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Wirtschaft: Siemens-Chef Löscher: Konservativ und grün

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Siemens-Chef Löscher: Konservativ und grün

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    „Siemens ist eine sichere Bank und die erste Adresse der Realwirtschaft“, sagt Konzern-Chef Peter Löscher. Auch dank immer neuer Aufträge aus dem Bereich „Erneuerbarer Energien“ will das Unternehmen stark wachsen.
    „Siemens ist eine sichere Bank und die erste Adresse der Realwirtschaft“, sagt Konzern-Chef Peter Löscher. Auch dank immer neuer Aufträge aus dem Bereich „Erneuerbarer Energien“ will das Unternehmen stark wachsen. Foto: Foto: dapd

    Wäre Siemens ein Bundesland, würde es von einer schwarz-grünen, vielleicht einmal sogar grün-schwarzen Regierung geführt. Konzern-Chef Peter Löscher stellt auffällig ökologische und angesichts der Finanzturbulenzen konservative Werte in den Vordergrund seiner Politik. Bei der gestrigen Vorlage der Bilanz in München dominieren konservative Themen, was aus historischer Perspektive amüsant ist. Ehe der frühere

    Nachdem von Pierer Geschäftsbereiche mit Zehntausenden Mitarbeitern ausgliederte und stärker den Interessen der Aktionäre Rechnung zu tragen versuchte, geriet das Siemens-Bild eines altbacken wirtschaftenden Vereins, dessen Wahlspruch in Anlehnung an den CDU-Bundestagswahlkampf von 1957 „Keine Experimente“ hätte sein können, in den Hintergrund.

    Siemens besitzt eine Banklizenz

    Es war schwer vorstellbar, dass noch einmal ein Siemens-Boss auf das Bild mit der Bank zurückgreift. Der Österreicher Löscher geht mit dem Thema jedoch unverkrampft um, zumal Finanzmarkt- und Schuldenkrise das Bedürfnis der Menschen nach Experimenten deutlich verringert haben dürften. Siemens sei, sagt der Konzern-Lenker, nicht nur im sprichwörtlichen Sinne eine sichere Bank. Wie er sich während der Korruptionsaffäre als Alpenfels in der schmutzigen Brandung gezeigt hatte, soll Siemens nun der Fels im aufgewühlten europäischen Schuldenmeer sein. In seine Rede sind reichlich Worte wie Stetigkeit, Vertrauen, Sicherheit, Solidität oder Verlässlichkeit eingestreut. Diese Löscher-Begriffsliste eines konservativen, eben bewahrenden Wertekanons ließe sich fortsetzen. Der auf einem Bauernhof in Kärnten aufgewachsene Mann spricht von „handfesten Gründen“, die das Vertrauen für Siemens rechtfertigten. All das führt den Manager zu der These: „Siemens ist die führende Adresse der Realwirtschaft.“ Real ist hier im Gegensatz zu den irreal anmutenden Auswüchsen der Finanzwirtschaft zu verstehen. Siemens ist aber inzwischen nicht nur sprichwörtlich eine Bank. Der Konzern besitzt eine Banklizenz. Bei großen Projekten kann das Unternehmen Kunden mit Finanzierungen unterstützen, was eigentlich das Geschäft der klassischen, aber vielfach angeschlagenen Kreditwirtschaft ist.

    Wäre Siemens mit seinen weltweit 402000 Beschäftigten ein Bundesland, die Bewohner könnten sich freuen, verfügt das Unternehmen doch über liquide Mittel von zuletzt rund 12,5 Milliarden Euro. Der Konzern schließt das Geschäftsjahr 2011 auch noch mit einem operativen Rekordergebnis von 9,1 Milliarden Euro ab, eine Steigerung von 36 Prozent gegenüber 2010. Nach Steuern blieben 6,3 Milliarden Euro. Auch die Dividende soll von 2,70 auf 3,00 Euro je Aktie steigen.

    Wäre Joe Kaeser nicht Siemens-Finanzvorstand, sondern Finanzminister, seine erfolgreiche und konservative Haushaltsführung würde gerühmt. Natürlich gibt es in einem derart großen Unternehmen stets Problemfelder. Neben dem Dauersorgenkind, der Netzwerktochter Nokia Siemens Networks, die abermals eine kräftige Kapitalspritze braucht, kriselt es in Bereichen der Gesundheitssparte. Dort sollen Arbeitsplätze „im mittleren dreistelligen Bereich“ wegfallen. Es gebe jedoch keine betriebsbedingten Kündigungen. Den Betroffenen würden andere Siemens-Stellen angeboten.

    Deutliche Verluste im Solargeschäft

    Auf der Negativseite muss Löscher auch den aufgeschobenen Börsengang der Lichttochter Osram verbuchen. Eine weitere wunde Stelle findet sich beim an sich an Bedeutung gewinnenden grünen Partner der Siemens-Koalition. Das Geschäft mit der Solarenergie, genauer gesagt Solarthermieanlagen, mit denen Strom erzeugt wird, läuft schleppend an. Das führte zu hohen Abschreibungen und Verlusten. Hier macht sich bemerkbar, dass Länder wie Portugal, Spanien und Griechenland zu sehr im Würgegriff der Finanzkrise stecken, um im größeren Umfang Solarprojekte anzustoßen. Der politische Umbruch in Nordafrika führte zum Aufschub manch sonniger Vorhaben. Der grüne Siemens-Zweig gedeiht insgesamt aber gut. Das Geschäft mit Windkraftanlagen macht Löscher Freude. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima erhofft er sich mehr derartiger Aufträge. Dann wäre die Bilanz aus seiner Sicht perfekt.

    Schon in diesem Geschäftsjahr steuert der Umweltsektor etwa 30 Milliarden zum Umsatz von 73,5 Milliarden Euro bei. Langfristig peilt Löscher insgesamt Erlöse von 100 Milliarden Euro an. Aus der schwarz-grünen würde endgültig eine grün-schwarze Koalition. AZ

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