Das Gesundheitswesen ist die am stärksten vom Fachkräftemangel betroffene Branche in Deutschland. Rund 47.400 Stellen konnten im Jahresdurchschnitt 2023/2024 nicht mit passend qualifizierten Bewerbern besetzt werden. Das geht aus Berechnungen des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor.
Die meisten Engpässe in dem Wirtschaftszweig gibt es demnach mit knapp 11.600 Stellen bei Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten. Bei zahnmedizinischen Fachangestellten sind es 7.350, in der Gesundheits- und Krankenpflege 7.100. Die Alterung der Gesellschaft könnte den Mangel noch vergrößern.
«Eine alternde Bevölkerung führt zu einem steigenden Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen. Dadurch wächst die Belastung auf die vorhandenen Fachkräfte», schreiben die Studienautoren. Das Gesundheitswesen lag in der Branchen-Rangliste bereits in den Vorjahren auf dem ersten Platz.
Fachkräftelücke trägt zu Schwierigkeiten beim Wohnungsbau bei
Die zweitgrößte Fachkräftelücke gibt es im Bereich vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe. Hier sind etwa 42.000 Jobs nicht besetzbar. Besonders viele entfallen mit 10.350 auf Bauelektrik sowie auf Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (8.700). Die Engpässe tragen der Studie zufolge auch zum schleppenden Wohnungsbau bei.
Mit 41.250 am drittmeisten Fachkräfte fehlen im Wirtschaftszweig «öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung». Stark betroffen sind besonders die öffentliche Verwaltung, Sozialarbeit und -pädagogik sowie Kinderbetreuung und -erziehung. Auf den Plätzen vier und fünf im Ranking liegen die Branchen Einzelhandel (29.800) und Sozialwesen (28.000), Heime nicht inbegriffen.
Situation zwingt viele Beschäftigte, ihre Arbeitszeiten zu reduzieren
Ein Problem sieht Kofa-Experte Philipp Herzer vor allem in den Engpässen im Sozial- und Gesundheitswesen. Diese könnten sich demnach negativ auf den Fachkräftemangel in anderen Berufen auswirken. Ein knappes Angebot an Dienstleistungen der Daseinsfürsorge, etwa in Kitas und Pflegeheimen, müsse oft privat aufgefangen werden und zwinge Eltern und Pflegende, ihre Wochenarbeitszeiten zu reduzieren.
Die Fachkräftelücke hat sich zuletzt insgesamt leicht verringert. Zwischen Juli 2023 und Juni 2024 fehlten im Schnitt etwa 532.000 passend qualifizierte Arbeitsuchende. Das waren knapp 13 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Historisch bleibt der Fachkräftemangel laut Studie jedoch weiterhin auf «sehr hohem Niveau».
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