Im Dezember des vergangenen Jahres hat das britische Unternehmen Go-Ahead einen Coup gelandet: Es hat den Zuschlag für den Betrieb großer Teile des Regionalbahnnetzes im Großraum Augsburg bekommen, darunter auch die wichtige Strecke nach München. Auch die Zugstrecke nach Lindau dürfen die Briten betreiben. Bis es soweit ist, vergeht zwar noch einige Zeit. Fahrplanwechsel für das Augsburger Netz ist im Dezember 2022, auf der Strecke nach Lindau geht es bereits im Dezember 2021 los. Doch bereits heute beginnt Go-Ahead damit, sich vorzubereiten. Das Unternehmen macht sich auf die Suche nach Personal, vor allem Lokführer werden gebraucht. Zudem planen die Briten ein neues Werk zur Instandhaltung der Züge in Langweid nördlich der Stadt Augsburg. Dort entstehen auch neue Jobs.
Bereits Anfang Mai hat das Unternehmen begonnen, in Augsburg mit Info-Veranstaltungen zusammen mit der Lokführer-Gewerkschaft GdL bisherige Mitarbeiter der Bahn zu informieren. Die Bahn hatte bei der Ausschreibung der Strecken den Kürzeren gezogen. Jetzt setzt man bei Go-Ahead darauf, einen Teil der Bahn-Mitarbeiter zu gewinnen, zu Go-Ahead zu wechseln. „Wir brauchen ja Lokführer und weitere Mitarbeiter“, sagte Go-Ahead-Sprecher Erik Bethkenhagen im Gespräch mit unserer Redaktion.
Über 180 Lokführer werden gesucht
Insgesamt geht das Unternehmen davon aus, dass für die Augsburger Netze rund 140 Lokführer gebraucht werden, für die Strecke nach Lindau kommen nochmals 40 bis 50 hinzu. Auch Zugbegleiter muss die Firma einstellen – für die Augsburger Strecken rund 140, für das Allgäu rund 30 bis 40.
Um Personal zu gewinnen, setzt das britische Unternehmen auf regelmäßige Veranstaltungen und eine Info-Kampagne, unter anderem auf Facebook. Wechselwillige Bahn-Mitarbeiter will Go-Ahead mit dem gültigen Tarifvertrag mit der GdL überzeugen. Die Löhne sollen am Ende „durchaus vergleichbar“ sein, sagt Bethkenhagen. Jüngere Mitarbeiter hätten vielleicht etwas mehr auf dem Gehaltszettel, langjährige Mitarbeiter vielleicht etwas weniger. Für den Wechsel gibt es fest Fristen, bis wann Bahn-Mitarbeiter ihr Interesse zum Wechsel anmelden können, berichtet er. Zwei Jahre vor dem Start des neuen Fahrplans müsse zum Beispiel ein Arbeitsvertrag erarbeitet werden. Aber auch danach hätten die Beschäftigten auf dem freien Markt die Chance, zu wechseln.
Doch Go-Ahead will nicht nur Personal abwerben. „Wir wollen Triebwagenführer auch in großer Zahl selbst ausbilden“, sagt Bethkenhagen. Im Großraum Stuttgart, wo Go-Ahead noch dieses Jahr viele Regionallinien betreiben wird, habe man rund 120 Lokführer selbst ausgebildet. Als Idealfall strebe das Unternehmen eine Mischung aus 50 Prozent altgedienten und 50 Prozent neuen Mitarbeitern an.
Das britische Unternehmen Go-Ahead drängt gerade stark ins deutsche Eisenbahnnetz und bemüht sich, Regionalstrecken zu betreiben. Mit einem günstigen Preis, aber auch dem Versprechen einer besseren Qualität hat man offenbar in den jüngsten Ausschreibungen in Bayern und Baden-Württemberg gegenüber der Bahn gepunktet. Go-Ahead hat inzwischen Zuschläge für Regionalstrecken im gesamten Großraum Stuttgart – Ulm – München. In Großbritannien hat das Unternehmen nach eigenen Angaben seit rund 30 Jahren Erfahrungen im Bahngeschäft und befördert derzeit rund 30 Prozent der britischen Fahrgäste.
Ein neues Betriebswerk in Langweid
Für den Betrieb der Strecken hat Go-Ahead neue Züge bestellt – allein 56 für den Großraum Augsburg. Siemens soll 44 dreiteilige Züge liefern, dazu kommen zwölf fünfteilige und doppelstöckige Züge – vor allem für die Strecke nach München. Das Design: blau-weiß. Um die Züge zu warten, plant Go-Ahead den Bau eines neuen Betriebswerks. Ein ehemaliges Flughafengelände in der Nähe von Langweid sei bereits zum großen Teil gerodet. Ob Go-Ahead das Werk selbst betreiben wird oder einen Drittanbieter damit beauftragt, steht noch nicht fest.
Fahrgästen verspricht das britische Unternehmen mehr Pünktlichkeit
Den Fahrgästen verspricht das britische Unternehmen Verbesserungen gegenüber dem bisherigen Angebot der Bahn. Da zum Beispiel auf der Strecke nach München doppelstöckige Züge eingesetzt werden, gibt es mehr Sitzplätze, verspricht Go-Ahead. „Es gibt mehr Kapazität zu Hauptverkehrszeiten und damit Verbesserungen, die die Fahrgäste spüren werden“, verspricht Bethekenhagen. Preislich werde sich nichts ändern. Hier gäben die Tarifverbünde die Ticketpreise vor.
Ein Kritikpunkt, der häufig für die Strecke nach München - den Fugger-Express - genannt wird, ist die mangelnde Pünktlichkeit. „Wir versuchen hier besser zu werden“, sagt Bethkenhagen. „Am Ende hängt dieses Thema aber von der Infrastruktur ab“, sagt er – also von Bahnhöfen und Schienennetz – und dieses gehört weiter die Bahn.
Obwohl das Unternehmen bald zahlreiche Regionalstrecken in Bayern und Baden-Württemberg betreibt, schließt man eine weitere Expansion nicht auf. „Wir wollen in Deutschland weiter wachsen“, sagt Bethkenhagen. Den Zuschlag für die Augsburger Netze habe man für zwölf Jahre. Das Unternehmen plane aber, langfristig in Deutschland zu bleiben. Go-Ahead will dabei ab dem ersten Jahr profitabel sein.
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