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Atomausstieg: Forscher sehen keine Chance für moderne Kernkraftwerke in Deutschland

Atomausstieg

Forscher sehen keine Chance für moderne Kernkraftwerke in Deutschland

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    Hier das Kernkraftwerk Isar 2 in Niederbayern. Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke sollen spätestens am 15. April 2023 vom Netz gehen.
    Hier das Kernkraftwerk Isar 2 in Niederbayern. Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke sollen spätestens am 15. April 2023 vom Netz gehen. Foto: Armin Weigel, dpa

    Durch den Ukraine-Krieg und die Energiekrise waren die Laufzeiten nochmals verlängert worden, am 15. April aber sollen die letzten drei deutschen Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim und Emsland endgültig vom Netz gehen. CDU-Politiker haben aber zuletzt eine Debatte eröffnet, ob nicht eine Generation neuer Kernkraftwerke eine sichere Energieversorgung und Klimaschutz sicherstellen muss. Forscherinnen und Forscher schließen dies aus. "Alle derzeit diskutierten neuen Kernkraftprojekte sind ökonomisch und technisch weder zukunftsfähig noch sinnvoll", fasste ein Team des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin seine Studie zusammen. 

    Atomkraft in Deutschland: Keine Chance für SMR-Technologie, schnelle Brüter und Salzschmelzen

    Die Forscher haben drei Reaktortypen untersucht. Einmal die herkömmliche Leichtwassertechnologie. "Diese Reaktoren waren in den 50er Jahren nicht wettbewerbsfähig und sind es bis heute nicht geworden", berichtete Forschungsdirektor Christian von Hirschhausen. Die "aktuell horrenden Baukosten" für Kernkraftwerke müssten um zwei Drittel reduziert werden, um in einem klimaneutralen Energiesystem einen Anteil von zehn Prozent an der Stromproduktion zu halten.

    Auch den von Microsoft-Gründer Bill Gates propagierten kleinen und mittleren Atomkraftwerken (SMR-Technologie) erteilten die Forscher eine Absage. Hier gebe es zwar Pilotprojekte in den USA, Kanada und Großbritannien. Die Technik sei aber noch teurer. 

    Schließlich gibt es alternative Konzepte wie schnelle Brüter oder Reaktoren, die mit Salzschmelzen arbeiten. Hier seien die meisten Projekte wegen sicherheitstechnischer Mängel und fehlender wirtschaftlicher Perspektiven gestoppt worden. Zudem entstehe in schnellen Brütern atomwaffenfähiges Plutonium. 

    Claudia Kemfert: Atomausstieg bis 15. April möglich – keine Blackout-Gefahr

    Die Abschaltung der drei Atomkraftwerke zum 15. April ist aus Sicht von Professorin Claudia Kemfert problemlos möglich. "Wir haben dann auch kein Versorgungsproblem", sagte die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am DIW. "Die drei verbliebenen AKW machen sechs Prozent an der Stromversorgung aus, dies kann durch andere Kapazitäten problemlos ersetzt werden", erklärte sie. "Es gibt auch keine Gefahr eines Blackout." 

    So sieht man es auch im bayerischen Wirtschaftsministerium. Im Freistaat liegt das Kernkraftwerk Isar 2. „Die spätestens am 15. April erfolgende Abschaltung wird sich nicht unmittelbar auf die Verbraucher auswirken“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion. Isar 2 hat im Zuge der Laufzeitverlängerung vom 1. Januar 2023 bis zum 23. Februar 2023 rund 1,6 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2022 ganze 576,6 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert.

    Um eine kostengünstige Stromversorgung Bayerns zu sichern, sei allerdings eine Reihe von Maßnahmen erforderlich. Dazu zählt das Aiwanger-Ministerium den Ausbau der erneuerbaren Energien, des Stromnetzes und den Bau von Reserve-Gaskraftwerken wie in Leipheim, das ab diesem Sommer zur Verfügung stehen wird. 

    FDP-Politikerin Judith Skudelny: Bestehende Kernkraftwerke einsatzbereit halten

    Kritischer ist die FDP. "Ich sehe zwar nicht, dass wir in Deutschland neue Kernkraftwerke bauen, das ist aus meiner Sicht illusorisch", sagte die Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny in Berlin. Nicht sicher sei aber, dass die Energieversorgung auch kommenden Herbst und Winter garantiert ist. "Die letzten deutschen Atomkraftwerke sollten deshalb nicht zurückgebaut, sondern einsatzbereit gehalten werden", forderte sie. "Es wäre klug, jetzt schon neue Brennelemente zu erwerben." Auf lange Sicht sei sie ein Fan der Kernfusion. 

    Frankreich prüft unterdessen den Bau von mehr als 14 neuen Atomkraftwerken bis zum Jahr 2050 – mehr als bisher angekündigt. Zur Begründung verweist die Regierung auf den Klimaschutz. 

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