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Arbeitsschutz: Vorbild Frankreich: Brauchen Arbeitnehmer im Homeoffice Pflichtpausen?

Arbeitsschutz

Vorbild Frankreich: Brauchen Arbeitnehmer im Homeoffice Pflichtpausen?

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    Braucht es mehr Zwang, damit Arbeitnehmer abschalten?
    Braucht es mehr Zwang, damit Arbeitnehmer abschalten? Foto: Sven Hoppe, dpa

    Natürlich setzt sich Elodie auch am Abend nochmals an ihren Dienstlaptop, wenn eine wichtige Mail von den Kollegen kommt, anstatt mit der Antwort auf den nächsten Morgen zu warten. In Zeiten der Ausgangssperre, die in Frankreich derzeit ab 18 Uhr gilt, hat die junge Frau, die für eine Supermarkt-Kette arbeitet, abends ohnehin nichts vor: „Ich arbeite im Homeoffice noch mehr als sonst, weil die Zeit nach hinten offen ist.“

    Eine klare Regelung, die Arbeits- und Ruhezeiten festlegt, gibt es in ihrem Unternehmen nicht. Dabei wäre dies vorgeschrieben, seit Frankreich 2017 als erstes Land in der Europäischen Union das Recht auf digitale Unerreichbarkeit eingeführt hat. Firmen mit mindestens 50 Mitarbeitern müssen danach per Betriebsvereinbarung festlegen, wann die Beschäftigten ihre Computer und beruflich genutzten Handys abschalten dürfen, ja sogar sollen. Um Überlastungen oder gar Burnouts zu vermeiden, sollen sie vor Anrufen, Mails und Anfragen an Abenden, Wochenenden oder im Urlaub geschützt werden.

    Das Abschalten gelingt im Homeoffice immer weniger

    Nachdem das Europäische Parlament jetzt für ein EU-weites Recht auf Nichterreichbarkeit eintritt und die Kommission zum Erlassen eines entsprechenden Gesetzes aufgefordert hat, blicken auch die Politiker anderer Länder nach Frankreich. Die dortige Regelung allerdings ist wenig effizient. An der Ausarbeitung der jeweiligen Vorgaben sollen der Betriebsrat oder Personalvertreter beteiligt sein.

    Doch für den Fall, dass sie zu keiner Einigung mit der Unternehmensführung gelangen, sieht das Gesetz keinerlei Verpflichtung dazu und auch keine Sanktionen vor. Der Fall eines Arbeitnehmers, der 2018 nach einem Rechtsstreit mit seiner Firma mehr als 60.000 Euro zugesprochen bekam, weil diese ihn zur Erreichbarkeit über die normalen Arbeitszeiten hinaus zwang, war eine Ausnahme.

    Arbeiten im Homeoffice bedeutet für viele Arbeitnehmer Stress und Überstunden.
    Arbeiten im Homeoffice bedeutet für viele Arbeitnehmer Stress und Überstunden. Foto: Jens Kalaene, dpa

    Nur eine Minderheit der Arbeitgeber hat seit 2017 ein eigenes Regelwerk ausgearbeitet. Dazu gehört etwa die Stadt Paris, die eine „Anleitung zum Abschalten“ herausgab; einige wenige Firmen forderten Mitarbeiter dazu auf, ihre Signaturen mit einem Zusatz zu versehen wie: „Wenn Sie diese Mail während ihrer Ruhezeit erhalten, müssen Sie nicht sofort darauf antworten.“ Vergleichende Studien zeigen allerdings, dass die Zahl der Franzosen steigt, die ihre Arbeit inzwischen auch während des Urlaubs als immer präsenter empfinden: Allein von 2018 auf 2019 wuchs ihr Anteil von 62 auf 71 Prozent. Das Abschalten gelingt demnach immer weniger, als verantwortlich gilt das Smartphone – Gesetz hin oder her.

    Ständige Erreichbarkeit schadet der Gesundheit

    In Deutschland gaben bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im vergangenen Jahr drei von vier Berufstätigen an, nach Feierabend und am Wochenende Dienstmails und Anrufe zu beantworten. Gleichzeitig allerdings wollen 60 Prozent der Befragten in ihrer Freizeit am liebsten ungestört sein. Ständige Erreichbarkeit, warnt auch die AOK unter Berufung auf verschiedene medizinische Studien, „schadet unserer Gesundheit“. Der Alarmzustand, in dem Beschäftigte sich befänden, solange sie auf eingehende Nachrichten, Anrufe etc. warteten, sei eine körperliche und psychische Dauerbelastung und manifestiere sich in langfristigen Krankheitsbildern wie Bluthochdruck, Diabetes und Infektionskrankheiten.

    Außerdem können der ständige Erreichbarkeitsdruck und das Warten auf Nachrichten zu Schlafstörungen und einem Verlust der Erholungsfähigkeit führen. Nur gesunde, zufriedene Mitarbeiter könnten gute Arbeitsergebnisse ableisten, warnt auch Lisa Allegra Markert vom Branchenverband Bitkom. Viele Unternehmen, insbesondere aus der Digitalwirtschaft, gingen hier bereits mit gutem Beispiel voran und böten zum Beispiel umfangreiche Sport- und Meditationsprogramme an. Andere haben wie BMW, Volkswagen oder der Versicherungskonzern Axa längst Betriebsvereinbarungen mit ihren Betriebsräten und Belegschaften abgeschlossen, in denen für Tarifangestellte ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit festgeschrieben ist.

    Das Europaparlament will ein Recht auf Nichterreichbarkeit

    Ist Frankreich also ein Vorbild für Deutschland? Mobile Arbeit bedeute gerade nicht, ständig erreichbar zu sein, sagt der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke. Ein spezielles Recht auf Nichterreichbarkeit, wie das Europäische Parlament es nun erzwingen will, halte er daher nicht für erforderlich. „Unser Arbeitszeitgesetz mit täglichen Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten nach Arbeitsende bietet bereits einen sicheren Rahmen zum Schutz der Beschäftigten.“ Er setze auf die Verantwortung der Tarifvertragsparteien. „Sie wissen am besten, was in den Betrieben im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung notwendig und praxisgerecht ist.“

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