthetischem Gas fahren können, kämen weitere zwei Prozent hinzu, die MAN Energy Solutions weltweit an CO₂-Emissionen vermeiden kann. Am Ende ergeben sich die erhofften zehn Prozent. 

    Schon heute machen grüne Technologien rund 30 Prozent des Auftragseingangs von MAN Energy Solutions aus. Bis 2030 sollen es 70 Prozent sein. Das Augsburger Unternehmen hat große Dekarbonisierung-Pläne. Das ist auch im Bundeswirtschaftsministerium bekannt. Lauber ist Mitglied des Nationalen Wasserstoffrates der Bundesregierung und ein gefragter Experte in Fragen der Energiewende, gerade was die Industrie und den Schiffsverkehr betrifft. 

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