Es gibt die Spitzenmanager, die im Scheinwerferlicht stehen und ihr Unternehmen nach außen vertreten. Und es gibt in der Wirtschaftswelt Investoren und Inhaber, die meist im Hintergrund bleiben, aber deutlich mächtiger sind, da ihnen die Unternehmen gehören. Zu ihnen zählt Michael Tojner, 54. Während in Österreich über ihn häufiger geschrieben wird, ist er in Deutschland der Öffentlichkeit kaum bekannt. Und das, obwohl ihm die Mehrheit am Technologie-Konzern Varta gehört.
Als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier Ende Juni Varta am Sitz in Ellwangen einen Förderbescheid über 300 Millionen Euro für eine Batteriefertigung überbrachte, richteten sich die Fotoapparate zuallererst auf den CDU-Politiker. Auch Varta-Chef Herbert Schein stand im Zentrum. Michael Tojner, der bei Varta Aufsichtsratschef ist, war dagegen meistens nur am Rande zu sehen. Dabei liegt es zum großen Teil auch an ihm, dass Varta heute wieder als boomendes Unternehmen gilt. Tojner hat es zu einem Milliardenvermögen gebracht, er ist und war an zahlreichen Unternehmen beteiligt. Jetzt fällt sein Name im Zusammenhang mit dem Augsburger Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec.
Mit dem Verkauf von Eis vor Schloss Schönbrunn zur ersten „Schilling-Million“
Tojner ist Österreicher, geboren in Steyr. Seine Mutter arbeitete als Lehrerin, sein Vater hatte einen Installateur-Betrieb. „Da habe ich Unternehmertum im kleinen Ausmaß mitbekommen“, sagte Trojner einmal in einem Interview. „Das hat mir schon sehr geholfen.“ Er studiert Betriebswirtschaft und Jus, wie die Rechtswissenschaften in Österreich genannt werden, und schließt die Fächer mit einem doppelten Doktortitel ab. Tojners Interesse gilt aber bald weniger der Wissenschaft als dem Geschäftsleben.
Eine Erzählung fehlt in kaum einem Porträt: Anfang der 90er Jahre erwirbt er das Recht, auf dem Gelände von Schloss Schönbrunn in Wien Eis zu verkaufen. Tojner macht fünf Eisstände auf, beschäftigt 20 Mitarbeiter – und verdient „ganz gut“, wie er später im Interview sagt. Mit Anfang 20 hat er die erste Million auf dem Konto – wenn auch nicht in Euro, sondern in Schilling. Für Tojner hat Geld bald eine besondere Bedeutung: „Ich habe immer gemacht, was ich für richtig hielt. Das ist der größte Wert des Geldes: Freiheit“, sagte er einmal.
Varta boomt seit dem Einstieg von Michael Tojner
Der verheiratete Familienvater hat eine glückliche Hand darin, Unternehmen groß zu machen. Nach dem Eis-Abenteuer ist er Mitgründer eines Versandunternehmens für Küchenmaschinen in Ungarn. Über sein Investmenthaus Global Equity Partners investiert er bald in dutzende Firmen und hebt die Sportwettengesellschaft Bet and Win – später bwin – mit aus der Taufe. Dann streckt er die Finger in Richtung Industrie aus. In der Schweiz gründet Tojner die Aktiengesellschaft Montana Tech Components. Diese investiert zielgerichtet in Industriebetriebe. Tojners größter Coup könnte der Kauf der Mikrobatteriensparte von Varta im Jahr 2007 gewesen sein. Besitzer waren zuvor die Deutsche Bank und die Investorenfamilie Quandt. Tojner soll einen zweistelligen Millionenbetrag gezahlt haben.
Varta hatte damals eine Krise durchlebt. Bald aber boomt das Unternehmen in Ellwangen und Nördlingen, das unter anderem Batterien für Hörgeräte herstellt. Als immer mehr schnurlose Geräte auf den Markt kommen, zum Beispiel kabellose Kopfhörer, steigt die Nachfrage nach kleinen Batterien rasant. Auch mit Apple kommt Varta ins Geschäft.
2017 geht Varta an die Börse – für 17,50 Euro pro Aktie, heute kosten die Papiere rund 114 Euro. Das Unternehmen plant, in die Produktion größerer Batteriezellen einzusteigen. Damit ließen sich später zum Beispiel auch Elektroautos ausstatten. Der Batteriehersteller ist heute einige Milliarden Euro wert und hat Tojner nochmals deutlich reicher gemacht. Dieser hält über Montana Tech Components noch immer die Mehrheit an Varta.
Montana Tech Components hat eine breite Flugzeugteile-Sparte
Der Österreicher gilt als jemand, der gerne Grenzen austestet. „Der Unartige“, überschrieb das Magazin Profil ein Porträt über ihn. Tojner macht auch Negativschlagzeilen: Umstritten war sein Plan, am Wiener Heumarkt im Herzen der Stadt zwei moderne Gebäude zu errichten, darunter ein über 66 Meter hohes Wohn- und Geschäftshaus. Jetzt wird neu geplant. Im Jahr 2019 geriet Tojner ins Visier der Justiz in Österreich – wegen Verdacht auf Untreue und gewerbsmäßigen Betrugs im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften im Burgenland. Tojner bestreitet alle Vorwürfe. „Auf zwei Freunde kommen acht Feinde“, fasst er seine Erfahrungen einmal zusammen.
Nun wird dem Österreicher ein Interesse an Premium Aerotec nachgesagt. Premium Aerotec gehört zu 100 Prozent zum Airbus-Konzern. Das Unternehmen wird von der aktuellen Krise der Luftfahrtbranche getroffen und will Arbeitsplätze abbauen. Im Internet kursiert die Spekulation, dass Montana Tech Components den Luftfahrtzulieferer kaufen will. Eine Bestätigung des Schweizer Unternehmens gibt es dafür nicht. Nach Informationen unserer Redaktion sollen auch keine persönlichen Gespräche zwischen Tojner und Ministerpräsident Markus Söder stattgefunden haben.
Also alles heiße Luft? Montana Tech Components hat immerhin eine breite Luftfahrtsparte. Zum Unternehmen gehören vier Luftfahrtzulieferer in der Schweiz, den USA und in Österreich.
Hören Sie sich zum drohenden Stellenabbau auch unseren Podcast von Juli 2020 an:
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