Herr Goldenits, wann können die Kunden der Telekom in Deutschland den ultraschnellen Mobilfunkstandard 5G nutzen?
Walter Goldenits: Bis zum Jahr 2025 wollen wir 99 Prozent der Bevölkerung mit 5G versorgen und 90 Prozent der Fläche Deutschlands abdecken. Um loslegen zu können warten wir noch auf die Zuteilung der Frequenzen durch die Bundesnetzagentur. Dies erfolgt aller Voraussicht nach in den nächsten Tagen und Wochen. Unsere Technologie steht bereit, wir sind mit Hochdruck daran. Wir haben bereits an mehr als 100 Standorten mehr als 300 Antennen, die wir 2019 in Betrieb nehmen wollen.
Wann hat dann auch Schwaben eine 5G-Versorgung?
Goldenits: Wir fangen 2019 in sechs Städten an und erweitern 2020 auf zwanzig Städte deutschlandweit. Die Frequenzen, die wir erworben haben, werden zuerst vor allem im dicht bebauten Bereich eingesetzt werden – also die großen Städte mit vielen Menschen, die viele Daten erzeugen. Von dort gehen wir in Richtung ländliche Bereiche hinein. Es gibt in Schwaben zudem bald 5G-Anwendungen wie bei der Firma Osram in Schwabmünchen. Dort etablieren wir ein Campusnetz, das auf 5G-Technologie basiert und Industrieanwendungen bestmöglich unterstützt.
Ist unter den 20 Städten, in denen 5G 2020 eingeführt werden soll, auch Augsburg dabei? Und Kempten?
Goldenits: Wir starten dieses Jahr 5G in Berlin, Bonn, Darmstadt, Hamburg, Leipzig und München. Die weiteren Pläne werden wir später bekannt geben.
Viele Smartphone-Nutzer wünschen sich ja, dass sie in Deutschland in kein Funkloch mehr geraten. Wird es am Ende einen flächendeckenden 5G-Ausbau geben? Von Flensburg bis ins Berchtesgadener Land?
Goldenits: Bis zum Jahr 2025 wollen wir, dass 90 Prozent der Fläche Deutschlands mit 5G abgedeckt ist. Es mag sein, dass es dann an einigen Stellen im tiefsten bayerischen Wald noch ein kleines Fleckchen ohne 5G gibt. Aber unser Ziel ist es, 5G dann überall dort anbieten zu können, wo bewohntes Gebiet ist. Die Auflagen sehen vor, dass auch die Landstraßen versorgt werden müssen. Auf Nebenstraßen und Radwegen kann es vielleicht etwas länger dauern. Wir haben heute übrigens eine große Zahl an Kunden, welche 4G-Technologie nutzen. In der Fläche wird es deshalb einen kombinierten Ausbau geben: Wir werden 4G und 5G in gleichem Maße vorantreiben.
Solche weißen Flecken gibt es einige. Auf schwäbischen Landstraßen, auf Zugstrecken. Wann ändert sich das?
Goldenits: Wir arbeiten mit Hochdruck daran, auf Autobahnen und Zugstrecken einen durchgehenden Betrieb für unsere Kunden zu haben. Entlang der Autobahnen sollte das dieses Jahr klappen. Auf Landstraßen ist es schwieriger, diese führen oft durch unbewohntes Gelände. Die Wirtschaftlichkeit der Anlagen ist hier häufig ein Problem. Wir bauen aber 2000 Mobilfunk-Stationen im Jahr, ein guter Teil davon geht in das Abdecken weißer Flecken. Bis 2021 sollen 90 Prozent der Fläche mit 4G versorgt sein. Dann bleiben zehn Prozent unversorgtes Gebiet. Wir werden deshalb in Kürze ein Programm starten, um gemeinsam mit Kommunen letzte weiße Flecken zu schließen.
Brauchen Privatkunden eigentlich 5G-Technologie für den Alltag? Häufig hört man, 5G sei vor allem für autonomes Fahren und industrielle Anwendungen sinnvoll ...
Goldenits: Das Kernmerkmal von 5G sind extrem hohe Geschwindigkeiten. Zudem können Massendaten rasch verarbeitet werden. Was kann man damit nun im Privatkundenbereich anstellen? 3G hat Musikstreaming ermöglicht, 4G mobiles Ansehen von Videos. 5G betrifft unter anderem mobiles Gaming – also Spiele – und vor allem das, was in Fachkreisen als „augmented reality“ bezeichnet wird. Darunter versteht man das Anreichern von Bildern aus der Wirklichkeit mit digitalen Elementen. Ein Beispiel ist das Spiel Pokemon Go, bei dem auf dem Bildschirm virtuelle Fabelwesen eingeblendet werden. Ein anderes Beispiel: In Südkorea finden heute zum Beispiel auch Videokonferenzen statt, bei denen die Bilder der Teilnehmer mit digitalen Elementen angereichert werden.
Was wird 5G den Kunden kosten?
Goldenits: Wenn man es mit einem bisherigen 4G-Tarif der Telekom vergleicht, wird es um rund fünf Euro im Monat teurer werden.
Wie groß ist die Aufgabe, die vor Ihnen liegt? Der Verband Bitkom hatte einmal gewarnt, dass man 800.000 Masten für 5G in Deutschland bräuchte.
Goldenits: Wenn man das 5G-Netz nur mit dem Frequenzbereich zwischen 3,4 und 3,8 Gigahertz aufbauen würde, hat man sehr geringe Reichweiten und bräuchte wirklich alle 500 bis 600 Meter einen Masten. Bei Frequenzen von 700 Megahertz ist die Reichweite größer und die Zahl der Sendeanlagen geringer. Unser Stand sind derzeit 29500 Funk-Standorte, pro Jahr sollen 2000 dazukommen.
Haben Sie genug Unterstützung für den Ausbau? Viele Bürger und Kommunen sind ja zögerlich...
Goldenits: Wir bekommen in Deutschland Genehmigungen tatsächlich nicht in dem Maße und der Geschwindigkeit, wie wir sie gerne hätten. Es ist ein Spagat: Viele Menschen wollen keinen Masten vor der eignen Haustüre, fordern aber guten Mobilfunkempfang ein. Dieses Thema wird uns mit 5G noch mehr begegnen, da Frequenzen wie 3,4 bis 3,8 Gigahertz eine geringe Reichweite haben und man mehr Standorte bräuchte.
Wo würden Sie sich mehr Entgegenkommen erwarten?
Goldenits: Es gibt andere Länder, die jegliche öffentliche Einrichtungen für Mobilfunkbetreiber zur Verfügung stellen. Es gibt also einige Steine, die man aus dem Weg räumen könnten.
Teilen Sie sich den Ausbau mit anderen Wettbewerbern oder baut jetzt jeder Anbieter sein eigenes Netz? Also Telekom, Vodafone, O2 und 1&1? Das ist doch auch übertrieben, oder?
Goldenits: Grundsätzlich wollte man in Deutschland den Infrastrukturwettbewerb, da dieser Wettbewerb der Betreiber Innovationen fördert und den Ausbau beschleunigt. Jeder baut also ein eigenes Netz auf. Unser Anspruch ist es, dabei auf Platz 1 zu stehen und die beste Versorgung zu bieten, was uns bisher gelingt. Es kann aber Gebiete geben, in denen es Sinn hat, eine gemeinsame Infrastruktur zu errichten, zum Beispiel entlang der Wasserwege.
Einigen Bürgern macht die Strahlenbelastung durch 5G Sorge. Wie stehen Sie dazu?
Goldenits: Es gibt Vorgaben der Bundesnetzagentur, die sich an Werten der Weltgesundheitsorganisation ausrichten. Daran halten wir uns. Wir bestimmen diese Werte nicht, aber wir halten sie ein. Zum Beispiel welche Sendeanlage mit welcher Leistung arbeiten darf und wie die Sicherheitsabstände aussehen müssen. Jeder einzelne Standort wird außerdem von der Bundesnetzagentur abgenommen. Eine Art „Antennen-TÜV“. Wir als Telekom unterschreiten die Grenzwerte in der Regel erheblich. Interessant ist zudem: Je näher eine Sendeanlage an den Nutzern steht, desto schwächer muss die Sendeleistung ausfallen und desto geringer sind die Emissionen. Es ist also nicht immer eine Lösung, einen Masten weit draußen auf einen Acker zu stellen. Dann muss auch die Signalleistung massiv höher sein.
Ein Problem ist aber tatsächlich, dass sich Studien widersprechen, ob die Strahlung nun schädlich für die Gesundheit ist oder nicht... Müssten Sie nicht mehr Aufklärung betreiben?
Goldenits: Das tun wir. Wir haben regionale Ansprechpartner. Wir erklären vor Ort, was wir aufbauen, wie wir aufbauen und warum wir aufbauen. Ein bisschen scheinheilig ist die Diskussion auch: Einerseits bekommen wir als Netzbetreiber vorgehalten, dass es Mobilfunklöcher gibt. Wenn wir sie dann schließen wollen, erleben wir oft harte Widerstände. Dabei kann Mobilfunk Leben retten! Zum Beispiel bei der Verständigung der Rettungskräfte nach einem Unfall.
Nicht jeder Kunde wird sich sofort ein neues 5G-Smartphone kaufen, viele haben vielleicht noch ein Handy für UMTS-Technik. Stimmt es, dass Sie UMTS mit der Einführung von 5G abschalten und die Kunden neue, vielleicht teurere Verträge brauchen?
Goldenits: Wir wollen Technologien einsetzen, die eine Zukunft haben und alte Technologien auslaufen lassen. Wir stehen natürlich zu unseren Verpflichtungen, die wir in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Mobilfunkverträgen eingegangen sind. Dort steht, dass die 3G-Technologie – also UMTS – bis 2020 verfügbar ist, vorbehaltlich einer Verlängerung. Wir wollen unseren Kunden dann einen vernünftigen Wechsel in die neue Technologie-Generation ermöglichen und niemanden vor den Kopf stoßen. Das sollte gelingen: Denn die meisten Kunden wechseln bisher alle zwei bis drei Jahre ihr Handy.
Wird es alte Geräte geben, die nicht mehr funktionieren?
Goldenits: Es kann alte Geräte geben, die auf 2G oder 3G ausgelegt sind. Der reine Nutzer von Sprachtelefonie wird unter dem Wechsel auf 5G aber nicht leiden. Wer aber unterwegs Daten nutzt und surft, der ist im Normalfall bereits oder bald mit Geräten unterwegs, die 4G oder 5G verarbeiten können, so dass wir uns hier kaum Probleme erwarten.
Zur Person: Walter Goldenits, 48, ist der Technik-Chef der Telekom in Deutschland und studierter Mathematiker.
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