Das Jahr begann turbulent für Adidas. Im März kam heraus, dass die Spieler des Deutschen Fußball Bunds ab 2027 nicht mehr mit den drei Streifen des Sportartikelherstellers aus Herzogenaurach auflaufen werden, sondern mit dem Haken-Logo des US-Konzerns Nike auf der Brust. Das sorgte für Empörung: Selbst Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) äußerte Kritik, man warf dem DFB nach 70 Jahren bei Adidas „fehlenden Patriotismus“ vor. Der Grund der Entscheidung war jedoch maximal simpel: Geld.
Denn wie der DFB damals auf „X“ mitteilte, sei die Entscheidung strikt eine wirtschaftliche gewesen. Man habe das bessere Angebot angenommen, Adidas habe mit der angebotenen Summe des US-Konzerns nicht mithalten können. Ein Rückschlag für die Franken, die in diesem Jahr voll auf Fußball-Europameisterschaft setzten. Nach dem Turnier im eigenen Land kann man durchaus sagen, dass Adidas dort einen Höhenflug erlebte, jedoch noch weit vom Sportartikelhersteller-Zenit entfernt bleibt.
Adidas prognostizierten knapp zehn Prozent Umsatzplus dieses Jahr
Dabei macht sich die Heim-EM durchaus in den Zahlen bemerkbar. Vor allem das ungewöhnliche pinke Auswärtstrikot der deutschen Nationalmannschaft wurde ein regelrechter Kassenschlager für Adidas. Bereits nach dem ersten Quartal erhöhte die Marke mit den drei Streifen ihre Umsatzprognose für das gesamte Jahr. Bei Nike hingegen sind die Aussichten eher trübe: Für das erste Quartal des Geschäftsjahres 24/25, das am 1. Juni startete, geht man von einem Rückgang von zehn Prozent des Umsatzes aus. Damit kämen sich Nike und Adidas zwar näher, der US-Konzern aus Oregon erreichte 2023 jedoch einen Markenwert von 53 Milliarden Euro. Adidas lag gerade einmal bei 16,6 Milliarden Euro. Von einem Kopf-an-Kopf-Rennen kann also nicht die Rede sein. Warum schafft es Adidas nicht aufzuholen?
Florian Riedmüller kennt beide Seiten dieses Sportkonzern-Wettrennens. Er hat sowohl bei Adidas als auch bei Nike gearbeitet. Mittlerweile beobachtet er als Professor für Sport-Marketing an der Technischen Hochschule Nürnberg die beiden Sportartikelhersteller von außen. Klar, Adidas habe von der Europameisterschaft und der Copa América profitiert, sagt er im Gespräch. „Der Performance-Bereich ist sowohl für Nike als auch für Adidas die Basis.“ Nur: Die Margen seien dort nicht so groß, die hohen Gewinne hängen an anderen Segmenten.
„Nike wollte nur, dass Adidas verliert.“
Riedmüller erläutert, dass das Geschäftsfeld, von dem Adidas aktuell am meisten profitiert, Mode und Lifestyle sei. Denn Schuhe wie der „Samba oder der Campus sind gerade im Fashion-Bereich sehr beliebt“. Das sei zwar gut für die Markenbildung, aber keine nachhaltige Entwicklung. Denn Trends kommen und gehen. Trotzdem hilft Adidas gerade der enorme „Hype“ rund um die eigenen Schuhe - und der geringe Produktionsaufwand dafür. Ein Muster in der Häufigkeit und im Zyklus solcher Trends gebe es nicht, sagt Riedmüller. Man könne auch nicht sagen, Adidas und Nike würden sich hier abwechseln.
Wie sehr Nike und Adidas in Konkurrenz zueinander stehen, zeige der Deal des US-Konzerns mit dem Deutschen Fußball-Bund. Rein wirtschaftlich ergebe das Geschäft aus Sicht von Nike eigentlich keinen Sinn. „Das ist ein Machtspiel, das zum Image-Gewinn dient“, sagt Riedmüller. „Sie wollten nur, dass Adidas im Heimatland verliert“. Ähnlich sei das schon einmal passiert, als Nike den Konzern aus Herzogenaurach als Ausrüster der deutschen Leichtathleten verdrängt hatte.
Was macht Nike so viel stärker als Adidas?
Was also macht Nike so viel stärker als Adidas, so dass die Amerikaner sich solche Deals leisten können? „Sie haben die heimischen Märkte in den USA fest im Griff“, sagt Riedmüller. Adidas habe hingegen in den Vereinigten Staaten traditionell Schwierigkeiten, Fuß zu fassen. Das liegt laut Riedmüller vorwiegend daran, dass man unter dem früheren Vorstand den Markt der amerikanischen Teamsportarten wie American Football und Basketball vernachlässigt habe. „Mal sehen, in welche Richtung sich das unter dem neuen CEO Bjørn Gulden entwickeln wird.“
Mit einem generellen Blick auf die Branche erklärt Riedmüller, dass viele Kunden sich in ihren Nischen auf Firmen festlegen, die sich auf bestimmte Sportarten spezialisiert haben. „Manche machen zum Beispiel gerne Yoga und greifen zu Lululemon, anderen gehen laufen und setzen auf ON.“
Apropos: „Der Sportartikelhersteller ON aus der Schweiz hat einen Schuh vorgestellt, der einiges verändern könnte.“ Dabei wird mithilfe eines Roboters innerhalb von drei Minuten das Schuhoberteil aus einem Synthetikfilament auf die Sohle aus Kunststoffschaum und Carbon gespritzt. „Die Geschwindigkeit ist dabei so hoch, dass man viele Produktionen zurück nach Europa verlagern könnte.“
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