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Agrarpolitik: Wie viel ist der Politik die Landwirtschaft wert?

Agrarpolitik

Wie viel ist der Politik die Landwirtschaft wert?

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    Bundesweit protestieren Bäuerinnen und Bauern gegen geplante Kürzungen bei den Agrarsubventionen.
    Bundesweit protestieren Bäuerinnen und Bauern gegen geplante Kürzungen bei den Agrarsubventionen. Foto: Christian Rudnik

    Der Kabinettsbeschluss hatte zwar keine konkrete rechtliche Grundlage, sollte aber den Wert und die Bedeutung der Landwirtschaft hervorheben: Am 23. März 2020 beschloss das damalige Bundeskabinett unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Anerkennung der Land- und Ernährungswirtschaft als systemrelevante Infrastruktur. Seitdem ist die „Absicherung einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln“ ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen Daseinsvorsorge. Im Hupkonzert der Traktoren und in der aufgeregten Debatte über die Agrarsubventionen geht das gerade ein wenig unter. 

    Der Blick in den Subventionsbericht der Regierung zeigt, dass der Protest der Bäuerinnen und Bauern gegen einseitige Kürzungen offenbar seine Berechtigung hat, denn andere Bereiche werden weitaus stärker finanziell unterstützt. Der größte Anteil der aufgeführten Subventionen – Finanzhilfen und Steuervergünstigungen zusammen – kommt demnach mit 26,9 Milliarden Euro der gewerblichen Wirtschaft zugute. 22,3 Milliarden Euro entfallen auf das Wohnungswesen. Der drittgrößte Empfänger ist der Verkehr mit 9,2 Milliarden Euro, gefolgt vom Posten „Übrige Steuervergünstigungen“. Auf den Bereich „Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ entfallen planmäßig 2,4 Milliarden Euro – die Ampel will diesen Bereich für 2025 um rund 300 Millionen Euro kürzen. Zum Vergleich: Die Intel-Fabrik in Magdeburg allein bekommt 10 Milliarden Euro an staatlicher Hilfe. 

    Deutschland an dritter Stelle bei Agrarsubventionen

    Subventionen können direkt als Finanzhilfen oder, wie beim Agrardiesel, indirekt über Steuervergünstigungen fließen. Die Agrarsubventionen der Bundesregierung gingen allerdings in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. 2021 lagen sie noch bei 3,2 Milliarden Euro, ein Jahr danach waren es 2,7 Milliarden. Einen Tiefpunkt gab es bisher in den Jahren 2015 und 2016 mit jeweils 1,4 Milliarden Euro. Hinzu kommen Gelder aus der europäischen Agrarförderung, vor allem die sogenannten GAP-Mittel (Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union). Deutschland soll daraus bis 2027 jedes Jahr etwa 6 Milliarden Euro aus Brüssel bekommen und steht damit an dritter Stelle hinter Frankreich und Spanien. 

    Kritiker gehen allerdings von weitaus höheren Summen aus. Sie zählen beispielsweise reduzierte Mehrwertsteuersätze für Futtermittel, Zuschüsse der Länder zu den Tierseuchenkassen oder zinsgünstige Förderkredite der Landwirtschaftlichen Rentenbank zu den Agrarsubventionen dazu und kommen so auf weitaus höhere Summen. 

    Landwirte keine Umweltschützer?

    Die Debatte um Subventionen für die Landwirtschaft wird auch deshalb so erbittert geführt, weil unterschiedliche politische Ideologien aufeinanderprallen. Das dem Bundesumweltministerium von Steffi Lemke unterstellte Umweltbundesamt etwa kritisiert, die Landwirtschaft habe in den letzten Jahren nicht dazu beigetragen, „eine vielfältige, artenreiche und intakte Kulturlandschaft zu erhalten“. Seit Jahrzehnten werde auf Kosten der Umwelt produziert, „ohne dass sich entscheidend etwas verbessert hat“. 

    Dahinter stehen Bestrebungen, Subventionen entweder ganz zu streichen oder sie zumindest anders zu verteilen. Grünen-Ministerin Lemke hält sich denn auch zurück. „Derzeit sind keine Gespräche zwischen Bundesumweltministerin Steffi Lemke und den aktuell protestierenden Landwirten geplant“, erklärte ihr Ministerium am Dienstag. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hingegen wird nicht müde zu betonen, dass er im Kabinett gegen Subventionsstreichungen kämpft, die die Landwirtschaft überproportional belasten. 

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