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Arbeit: Wenn eine Brauerei plötzlich Deutschunterricht gibt

Arbeit

Wenn eine Brauerei plötzlich Deutschunterricht gibt

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    In einem firmeneigenen Deutschkurs erhalten bei Schwarzbräu unter anderem Albert Popaj (links) und Robert Gondek Unterricht bei Paula Gärtner.
    In einem firmeneigenen Deutschkurs erhalten bei Schwarzbräu unter anderem Albert Popaj (links) und Robert Gondek Unterricht bei Paula Gärtner. Foto: Marcus Merk

    Jeden Mittwoch um halb vier, wenn Robert Gondek, 40, seine Tour beendet und die Menschen in der Umgebung mit Getränken und frischem Bier versorgt hat, schwingt er sich aus dem Fahrersitz. Statt aber sofort nach Hause zu seiner Frau, der Tochter und dem Sohn zu fahren, greift der gebürtige Pole zum Deutschbuch und lernt eineinhalb Stunden Grammatik und Vokabeln. Mit dabei ist Albert Popaj, 44, der vor zwei Monaten aus dem Kosovo nach Deutschland kam und bei der Brauerei Schwarzbräu in Zusmarshausen in der Flaschensortierung arbeitet, Leimar Ardila, 43, der zwei Kinder hat und dort als Kommissionierer tätig ist, und zwei weitere ihrer Kollegen. Im Deutschkurs geht es heute um Sätze in der Vergangenheit. "Ich male, ich habe gemalt. Ich mache Sport, ich habe Sport gemacht. Ich lese, ich habe gelesen..." 

    Um ausländischen Fachkräften den Einstieg im Unternehmen zu erleichtern, hat die Brauerei Schwarzbräu eine eigene, firmeninterne Sprachschule ins Leben gerufen. Beschäftigte aus dem Ausland erhalten ein Fundament, um sich hierzulande im Alltag und im Unternehmen verständigen zu können. Damit will Schwarzbräu eine Lücke schließen. Denn in den Landkreisen seien Sprachschulen meist weit entfernt. 

    Durch Arbeitskräfte aus dem Ausland wird die Belegschaft internationaler

    Schwarzbräu ist eine mittelständische Brauerei, deren Geschichte bis ins Jahr 1648 zurückreicht. Die rund 85 Beschäftigten sind meist lange Jahre an Bord, durch den Arbeitskräftemangel in Deutschland und die Suche nach Unterstützung im Ausland wird die Belegschaft seit einiger Zeit internationaler. "Gerade in der Logistik ist unser Unternehmen sehr international aufgestellt", beschreibt es Carina Schwarz, zuständig für die Personalentwicklung. "Fehlende Sprachkenntnisse haben sich dabei als ein immer wiederkehrendes Problem erwiesen", sagt sie. 

    Gestandene Männer pauken bei Schwarzbräu Deutsch.
    Gestandene Männer pauken bei Schwarzbräu Deutsch. Foto: Marcus Merk

    Wer Getränke an Kunden ausliefert, muss sich mit ihnen unterhalten können. Wenn es auf dem Weg Probleme oder Verzögerungen gibt, muss man mit der Firmenleitung per Telefon Rücksprache halten können. Im Betrieb ist es wichtig zu verstehen, was Kollegen gemeinsam absprechen. 

    Wer nach Augsburg zum Sprachkurs und zurück fährt, ist erst recht spät zu Hause

    Zwar könnten die Beschäftigten Sprachkurse in Augsburg besuchen, sagt Carina Schwarz, die Stadt Augsburg ist aber rund 25 Kilometer entfernt. "Nach einem Sprachkurs in Augsburg wären unsere Mitarbeiter am Abend erst um 8 oder 9 Uhr zu Hause, früh geht der Dienst aber schon wieder los. Wir wollten unsere Mitarbeiter deshalb unterstützen und einen Inhouse-Sprachkurs gleich am Unternehmen anbieten." 

    Die Wegstrecke entfällt, die "Schüler" sparen sich Zeit, das Unternehmen profitiert von den besseren Deutschkenntnissen und für alle gemeinsam gelingt die Integration ins Schwarzbräu-Team. Eine Win-win-Situation. Trotzdem ist das Angebot für einen mittelständischen Betrieb wie Schwarzbräu ungewöhnlich. 

    Der Deutschkurs findet jede Woche zwei Mal statt.
    Der Deutschkurs findet jede Woche zwei Mal statt. Foto: Marcus Merk

    Stühle stehen im Kreis um einen Tisch, vor den Schülern liegen Stifte, Hefte, Bücher, die Sprachlehrerin hat ihren Laptop aufgeklappt, der Beamer projektiert die Übungen auf eine Leinwand. Die Brauerei hat einen Raum im Erdgeschoss des Verwaltungsgebäudes für ihre kleine Sprachschule freigeräumt. Durch das Fenster fällt der Blick in den Innenhof, auf Bierlaster, Kästen, Fässer. Innen aber herrscht Volkshochschul-Atmosphäre. Stetes Wiederholen und Üben hilft, die Sprache zu verinnerlichen. Bei Erwachsenen ist es nicht anders als bei Kindern. "Ich habe gekauft, du hast gekauft, er hat gekauft..." In kleinen, alltagsnahen Dialogen wird das Gelernte sofort angewendet. Jeder darf Fehler machen. "Hast du gestern Freunde eingeladen?" – "Nein, ich habe keine Freunde eingeladen." "Hast du gestern gearbeitet?“ – "Ja, ich habe gearbeitet." Per Pantomime spielen sich die Sprachschüler kleine Szenen vor, das Gegenüber bildet die Sätze. Manchmal kommt es zu Verwechslungen, es wird auch gelacht im Sprachkurs.

    Eine frühere Gymnasiallehrerin unterrichtet Deutsch

    Die neuen Arbeitskräfte kommen bei der Brauerei Schwarzbräu häufig aus europäischen Ländern wie Kroatien, Bulgarien, Italien, Polen. Im EU-Binnenmarkt genießen Arbeitnehmer Freizügigkeit. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Deutschkenntnisse teilweise nicht vorhanden, teilweise sehr ausbaufähig sind. In erster Linie richtet sich die kleine Schwarzbräu-Sprachschule deshalb an Europäer. Die Brauerei hat auch Beschäftigte, die als Asylbewerber hierherkamen. Interessanterweise ist deren Deutsch bereits häufig besser. "Asylbewerber haben häufig bereits Integrations- und Deutschkurse besucht", erklärt Carina Schwarz. Bei einem Mitarbeiter aus Eritrea habe sich zum Beispiel schnell herausgestellt, dass er zu gut für den Anfänger-Deutschkurs war. 

    Der gesamte Kurs von Paula Gärtner.
    Der gesamte Kurs von Paula Gärtner. Foto: Marcus Merk

    Für den Kurs hat das Unternehmen eine Sprachlehrerin angestellt. Paula Gärtner unterrichtet zweimal 1,5 Stunden pro Woche im Unternehmen, seit November 2022. Davor war sie 38 Jahre an einem Gymnasium tätig. "Ich habe den Beruf sehr gerne gemacht", erklärt sie ihre Motivation für die Firmen-Sprachschule. Erfahrung im Unterricht mit Einwanderern hat sie in Ursberg gesammelt, wo sie Geflüchteten aus der Ukraine Deutsch beigebracht hat. Ihren Sprachschülern kleine Hausaufgaben mitzugeben, hat sich bewährt. Heute bringen die Männer einfache Sätze aus dem Schulalltag ihrer Kinder mit. "Mein Sohn hat am Montag von 9 Uhr 45 bis 10 Uhr 30 Physik. Meine Tochter hat am Dienstag Englisch..." Auch wenn die Zeit mit der Familie zu Hause knapp ist, seien die Männer mit dem Lernen fleißig, sagt sie. 

    Wichtig sei, dass die Menschen durch ihre Sprachkenntnisse besser im Betrieb zurechtkommen, sagt Firmeninhaber Leopold Schwarz. Die Uhrzeit in Deutsch sagen zu können, hilft dabei genauso wie Vokabular, das im Brauerei-Alltag auftaucht. Wörter wie Gabelstapler, Kasten, Kunde. "Besseres Deutsch kommt unseren Mitarbeitern auch im privaten Umfeld zugute, im Alltag, beim Einkauf, im Sport", sagt er. Dies ist wichtig, damit die Zugezogenen Anschluss finden. Gelingt es, hat er eine Chance, die neuen Mitarbeiter ähnlich lange behalten zu können wie die einheimischen Kräfte.

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