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Arbeitsmarkt: Wie Deutschland mehr Fachkräfte bekommen soll

Arbeitsmarkt

Wie Deutschland mehr Fachkräfte bekommen soll

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    Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil legten zwei Gesetze vor, die helfen sollen, den Fachkräftemangel zu beheben.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil legten zwei Gesetze vor, die helfen sollen, den Fachkräftemangel zu beheben. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    In Deutschland gab es im vergangenen Jahr rund zwei Millionen offene Stellen. Höchstwert. Es fehlen Fachkräfte, in sehr vielen Branchen, pro Jahr sind es rund 400.000. Das soll sich schnellstens ändern, weshalb am Mittwoch zwei Gesetze - zur Fachkräfteeinwanderung und zur Aus- und Weiterbildung - ins Bundeskabinett gingen, mit denen die Ampel-Regierung ihrem fortschrittlichen Anspruch mehr gerecht werden könnte, als es der fast nicht endende Koalitionsausschuss hat glauben machen.

    Konkret geht es darum, die Einwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern zu steigern. Berufsabschlüsse sollen hierfür leichter anerkannt werden: Wer nach Deutschland will und einen Abschluss hat, soll künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben können. Sprich: Eine ausländische Mechanikerin, die nach ihrer Ausbildung allerdings als Logistikfachkraft gearbeitet hat, könnte diese zum Beispiel dann in Bayern im Lager eines Automobilzulieferers fortsetzen. Das ging vorher nicht einfach so. 

    Fachkräftemangel: Anerkennungsverfahren sollen verkürzt werden

    Auch Anerkennungsverfahren sollen verkürzt werden. Ein zweites Beispiel: Eine brasilianische Solartechnikerin - ausgebildet an einem Community College - hat viele Jahre in einem Solarinstallationsbetrieb eines Verwandten gearbeitet. Nun entscheidet die Alleinerziehende, mit ihrer Tochter nach Deutschland zu kommen, weil ihr hier die wirtschaftliche Perspektive aussichtsreicher erscheint. Im Augenblick hätte die Frau noch ein kompliziertes Anerkennungsverfahren vor sich. Künftig braucht sie nur noch einen Arbeitgeber in Deutschland, der ihr genügend zahlt. Ihre mehr als zweijährige Berufserfahrung reicht. 

    Wer nach Deutschland kommen will und noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland hat, dem soll eine sogenannte "Chancenkarte" helfen. Das kanadische Einwanderungsrecht ist das Vorbild. Kriterien sind die Qualifikation, Deutsch- und Englischkenntnisse, die Berufserfahrung, der Deutschlandbezug, das Alter und Lebens- beziehungsweise Ehepartner. Ein drittes Beispiel: Ein Georgier hat die Berufsschule für Bauwesen abgeschlossen, kennt sich aber auch mit Schweißtechnik aus. Diese Fertigkeit will er vertiefen. Im Ausland, in Deutschland, wo er sehr gebraucht wird. Mit der Chancenkarte hätte er nun die Möglichkeit, sich in Deutschland ein Jahr lang um einen Job als Schweißer zu bemühen, dabei einen Nebenjob zu machen und zugleich seine Sprachlücken zu schließen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte bei der Vorstellung der Novelle vor der Bundespressekonferenz: "Wir wollen die Willkommenskultur weiter stärken. Wir wollen, dass sich nicht nur die Fachkräfte, sondern auch ihre Familien in Deutschland zu Hause fühlen."

    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil: "Wir werden alle Register ziehen"

    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sekundierte: "Wir werden alle Register ziehen." Weshalb Deutschland auch eine "Weiterbildungsrepublik" werden müsse. So soll die Weiterbildungsförderung für Firmen durch feste Fördersätze vereinfacht und für alle Betriebe geöffnet werden. Davon sollen vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen profitieren. Zum Beispiel ein klassischer Autozulieferer, der für den E-Markt umsatteln muss. Zugleich will die Koalition die Azubis stärken. "Das Land braucht nicht nur Masterinnen und Master, sondern auch Meisterinnen und Meister."

    Geplant ist unter anderem eine Ausbildungsplatzgarantie. Wer - in Bayern zwar schwer vorstellbar, aber in manchen Regionen Realität - keine Azubi-Stelle findet, soll notfalls auch außerbetrieblich ausgebildet werden. Zudem ist eine Mobilitätsprämie vorgesehen, die einen Umzug erleichtern soll. Eine Ausbildung ist elementar für ein Erwerbsleben. Denn - auch das gehört zur Realität in der Fachkräftemangel-Republik - von den rund zwei Millionen Langzeitarbeitslosen in Deutschland sind laut Minister Heil zwei Drittel ohne Berufsausbildung.

    Handwerkskammer Schwaben: Zuwanderung ist eine wichtige Säule der Fachkräftesicherung

    Wolfgang Haschner, Leiter des Geschäftsbereichs Berufliche Bildung bei der IHK Schwaben, bewertet die Regierungsinitiativen so: „Die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes enthält viele richtige Ansätze." Aus Sicht der Wirtschaft steckten aber noch zu viele bürokratische Vorgaben im Beschluss - etwa bei der Chancenkarte. Haschner vermisst zudem Maßnahmen, die die Arbeit der Konsulate und Ausländerbehörden beschleunigen.

    Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben, kommentierte die Gesetzesnovellen auf Anfrage so: "Das geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Die Zuwanderung ist eine wichtige Säule der Fachkräftesicherung. Es braucht nun schnell beschleunigte Verfahren. Vor allem unsere Handwerksbetriebe müssen passgenau unterstützt werden, um ausländische Fachkräfte rasch zu qualifizieren und beschäftigen zu können“.

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