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Wirtschaft: Preisexplosion bei Holz, Baustoffen, Dämmung: So trifft es regionale Firmen

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Preisexplosion bei Holz, Baustoffen, Dämmung: So trifft es regionale Firmen

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    Baumaterial ist derzeit knapp, die Preise sind explodiert.
    Baumaterial ist derzeit knapp, die Preise sind explodiert. Foto: Armin Weigel, dpa

    Dass man sich beim Reifenwechseln gedulden muss, wenn man sich nicht rechtzeitig um einen Termin in der Werkstatt gekümmert hat, kennt man. Doch in diesem Jahr hat das Problem eine andere Dimension.

    „Die Preise steigen kontinuierlich. Das geht schon lange so. Aber mittlerweile ist es so, dass ein Kunde, der unbedingt das Fabrikat X von diesem oder jenen Hersteller will, teils nicht mehr bedient werden kann“, erklärt Nicole Wermuth, leitende Angestellte der Reifen Lebedew GmbH in Donauwörth. Reifen sind knapp geworden und Schuld daran ist angeblich Corona. Doch die Lage ist kompliziert.

    Reifen: Die Werke produzieren weniger als gewohnt

    Autoreifen werden durchaus noch in Europa produziert, sagt Wermuth. Doch die Werke der großen Hersteller wie Continental oder Michelin könnten oft nicht so viel produzieren wie gewohnt. „Da mögen einzelne Coronafälle eine Rolle spielen. Doch wegen notwendiger Hygienemaßnahmen können die Werke zum Teil auch nur 80 Prozent der üblichen Menge liefern, obwohl sie auf 100 Prozent Auslastung fahren“, erklärt Wermuth.

    Reifen-Hersteller liefern zu wenig, berichtet Nicole Wermuth von Reifen Lebedew in Donauwörth.
    Reifen-Hersteller liefern zu wenig, berichtet Nicole Wermuth von Reifen Lebedew in Donauwörth. Foto: Reifen Lebedew

    Betroffen sind aber nicht nur Autofahrer. Auch Speditionen, die in ihrem Fuhrpark oft auf einen Hersteller setzen, müssen längst Kompromisse machen und auf Alternativen ausweichen. Mit einer Entspannung rechnet die Reifenhändlerin in diesem Jahr nicht mehr: „Das wird uns auch im Herbst noch beschäftigen. Wir können da wenig machen. Wir sollten im April und Mai Reifen bekommen. Bis jetzt haben wir immer noch keinen Termin zugesagt bekommen“, sagt Wermuth. Doch Reifen sind längst nicht die einzigen Produkte, die derzeit knapp sind.

    Knappheit bei Dämmstoffen - Dachdecker müssen Aufträge aufschieben

    Materialknappheit und gestiegene Preise sind auch auf vielen Baustellen ein Thema. „Holz, Metall und Dämmstoffe sind viel teurer geworden“, berichtet etwa Dachdecker-Meister Michael Voigt aus Friedberg. Gerade bei Holz gebe es häufig Aufschläge um rund 100 Prozent im Vergleich zum vorigen Jahr, sagt der Inhaber der Voigt Bedachungen GmbH. „Für eine Dachlatte, die im Dezember 50 Cent gekostet hat, werden jetzt 1,20 Euro fällig“, nennt er ein Beispiel.

    Das Problem setzt sich bei Dämmstoffen fort. „Es gibt nur wenige Werke die den Rohstoff für die PUR/PIR-Dämmstoffe herstellen, eines davon ist nach Aussagen der Lieferanten gerade wegen Wartungsarbeiten ausgefallen. Zudem sind die Rohstoffe knapp. Es kommt deshalb zu langen Lieferzeiten“, sagt der Obermeister der Dachdecker-Innung Schwaben. Rabatte, die es früher auf Dämmstoffe gab, sind längst nicht mehr üblich.

    "Lange Lieferzeiten": Michael Voigt ist Dachdecker-Meister in Friedberg.
    "Lange Lieferzeiten": Michael Voigt ist Dachdecker-Meister in Friedberg.

    Die Folge der Materialknappheit: „Teilweise bleibt nichts anderes übrig als Aufträge zu verschieben oder abzusagen und zu sehen, dass man sie im nächsten Jahr macht“, sagt Voigt. Handwerker haben folglich Probleme, feste Preise zuzusagen. Wie lange die Knappheit anhält? „Im Jahr 2021 wird uns das Thema mit Sicherheit noch beschäftigen“, befürchtet Voigt.

    Der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel bestätigt, dass bestimmte Rohstoffe für die Dämmstoffproduktion derzeit knapp sind und berichtet bei den Produkten von Preissteigerungen zwischen 20 und 40 Prozent, teilweise auch mehr.

    Malern fehlen Spachtelmasse, Bodenbeschichtungen, Eimer

    Die Materialnot setzt sich bei den Malern fort. Engpässe gibt es etwa bei Putzen und Spachtelmassen, bei Eckprofilen für den Trockenbau bis hin zu Bodenbeschichtungen auf Epoxidharzbasis, sagt Claudius Wolfrum, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes des Bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks. Dies gehe bis hin zu Plastikeimern zum Abfüllen von Farben, also typischem Malerbedarf. „Die Preissteigerungen für das Material bewegen sich zwischen 5 und 30 Prozent“, sagt er. Durch Lieferschwierigkeiten komme Material statt binnen eines Tages oft erst in 3 bis 6 Wochen – ein gewaltiger Unterschied.

    „Die Lage ist dramatisch, Aufträge können nicht weitergeführt oder begonnen werden. Meistens bleiben die Betriebe auch auf den Preissteigerungen sitzen, weil es nicht möglich ist, sie an die Kunden weiterzugeben“, warnt Experte Wolfrum.

    Hans-Joachim Riechers, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Dämmsysteme, Putz und Mörtel, ist sich aber sicher, dass sich die Situation nach einer gewissen Zeit beruhigen wird. „Einige Rohstoffe sind derzeit knapp, die Unternehmen suchen aber Wege und Möglichkeiten, die Situation zu meistern“, sagt er. „Es muss keiner sein Bauvorhaben zurückstellen“, meint Riechers.

    Preis für den Meter Schnittholz stark gestiegen

    Dass bestimmte Sorten des so umweltfreundlichen wie nachgefragten Rohstoffes in den letzten Monaten besonders teuer geworden sind, macht schon länger Schlagzeilen.Theodor Aumann aus Ziemetshausen weiß auch davon zu berichten. Sein Unternehmen ist in der Holzverarbeitung und im Holzhausbau tätig. 900 Kubikmeter Schnittholz verbrauchen Aumann und seine Mitarbeiter pro Tag, das reicht für 40 Häuser. Der 52-Jährige sagt: „Die Preise haben sich im Einkauf teilweise verdreifacht.“ Der Standardpreis für einen Meter Schnittholz sei binnen eines Jahres von 220 Euro auf bis zu 700 Euro gestiegen.

    Auch für seine Kunden kann das zum Problem werden. „Wir versuchen, das gemeinsam mit ihnen zu lösen, aber klar ist: Es kommt auch zu Stornierungen. Die Leute haben die Häuser finanziert. Die Bank geht da oft nicht mit“, erklärt Aumann. Es gebe in Deutschland genügend Holz, betont er. Aber derzeit gehe sehr viel in den Export. „Die USA und China zahlen Höchstpreise.“ Der Gewinn bliebe allerdings oft komplett in den großen Sägewerken und nicht bei den Waldbesitzern. Würde der gestiegene Holzpreis auch dort ankommen, glaubt Aumann, dann würden viele private Waldbesitzer ihr Holz einschlagen und so den Markt wieder sättigen, die Preise könnten sich senken. Aber so ist es noch nicht.

    Aumann Holzbau ist ein Familienbetrieb in der vierten Generation. Dass der Markt derart überhitzt ist, hat Aumann noch nie erlebt. Grundsätzlich blickt er aber positiv in die Zukunft. Holz ist der Rohstoff der Stunde. Auch immer mehr öffentliche Gebäude, Schulen, Kindergärten würden so gebaut, erklärt der Unternehmer. Bis sich die Preislage aber wieder beruhigt, fürchtet er, könnte es noch Herbst werden.

    Preissteigerung von bis zu 50 Prozent bei Rohstoffen wie Polyethylen

    Von Preissteigerungen um bis zu 50 Prozent bei den benötigten Rohmaterialien berichtet Alexander Kalhammer, Inhaber und Geschäftsführer von Schwaben-Kunststoff in Langenneufnach. Polyethylen ist der wichtigste Bestandteil für die teils riesigen Lagertanks für flüssige wassergefährdende Chemikalien, die das Unternehmen baut und bis nach China vertreibt. Doch der Kunststoff, den Kalhammer in Form von Granulat bei nur einer Handvoll europäischer Zulieferer einkauft, ist knapp. Ausweichen ist schwierig, da auch die Rohmaterialien zum Beispiel bestimmte wasserrechtliche Anforderungen erfüllen müssen. Er hat aber auch einen Verdacht: „Dass der Ölpreis seit Anfang des Jahres wieder angezogen hat, spürt man natürlich bei den Preisen. Aber derzeit setzt uns vor allem zu, dass alle wichtigen Anbieter beinahe gleichzeitig Lieferprobleme aufgrund höherer Gewalt angemeldet haben.

    Alexander Kalhammer hat bei Schwaben-Kunststoff mit Lieferengpässen bei Plastik zu kämpfen.
    Alexander Kalhammer hat bei Schwaben-Kunststoff mit Lieferengpässen bei Plastik zu kämpfen. Foto: Karin Marz

    Als Kunde fragt man sich da natürlich, ob da nicht auch versucht wird, die Preise wieder nach oben zu bringen“, erklärt Kalhammer. Viele Möglichkeiten zu reagieren hat er aber nicht. Er redet mit seinen Kunden, um Preiserhöhungen und Lieferverzögerungen zu erklären, beschränkt die Gültigkeit seiner Angebote auf derzeit drei Wochen und hofft, dass sich die Lage in einigen Monaten wieder normalisiert.

    Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke: Längere Lieferzeiten einplanen

    Fragt man bei Carolin Werner, wo ihre Kunden gerade Geduld haben müssen, nennt die Juniorchefin von Elektro Leinauer in Konradshofen: Waschmaschinen, Wäschetrockner, Kühlschränke und Spülmaschinen. „Bei diesen Produkten ist es ganz akut. Wir haben teilweise Lieferzeiten bis in den Sommer.“ Am Montag, erzählt die Elektrotechnikmeisterin, habe ein Kunde seine Küche bekommen, die er im Februar bestellt habe. Der Kühlschrank hätte im März kommen sollen, der sei immer noch nicht da.

    Werner sagt: „Das sind Zustände, die kennen wir so nicht. Unsere Kunden haben normalerweise ein breites Sortiment zur Auswahl. Aber das können wir gerade nicht anbieten. Unsere Kunden sind Gott sei Dank verständnisvoll.“

    Von langen Lieferzeiten für Waschmaschinen, Wäschetrockner und Kühlschränke berichtet Carolin Werner von Elektro Leinauer, Konradshofen.
    Von langen Lieferzeiten für Waschmaschinen, Wäschetrockner und Kühlschränke berichtet Carolin Werner von Elektro Leinauer, Konradshofen. Foto: Elektro Leinauer

    Man benachrichtige Kunden sofort, wenn wieder Ware eingetroffen sei. Weil aber niemand bis August auf eine Waschmaschine warten wolle, sagt Werner, nähmen viele dann das, was gerade geliefert wird. Auch im Installationsbereich ihres Betriebs sei es zuletzt immer wieder zu Engpässen gekommen. Relais waren mal knapp, Verteilerschränke und diverse Kabel und Leitungen, was mit einem extrem gestiegenen Kupferpreis zusammenhänge, so Werner.

    Sie betont aber: „Wenn man vom Kupfer absieht, liegen die Preissteigerungen meiner Wahrnehmung nach im üblichen Bereich von jährlich rund vier Prozent.“ Sie könne ihren Kunden auch schlecht vermitteln, dass sie länger auf ihre Ware warten und dann noch mehr bezahlen müssen.

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