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Wirecard-Skandal: Union will Wirecard zur Falle für Olaf Scholz machen

Wirecard-Skandal

Union will Wirecard zur Falle für Olaf Scholz machen

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    Der Wirecard-Skandal soll für SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach dem Willen der Union ungemütlich werden.
    Der Wirecard-Skandal soll für SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach dem Willen der Union ungemütlich werden. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Nach dem Geschmack von CDU und CSU ist Finanzminister Olaf Scholz von der SPD bisher viel zu gut durch den Wirecard-Skandal gekommen. Obwohl die ihm unterstellte Finanzaufsichtsbehörde Bafin einen Fehler nach dem anderen machte und dafür mitverantwortlich ist, dass Kleinsparer enorm viel Geld verloren, ist die Affäre am Kanzlerkandidaten der Genossen bislang spurlos vorbeigezogen.

    Die Union hat sich vorgenommen, das zu ändern. Entlastung kann sie gut gebrauchen, weil sich ihre Vorkämpfer Markus Söder und Armin Laschet ein filmreifes Duell um die Macht liefern. „Wir erleben einen Finanzminister, der bei der Aufklärung auf der Bremse tritt. Wir bräuchten jemanden, der auf das Gaspedal tritt“, sagte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer am Mittwoch in Berlin. Hauer ist Obmann der Union im Untersuchungsausschuss zum Skandal um den Finanzkonzern aus Aschheim bei München.

    Die unrühmliche Rolle der Scholz-Vertrauten

    Die Liste der Verfehlungen ist lang und Scholz ist an vielen zumindest indirekt beteiligt. Einige Beispiele: Scholz‘ Staatssekretär Jörg Kukies (SPD) entwirft im vergangenen Jahr Pläne, wie er das damals unmittelbar vom Konkurs bedrohte Skandalunternehmen mit Geldern aus den Corona-Hilfen retten kann. Dem widerspricht das Ministerium, obwohl im Untersuchungsausschuss das Gegenteil zur Sprache kommt. "Im Falle einer möglichen Insolvenz eines großen Unternehmens ist es die Aufgabe des Bundesfinanzministeriums, über die Sachlage Informationen einzuholen und etwaige Maßnahmen zu prüfen", erklärt das Ministerium,

    Eben jener Kukies wollte auch die staatseigene KfW-Bank dazu bringen, Wirecard noch einmal mit einem Kredit aus der Klemme zu helfen – wohlgemerkt einen Tag vor der Pleite im Juni 2020. Das legt ein Vorgang aus den Akten nahe, der unserer Redaktion vorliegt. Demnach lässt der Staatssekretär kurzfristig prüfen, wie Wirecard durch ein KfW-Programm oder eine Bürgschaft gestützt werden kann. Für Kukies spricht sich Monate danach hingegen KfW-Chef Günther Bräunig aus. "In der Tat kann ich hier nochmal klarstellen, dass seitens des BMF zu keiner Zeit auf die KfW oder die IPEX irgendwie Druck ausgeübt worden ist, das Engagement der IPEX zu erhöhen oder sonst irgendwie Wirecard zu retten. "

    Am 50. Geburtstag des Wirecard-Chefs im November 2019 hatte Kukies, wohl ohne von dem runden Geburtstag zu wissen, einen Termin mit Markus Braun. Über die eingeprüfte Sonderprüfung der Bilanz habe Kukies keine neuen Erkenntnisse erlangt, schreibt das Finanzministerium. Neben dem heiklen Thema sei das Treffen dann um allgemeine Finanzthemen gegangen.

    Ist noch Geld bei Wirecard da? Die Olaf Scholz unterstellte Finanzaufsicht Bafin sah dem Treiben bei Wirecard arglos zu.
    Ist noch Geld bei Wirecard da? Die Olaf Scholz unterstellte Finanzaufsicht Bafin sah dem Treiben bei Wirecard arglos zu. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Ein weiterer Staatssekretär des Finanzministers, Wolfgang Schmidt, lobbyierte für den Zahlungsdienstleister in China. Der enge Vertraute von Olaf Scholz will sich aber nicht mehr daran erinnern können, wie oft er mit seinem Chef über das Unternehmen gesprochen hat. „Scholz war über alle Vorgänge informiert, er steht damit im Zwielicht“, sagte CSU-Finanzexperte Hans Michelbach. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses.

    Der folgenreichste Fehler ist für Michelbach und Hauer das Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien, dass die Finanzaufsicht im Februar 2019 verhängte. Damit sollte Spekulationen gegen das Papier der Riegel vorgeschoben werden, um das Unternehmen zu schützen. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die Bedingungen für ein solches Verbot gar nicht gegeben waren. Die Bundesbank war dagegen und auch die Schutzstelle an der Frankfurter Börse.

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    Scholz‘ Ministerium billigte dennoch den schweren Eingriff in den Finanzmarkt. „Mit diesem Gütesiegel sind viele Kleinanleger eingestiegen. Das hat sie Milliarden gekostet“, beklagte Michelbach. In der nächsten Woche will er den Finanzminister zusammen mit seinen Kollegen im Untersuchungsausschuss ausquetschen. Die Abgeordneten haben sich mehrere Stunden Zeit dafür reserviert.

    Insgesamt sind durch die Pleite in Folge des Wirtschaftsskandals 22 Milliarden Euro an Börsenwert vernichtet worden. Die Gläubiger haben knapp 12,5 Milliarden beim Insolvenzverwalter angemeldet, die er ihnen zurückbeschaffen soll. Doch die Hoffnung darauf tendiert gegen Null. Der einstige Dax-Konzern hatte wenig Substanz und viele Scheinbuchungen in der Bilanz. Die Summe von 1,9 Milliarden Euro ging verloren, wurde der Firma entzogen oder existierte nie. Ex-Vorstandsvorsitzender Braun sitzt bei Augsburg in Untersuchungshaft, sein Compagnon Jan Marsalek ist flüchtig.

    Korrektur: In einer ersten Version des Beitrages hieß es, Staatssekretär Kukies sei zu einer Geburtstagsfeier des Wirecard-Chefs Braun gefahren. Das ist falsch. Kukies hatte einen Gesprächstermin bei Braun am Morgen seines 50. Geburtstages. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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