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Aktienmarkt: Warum Renk völlig überraschend seinen Börsengang absagt

Aktienmarkt

Warum Renk völlig überraschend seinen Börsengang absagt

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    Ein Getriebezahnrad von Renk - Das Unternehmen hat am Mittwochabend überraschend seinen geplanten Börsengang abgesagt.
    Ein Getriebezahnrad von Renk - Das Unternehmen hat am Mittwochabend überraschend seinen geplanten Börsengang abgesagt. Foto: Stefan Puchner, dpa (Archivbild)

    Über Monate hatte der Augsburger Spezialist für Antriebs- und Steuerungstechnik Renk darauf hingearbeitet, den Emissionsprozess voranzutreiben, aber es kam ganz anders. Eigentlich hätte Renk-Chefin Susanne Wiegand am Donnerstag auf dem Frankfurter Börsenparkett stehen wollen. Dann hätte sie oder ihr Finanzvorstand Christian Schulz gegen 9.15 Uhr die berühmte Glocke geläutet. 

    Viel Konjunktiv. Denn: Wie Renk am späten Mittwochabend bekannt gab, wurde die vor knapp vier Wochen angekündigte Rückkehr an die Börse abgesagt. Das Unternehmen selbst teilte zu den Gründen nicht viel mit. In der Meldung heißt es lediglich, dass sich das Marktumfeld in den vergangenen Tagen "spürbar eingetrübt" habe. Wie es weiter heißt, werde die Option eines Börsengangs zu einem späteren Zeitpunkt von Renk und dem Eigentümer Triton geprüft. 

    Renk sagt spontan Rückkehr an die Börse ab: Das ist der Grund

    Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, erläutert den abgesagten Börsengang so: "Wenn man als Unternehmen etwas aus der Hand gibt, das einem so lieb ist wie die eigene Tochter, will man natürlich den besten Preis erzielen. Mein Eindruck ist: Das Umfeld ist gerade nicht so. Die Stimmung an den Börsen hat sich gerade in den vergangenen Tagen verschlechtert – nicht zuletzt durch die Entwicklung im US-Kongress. Die Konjunktur ist schwierig. Und Renk ist ja nicht nur ein Rüstungszulieferer, sondern macht auch Umsatz mit der Energiewende." Halver sagt zwar auch, dass so eine kurzfristige Absage selten ist, er hält sie allerdings auch nicht für ungewöhnlich. "Das behalten sich Unternehmen immer vor. Der Renk-Rückzieher war nicht der erste und wird auch nicht der letzte eines Unternehmens sein." Zugleich ist der Börsen-Spezialist zuversichtlich. Er meint: "Wenn sich das Marktumfeld wieder verbessert, dann wird Renk auch einen höheren Ausgabepreis erzielen." 

    Die Preisspanne für den nun einkassierten Börsengang war zwischen 15 und 18 Euro pro Aktie festgelegt gewesen. Das sogenannte erwartete Platzierungsvolumen hätte – je nachdem welcher Ausgabepreis erzielt worden wäre – zwischen 405 und 486 Millionen Euro gelegen. 81 Millionen Euro mehr oder weniger macht natürlich einen Unterschied. Früheren Renk-Angaben zufolge hätten bis zu 27 Prozent der Unternehmensanteile ausgegeben werden sollen. Die Muttergesellschaft Triton wäre mit 73 Prozent vorerst größter Anteilseigner geblieben. 

    Aus Kreisen hieß es am Donnerstag aber, dass der Versuch, die Aktien zu verkaufen nicht so schwungvoll verlaufen sei wie erwartet. 

    Triton, eine auf mittelständische Unternehmen spezialisierte Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Frankfurt, hatte Renk 2020 vom Volkswagen-Konzern erworben, der die Renk-Mehrheit wiederum durch die Übernahme von MAN erhalten hatte. Renk wurde zur GmbH umgewandelt und war seit Februar 2021 nicht mehr an der Börse notiert. 

    Firma Renk aus Augsburg stellt unter anderem Getriebe für Panzer her

    Renks Geschäft profitiert von der Zeitenwende. Das Unternehmen mit seinen insgesamt 19 Standorten weltweit fertigt unter anderem die Getriebe für unterschiedliche Panzer und Kettenfahrzeuge in vielen Armeen. Ein Großteil des Umsatzes – rund 70 Prozent – macht Renk mit Rüstungsgütern, aber auch die Energiewende treibt das Geschäft an (rund 30 Prozent). So stellt man etwa auch Getriebe für Industrieanlagen her, die zum Beispiel in Wärmepumpen eingesetzt werden. 2022 betrug der Gesamtumsatz 849 Millionen Euro, für das laufende Geschäftsjahr werden bis zu einer Milliarde erwartet. Der Laden brummt. Am mit Abstand größten Standort Augsburg sind laut Wiegand mehr als 100 Stellen offen.

    In diesem Kontext ist dann auch Wiegands Äußerung später am Donnerstag zu verstehen: „Wir haben in unseren zahlreichen Gesprächen mit Investoren ausgesprochen positives Feedback bekommen. Unser Geschäftsmodell, unsere hervorragende Marktposition sowie unsere Strategie haben überzeugt. Wir werden uns weiterhin mit voller Kraft auf die Realisierung unserer Wachstumsziele konzentrieren.“ Soll heißen: aufgeschoben ist nicht aufgehoben. 

    Das wünschen sich die Arbeitnehmer nach Renks gescheiterten Börsengang

    Wie sieht die Arbeitnehmer-Seite die Angelegenheit? Ein IG-Metall-Sprecher sagte auf Anfrage, dass die kurzfristige Absage des Börsengangs für Unsicherheit in der Belegschaft sorge. Wichtig sei es, dass das Unternehmen jetzt möglichst schnell Klarheit herstelle, wie es weitergeht. 

    Und dann wiederholt der Sprecher die schon länger von der Gewerkschaft erhobene Forderung: "Unabhängig vom Börsengang ist entscheidend, langfristige Investoren zu finden, die die aktuelle Strategie, weiter in Technologie, Wachstum und Standorte zu investieren, unterstützen. Wünschenswert sind zudem Investoren, die nicht nur das militärische Geschäft im Blick haben – auch das zivile Geschäft mit Industriegetrieben, Gleitlager, Federungssystemen, Kupplungen und Prüfsystemen sollte weiterentwickelt werden. Und es braucht einen nationalen Ankerinvestor. Das kann der Bund sein oder ein Beauftragter des Bundes.“

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