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Wirtschaft: Augsburg wird zur Ingenieursstadt

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Augsburg wird zur Ingenieursstadt

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    Ein A350 XWB in der Luft. Wie bei allen Projekten des europäischen Flugzeugbauers ist hier auch das Augsburger Werk bei der Entwicklung und beim Bau der Maschinen mit von der Partie.
    Ein A350 XWB in der Luft. Wie bei allen Projekten des europäischen Flugzeugbauers ist hier auch das Augsburger Werk bei der Entwicklung und beim Bau der Maschinen mit von der Partie. Foto: Airbus

    In Augsburg deutet sich ein gesellschaftlicher Wandel an. Fiel die Stadt lange durch einen vergleichsweise hohen Arbeiteranteil auf, wie Sozialberichte belegen, kommen jetzt auch immer mehr akademisch geprägte Menschen nach

    Augsburg wird internationaler

    Oftmals geführte Klagen, Augsburg fehle eine ausgeprägte „bürgerliche Mitte“, könnten auf Dauer weniger häufig zu hören sein, zumal in der Stadt sitzende Firmen wie Kuka (Roboter- und Anlagenbau), der Antriebsspezialist Renk oder der Motorenbauer MAN Diesel & Turbo bereits tausende Arbeitsplätze für hoch qualifizierte Mitarbeiter bieten. Wenn man unter anderem Leiharbeiter einbezieht, zählt Premium Aerotec etwa 4000 Beschäftigte in Augsburg. In dem neuen Ingenieurszentrum der Firma finden sich unter den 300 Experten rund 50 Mitarbeiter des Hauptauftraggebers Airbus. Für die Zeit des neuen Projektes, einer verlängerten Variante des Langstreckenjets A350, kommen auch französische Spezialisten in die Stadt.

    Augsburg wird durch die Luftfahrtindustrie internationaler. Premium Aerotec gehört zum Luftfahrtkonzern EADS, dessen bekannteste Tochter Airbus ist. Einer der Airbus-Experten, der jetzt zeitweise in Augsburg arbeitet, heißt Bernard Kock am Brink. Der Bruder der Moderatorin Ulla Kock am Brink ist federführend daran beteiligt, Strukturbauteile des neuen Flugzeugrumpfes noch leichter zu machen, sodass die Maschinen trotz stärkerer Triebwerke und höherer Passagierzahlen schnell ans Ziel kommen.

    Und hier kommt der Zauberstoff ins Spiel, auf dem die Hoffnungen Augsburgs und damit der Wandel zu einer Ingenieursstadt beruhen: Es geht um leichte, steife und spritsparende Kohlenfaserverbund-Werkstoffe, mit deren Verarbeitung das Werk große Erfahrungen besitzt. Premium Aerotec sowie Vorgängerfirmen wie EADS und Dasa gehören zu den Pionieren auf dem Gebiet, ob es um militärische Flugzeuge (Eurofighter, A400M) oder den Airbus-Riesenflieger A380 geht. So war es eine logische Entwicklung, dass sich in der Stadt auch wissenschaftliche Institute ansiedeln, die helfen, den Leichtbau mit Kohlefaserverbund-Werkstoffen für die Massenfertigung zu erschließen und das teure Material für die Luftfahrtindustrie zu verbilligen.

    "Wo immer sie mit Aribus fliegen, befinden sie sich im bayerischen Luftraum."

    Bei der Eröffnung des Entwicklungszentrums herrscht jedenfalls ein selbstbewusster Geist, wie er in dem Werk und der Stadt oft fehlte. Zur Erinnerung: In den Jahren 2007 und 2008 bestand die Gefahr, dass der damalige EADS-Standort verkauft wird. Sogar eine „Heuschrecke wie ,Cerberus‘“ war im Gespräch. Es kam anders und Augsburg wurde Sitz eines der wichtigsten Luftfahrtzulieferer der Welt.

    „Wo auch immer Sie mit einem Airbus fliegen, befinden Sie sich im bayerischen Luftraum und auf Augsburger Boden“, sagt Premium-Aerotec-Chef Kai Horten. Damit spielt er darauf an, dass zentrale Teile des Rumpfs, der Passagierboden und die hintere Druckkalotte aus der Stadt kommen. In eine derart wohlig optimistisch-selbstbewusste Stimmung fügt sich Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer fließend ein. Er kündigt an, bei einer Bundesratssitzung den Flughafen-geplagten Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit zu raten, bei Horten anzurufen. Schließlich sei es in Augsburg gelungen, das Zentrum zeit- und kostengerecht zu erstellen.

    Der Premium-Aerotec-Chef bekennt sich offen zum Namen des Zentrums. Es wurde nach dem Luftfahrtpionier Willy Messerschmitt benannt, der in Augsburg gewirkt hat: „Wir vergessen nicht, dass mit dem Namen auch dunkle Seiten verbunden sind. Wir wissen, welchem Zweck die Flugzeuge dienten, die hier während des Zweiten Weltkriegs produziert wurden. Und wir wissen, dass für deren Bau auch Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.“ Viele Augsburger sprechen vom „Messerschmitt“, wenn sie das Werk meinen.

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