Das war eine dramatische Aktion: Die Eigentümer des Augsburger Panzergetriebe-Herstellers Renk hatten den für 5. Oktober 2023 vorgesehenen Börsengang sozusagen in letzter Minute gestoppt. Eine solche Vollbremsung kurz vor dem Aktienmarkt-Ziel kommt selten vor. Doch im Herbst hatte sich das Börsenumfeld, ausgehend von den USA, schlagartig massiv verdüstert. Renk wollte damals rund 27 Millionen Aktien anbieten. Es bestand die Gefahr, dass der Eigentümer Triton, eine europäische Investmentgesellschaft mit deutschen Wurzeln, deutlich weniger erlöst als angepeilt. Schon Ende 2023 zeichnete sich indes ab: Renk, ein Profiteur der von Kanzler Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende, wird es wieder probieren – und damit nicht allzu lange warten.
Am Mittwoch will Renk den Börsengang wagen – für 15 Euro pro Aktie
Hinter den Kulissen hieß es immer wieder, das Traditions-Unternehmen könnte den neuen Anlauf schon in den ersten drei Monaten des neuen Jahres wagen. Als sich zuletzt die deutsche Börse mit einem Dax-Rekord von ihrer Sonnenseite zeigte, deutete sich an, dass es die Augsburger erneut versuchen könnten, zumal sie sich „kaltstartfähig“ und „börsenfit“ gehalten haben, wie Renk-Chefin Susanne Wiegand immer wieder bildhaft betonte. Ein normaler Weg an den Aktienmarkt ist kein Kurz-, sondern eher ein Langstreckenlauf. So wird lange vor dem Tag, an dem in Frankfurt die Börsenglocke geläutet wird, publik, wann und wie ein Unternehmen sich an die Börse begibt.
Doch in den vergangenen Wochen gab es keine Hinweise, dass Renk schon jetzt durchstarten würde. Umso überraschender kam die Nachricht am Montag: Wenn nicht noch Katastrophen passieren, die wiederum erheblich die Börsen-Laune in den Keller schicken, ist es schon am 7. Februar so weit - also am Mittwoch: Dann wird Renk dank eines speziellen Verfahrens – nämlich einer Privat-Platzierung – in Frankfurt an die Börse gehen. Läuft alles nach Plan, kann Susanne Wiegand an dem Tag die Börsenglocke läuten, wird doch der Handel mit Renk-Aktien aufgenommen. Die Papiere sollen zu einem Preis von je 15 Euro an institutionelle Investoren angeboten werden, sodass Triton rund 450 Millionen Euro erlösen könnte. Kleinanleger haben dann die Chance, sich ab Mittwoch nach dem Börsengang am Markt Renk-Papiere zu kaufen.
Renk ist als Lieferant von Panzer- und Schiffsgetrieben systemrelevant
Beim ersten Versuch wurde hier noch eine Spanne von 15 bis 18 Euro angepeilt. Beim zweiten Anlauf orientiert sich Renk also am unteren Wert der ursprünglichen Bandbreite. Die Investmentgesellschaft Triton bleibt auch nach dem Börsengang vorerst mit knapp 70 Prozent größter Aktionär und gibt dem Unternehmen damit Stabilität. Das ist für Renk wichtig, schließlich ist das Unternehmen als Lieferant von Panzer- und Schiffsgetrieben systemrelevant, bildet also aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiges Standbein der nationalen Sicherheit. So gab es in Kreisen der Gewerkschaft IG Metall zunächst Überlegungen, der Staat könnte mit 25,1 Prozent bei Renk als Anker-Aktionär einsteigen und somit dank der Sperrminorität ein Bollwerk gegenüber einer möglichen feindlichen Übernahme durch ein ausländisches Unternehmen bilden. Dergleichen Gedankenspiele haben sich jedoch zerschlagen.
Dafür wurde nun eine andere Lösung gefunden, um zu verhindern, dass die Augsburger Rüstungs-Firma als börsennotierte Gesellschaft in falsche Hände gerät: Denn der deutsch-französische Panzerbauer KNDS will Renk-Aktien im Wert von 100 Millionen Euro erwerben, wird also nach Triton mit 6,6 Prozent der zweitgrößte Aktionär. Hinter dem Kürzel KNDS stecken der deutsche Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann und das französische Rüstungs-Unternehmen Nexter Systems. Beide Firmen haben sich zusammengeschlossen. KNDS kann weitere Renk-Aktien von Triton kaufen und so den Anteil auf 25 Prozent plus eine Aktie aufstocken. Triton will sich irgendwann ganz aus dem Augsburger Unternehmen zurückziehen.
Nun nähert sich an, was zusammengehört: Denn Renk liefert Getriebe für die Leopard-2-Panzer, die von Krauss-Maffei Wegmann gebaut werden. Was interessant ist: Der Panzerbauer Rheinmetall, Konkurrent von Krauss-Maffei und ebenfalls Renk-Kunde, mischt künftig nicht als Aktionär bei den Augsburgern mit. Dafür konnte Triton noch die Wellington Management Company, einer der weltgrößten Vermögensverwalter in Privatbesitz, für den Einstieg als Langfrist-Investor bei Renk gewinnen. Die rüstungsaffinen Amerikaner sollen Anteile für 50 Millionen Euro kaufen. Damit steht der deutsch-amerikanisch-französische Schutzwall gegen mögliche Übernahme-Attacken aus problematischen Ländern.