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Immobilien: Wie sich die Corona-Krise auf den Wohnungsmarkt auswirkt

Immobilien

Wie sich die Corona-Krise auf den Wohnungsmarkt auswirkt

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    Die Corona-Krise könnte dem  Immobilienboom ein Ende bereiten.
    Die Corona-Krise könnte dem Immobilienboom ein Ende bereiten. Foto: Ulrich Wagner

    Wer wissen will, was die Menschen beschäftigt, braucht sie längst nicht mehr selbst zu fragen. Es genügen wenige Klicks und Stichwörter, und das allgemeine Befinden nimmt die Gestalt farbiger Kurven an. So dokumentiert „Google Trends“, wie häufig online nach bestimmten Begriffen gesucht wird – und damit auch, wie stark Corona scheinbar eine ganz andere Sorge überlagert: die Suche nach Wohnraum.

    Begriffe wie „Wohnung kaufen“ oder „Wohnung mieten“ werden seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen deutlich seltener nachgefragt. Es ist ein Anzeichen dafür, wie die Krise den Wohnungsmarkt verändern könnte – und die Preise, die er diktiert. Noch.

    Wohnungen in der Corona-Krise zu finden ist fast unmöglich

    War es schon vor Corona alles andere als leicht, eine Wohnung zu finden, ist es aktuell beinahe unmöglich. Grund sind die Ausgangsbeschränkungen, die deutschlandweit gelten, besonders streng aber in Bayern. Im Freistaat sind physische Wohnungsbesichtigungen momentan nur in zwei Fällen erlaubt: wenn dem Vermieter schwerer finanzieller Verlust durch Leerstand droht – oder dem Suchenden die Obdachlosigkeit.

    Die Konsequenz: Physische Besichtigungen finden fast gar nicht mehr statt, digitale nur sehr selten. Augsburger Immobilienmakler berichten von bis zu 95 Prozent weniger Besichtigungen – und entsprechend weniger Wohnungsvermittlungen.

    Coronavirus führt zu Schockstarre auf dem Immobilienmarkt

    „Auf dem Markt hat eine Schockstarre eingesetzt“, sagt Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Bayerischen Mieterbunds. Im Gespräch mit unserer Redaktion erklärt die Juristin, die Unsicherheit sei wie überall groß. „Die meisten verschieben jetzt Investitionsentscheidungen und Wohnungsumzüge. Es gibt keine Fluktuation mehr.“ Menschen, die aus den verschiedensten Gründen umziehen müssten, stünden dadurch nun vor einem „Riesenproblem“.

    Der Stillstand führe auch zu einem massiven Mieter-Stau. „Weil ein Mieter nicht umziehen kann, muss der nächste warten, und immer so weiter. Diese Schlangen werden mit fast jeder Woche länger“, sagt Schmid-Balzert. „Ich gehe davon aus, dass sich dieser Effekt bis in den Herbst auswirken wird.“

    Eine weitaus schwerwiegendere, aber wohl unvermeidbare Kettenreaktion hat ihre Wirkung dagegen noch längst nicht entfaltet. Je länger die Corona-Krise dauert, desto mehr Menschen müssen in Kurzarbeit oder werden gar arbeitslos. Zwar kann Mietern, die wegen der Corona-Krise in Zahlungsrückstand geraten, bis Ende Juni nicht gekündigt werden. Aber auch danach steht den Menschen mit weniger Arbeit, oder ohne, weniger Einkommen zur Verfügung. „Damit droht die Gefahr, dass Mieten nicht mehr regulär bezahlt werden können“, sagt Carolin Wandzik, Geschäftsführerin am Gewos Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung. „Das wird flächendeckend passieren und zu schweren und langfristigen Verwerfungen führen.“

    Immobilien-Expertin: Sozialwohnungs-Quote bei Neubauten muss steigen

    Wandzik geht davon aus, dass der wirtschaftliche Einbruch vor allem Stadtbewohner dazu zwingen könnte, in kleinere, da günstigere Wohnungen umzuziehen. Diese Entwicklung und die veränderte Mieterfluktuation „werden den Druck auf den Markt im unteren Preissegment deutlich erhöhen.

    Dabei ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum in Städten ohnehin schon extrem groß“, sagt die Immobilien-Expertin. Was also tun? Wandzik apelliert an Kommunen, die Sozialwohnungs-Quote bei Neubauprojekten deutlich zu erhöhen – „jetzt mehr denn je.“

    Mieten-Anstieg könnte sich aufgrund von Corona weiter verlangsamen

    Starke Zuwanderung in Städte und relativ starke Einkommenszuwächse führten dazu, dass die Mieten dort über Jahre hinweg stark anstiegen. Dieser Trend hat sich schon im vergangenen Jahr verlangsamt. Immobilien-Experten schätzen, das Coronavirus könne ihn teilweise sogar umkehren.

    Von einem „kleinen Hoffnungsschimmer“ spricht Monika Schmid-Balzert, Geschäftsführerin des Bayerischen Mieterbunds. „Dass die Preise jetzt nach unten rauschen, sehe ich noch nicht. Aber diese preisliche Überhitzung auf dem Wohnungsmarkt könnte jetzt tatsächlich ein bisschen abkühlen.“

    Dazu trage auch bei, dass sich wegen der Corona-Krise immer mehr Wohnungsinhaber vom Ferienwohnungs-Vermittler AirBnB abwendeten und ihre Wohnungen nun auf dem „regulären“ Wohnungsmarkt anböten. Ähnliche Entwicklungen waren besonders deutlich in europäischen Metropolen wie Barcelona, London oder Prag zu beobachten.

    Wohnungseigentümer fürchten sich vor Preisverfall

    Dass die Preise auf dem Markt stagnieren oder sich nach unten entwickeln, bereitet andererseits Eigentümern große Sorgen, sagt Gabriele Gräf, Geschäftsstelleninhaberin des Maklerbüros Von Poll Immobilien in Augsburg. „Dieses Szenario wird umso wahrscheinlicher, je länger die Krise dauert.“ Sie gehe davon aus, dass die Preise in den guten Lagen stabil blieben. „An den Randlagen könnte es aber schwieriger werden.“

    Carolin Wandzik vom Forschungsinstitut Gewos rechnet damit, dass es vor allem nach der Krise zu Mietausfällen kommen wird. Diese würden vor allem private Kleinvermieter treffen. Sie machen auf dem deutschen Mietmarkt rund 60 Prozent aus. „Das Ausfallrisiko ist für Privatvermieter höher“, sagt die Immobilien-Expertin. Sie seien stärker als große Immobilienunternehmen auf die Einnahmen aus einzelnen Objekten angewiesen.

    „Das gilt umso mehr, wenn die Wohnung erst vor kurzem gekauft wurde, als die Preise auf dem Markt schon hoch waren“, sagt Wandzik. „Vermieter, aber auch Selbstnutzer, werden Probleme damit bekommen, ihre Kredite zu bedienen – und dann verkaufen müssen.“ Wann und in welchem Umfang dieses Szenario eintritt, hängt laut Wandzik von der Dauer der Krise ab.

    Und was geschieht dann mit den Wohnungen? Immobilien-Expertin Wandzik skizziert zwei denkbare, aber durch und durch unterschiedliche Entwicklungen. Einerseits: „Das könnte eine Chance für Kommunen sein, die über die Gründung eigener Wohnungsunternehmen nachdenken, eigene Bestände aufzubauen.“

    Andererseits: „Finanzstarke Investoren oder Anleger könnten profitieren, weil sie durch die Veräußerungen größerer Bestände an Objekte in den strukturstarken Regionen kommen. Die Binnennachfrage bleibt unabhängig von der Krise hoch, damit bleibt auch der Immobilienmarkt ein hochinteressantes Investitionssegment.“

    IVD-Geschäftsführerin fordert Ausgleichszahlungen für Vermieter

    Noch steckt in diesen Gedankenspielen viel Konjunktiv. Damit es so weit gar nicht erst kommt, fordert Carolin Hegenbarth, Bundesgeschäftsführerin des Immobilienverbands Deutschland (IVD) im Gespräch mit unserer Redaktion Nachbesserungen am „Corona-Abmilderungsgesetz“: „Das Gesetz wurde mit heißer Nadel gestrickt. Dass da Fehler passieren, ist verständlich. Jetzt ist aber der Zeitpunkt gekommen, um diese Fehler zu korrigieren.“ Die Vermieter bräuchten einen Ausgleich für ausbleibende Einnahmen. „Dass die Belastung einfach von den Mietern auf die Vermieter übertragen wird, ist der falsche Weg.“

    Der Wohnungsmarkt gilt als träge. Die Auswirkungen von konjunkturellen Entwicklungen treten meist erst mit Verzögerungen von einigen Monaten ein. Auf Nachfrage erklärt das deutschlandweit zweitgrößte Online-Immobilienportal, Immowelt, man sehe derzeit „noch keine tiefgreifenden Änderungen in Struktur und Preisgefüge bei Immobilienangeboten.“ Marktführer Immoscout24 äußert sich ähnlich.

    WG-Gesucht, spezialisiert auf die Vermittlung von WG-Zimmern, berichtet, die Auswirkungen variierten je nach Stadt und Angebotsform stark: „Bei befristeten Angeboten mit einem Einzugstermin ab April und Mai hat sich die Nachfrage der Situation angepasst. Interessanterweise verzeichnen wir bei unbefristeten Angeboten ab August einen Aufwärtstrend bei der Nachfrage.“ Dies könne daran liegen, dass Studenten sich bereits jetzt ein Zimmer für das nächste Semester sichern möchten.

    Corona-Krise: Mieter und Vermieter müssen jetzt zusammenrücken

    Studenten, Familien, Singles, Senioren – alle wollen gut wohnen. Alle Vermieter, privat oder gewerblich, wollen mit den Einnahmen ihre finanzielle Existenz gesichert sehen. Thomas Weiand, Vorsitzender der Augsburger Mietervereins, sieht in der Corona-Krise eine Chance für einen Neustart im Verhältnis zwischen beiden Seiten.

    „Vermieter sollten spätestens jetzt erkannt haben, was sie an zuverlässigen Mietern haben. Andersherum sollten die Mieter auch Mal ihr Anspruchsniveau herunterschrauben, um sich bewusst zu machen, wie wichtig sicherer Wohnraum ist.“ Man beobachte, dass die Gesellschaft momentan zusammenrücke. „So müssen jetzt auch Mieter und Vermieter zusammenrücken.“

    Alle aktuellen Meldungen zur Corona-Krise lesen Sie hier bei uns im News-Blog.

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