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Apotheken-Streik in Bayern heute (22.11.23): Die Gründe

Protest

Die meisten Apotheken in Bayern bleiben heute geschlossen

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    Bayerns Apotheken wollen am Mittwoch streiken.
    Bayerns Apotheken wollen am Mittwoch streiken. Foto: Uli Deck, dpa

    Hunderte Apotheken in Bayern werden am heutigen Mittwoch geschlossen bleiben. Grund ist ein bundesweiter Protest der Apothekerschaft, an dem sich an diesem Tag die Verbände aus Bayern und Baden-Württemberg beteiligen. "Wir gehen davon aus, dass sich rund 90 Prozent der bayerischen Apotheken an dem Protest beteiligen werden," sagte Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbandes. Die teilnehmenden Apotheken dürften diesen Mittwoch zum großen Teil ganztätig geschlossen haben oder einen sehr eingeschränkten Service bieten. Die Verbände wollen am Mittwoch bei einer zentralen Kundgebung in Stuttgart auf die Straße gehen. Schon im Juni gab es Proteste.

    Patientinnen und Patienten, die Medikamente benötigen, sollten sich auf den Apotheken-Streik einstellen. "Wer einen planbaren Arzneimittelbedarf hat und zum Beispiel regelmäßig Blutdruck- oder Schilddrüsenmedikamente benötigt, besorgt diese am besten schon am Dienstag oder verschiebt es auf den Donnerstag und die Folgetage", rät Metz. Einen Apotheken-Notdienst wird es aber auch am Mittwoch geben. Wer zum Beispiel ein Schmerzmittel oder ein verschriebenes Antibiotikum benötigt, kann dies in den Notdienst habenden Apotheken bekommen. Welche Apotheke Notdienst hat, findet man zum Beispiel über die Seite www.aponet.de und die Suchfunktion "Apotheke finden" heraus. 

    Streik am 22.11.2023: Zahl der Apotheken sinkt auch in Bayern

    Die Apotheken wollen mit dem Protest auf ihre Lage aufmerksam machen. Die Stimmung in der Branche ist schlecht. In den vergangenen Jahren haben viele Apotheken aufgegeben. In Bayern sank die Zahl innerhalb von zehn Jahren um fast 500. Gab es Ende 2013 noch 3304 Apotheken im Freistaat, sind es derzeit noch 2818. 

    Fällt in kleineren Orten auf dem Land die Apotheke weg, werden die Wege zur nächsten Apotheke länger. Gerade Seniorinnen und Senioren wären mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht selten einen halben Tag unterwegs, um ein Medikament zu besorgen, argumentiert Metz. "Aber auch in den Städten arbeiten Apotheken durch Bürokratie, Arzneimittelengpässe und den Fachkräftemangel am Anschlag", sagt er. "Schließt eine Apotheke, kann dies von den benachbarten Apotheken kaum noch ausgeglichen werden." 

    Forderung der Apotheker: Pauschale von 8,35 Euro auf 12 Euro erhöhen

    Eine Kernforderung der Apothekerinnen und Apotheker ist es, die fixe Pauschale von 8,35 Euro pro abgegebener Packung zu erhöhen. „Die Vergütung der Apotheken wurde 2013 letztmalig angepasst", kritisiert Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, kurz ABDA. "Die aktuelle Bundesregierung hat das Honorar sogar abgesenkt", sagte sie unserer Redaktion. Im Februar dieses Jahres ist nämlich der Rabatt, den Apotheken den Krankenkassen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren müssen, angehoben worden. Von 1,77 auf zwei Euro pro Packung. 

    Damit soll ein Beitrag für stabilere Finanzen der Krankenkassen geleistet werden. "De facto ist das Honorar also auf dem Stand von 2004", sagt Overwiening. "Wir fordern daher dringend eine Erhöhung, die der Kostenentwicklung und der Inflation gerecht wird", so die Präsidentin. Angemessen hält der Bayerische Apothekerverband zwölf Euro.

    ABDA-Präsidentin Overwiening warnt vor weiteren Apotheken-Schließungen

    Der Protest der Apotheker richtet sich auch gegen Pläne von SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach, die Gründung von Filialapotheken zu erleichtern. In diesen müssten dann kein approbierter Apotheker vertreten sein. Die Beratung könnte auch per Video über die Hauptapotheke erfolgen. ABDA-Präsidentin Overwiening lehnt dieses Konzept als "Scheinapotheken" scharf ab: "Wir fordern, dass das Bundesgesundheitsministerium seine aktuellen Pläne für den Apothekenmarkt restlos streicht", sagt sie. "Anstatt das System wirtschaftlich zu stärken, will das Ministerium dafür sorgen, dass viele Apotheken keine Notdienste mehr machen oder Arzneimittel-Herstellungen anbieten müssen. Auch Apotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker soll es geben. Eine solche Zwei-Klassen-Versorgung müssen wir verhindern!", erklärt sie. "Es kann nicht sein, dass es in manchen Regionen nur noch solche Scheinapotheken gibt."

    Die ABDA-Präsidentin warnt vor einem Apotheken-Sterben: „Immer mehr Apotheken geraten unter großen wirtschaftlichen Druck", sagt sie. Mit Blick auf den Fachkräftemangel, den Honorar-Stillstand und die anstehenden Tarifverhandlungen für die Apothekenangestellten werde die Lage immer ernster. "Daher rechnen wir damit, dass bis zum Ende dieses Jahres bundesweit insgesamt bis zu 600 Apotheken schließen könnten", sagt sie. "Schon in den ersten neun Monaten des Jahres 2023 ist die Apothekenzahl um weitere rund 340 Betriebsstätten gesunken. Im EU-Vergleich liegen wir bei der Apothekendichte nun auf einem der hintersten Ränge." 

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