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Verkehr: Wie könnte die Mobilität der Zukunft aussehen?

Verkehr

Wie könnte die Mobilität der Zukunft aussehen?

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    Selbstfahrende Autos, ausgestattet mit modernster Technik, könnten in absehbarer Zukunft die Verkehrsprobleme in Städten lösen und wie mobile Büros funktionieren.
    Selbstfahrende Autos, ausgestattet mit modernster Technik, könnten in absehbarer Zukunft die Verkehrsprobleme in Städten lösen und wie mobile Büros funktionieren. Foto: obs, HARTING Stiftung & Co. KG, Dingo Photos

    Am Anfang mal eine Zahl, die manches erklärt: 3.400.000.000 oder in Worten 3,4 Milliarden Kilometer legen wir Deutsche zurück, und zwar pro Tag. Statistisch gesehen läuft, fährt und fliegt jeder von uns 41 Kilometer täglich – so viel wie noch nie. Mehr als 80 Minuten pro Tag sind wir unterwegs. Doch gleichzeitig reichen zumindest in den Großstädten die Kapazitäten immer weniger für die täglichen Völkerwanderungen – in München standen im vergangenen Jahr Autofahrer laut einer Studie des Verkehrsdaten-Unternehmens Inrix etwa 51 Stunden im Stau. Spätestens seit dem Diesel-Skandal läuft eine Diskussion darüber: Kann das so weitergehen und wie müsste Mobilität anders organisiert werden? Eine Zusammenfassung der Debatte in sieben Thesen.

    1. Der Mobilitätsmix ändert sich

    Auch wenn viele vom Untergang des Autos reden – als Verkehrsmittel, mit dem 54 Prozent aller Wege in Deutschland zurückgelegt werden, steht es immer noch an der Spitze (21 Prozent der Wege werden zu Fuß zurückgelegt, 13 mit dem Fahrrad, elf mit dem öffentlichen Verkehr). Im Regierungsbezirk Schwaben kommen auf jeden Einwohner 0,58 Pkw, Tendenz steigend. Doch speziell in den Städten verliert das Auto bei jüngeren Menschen an Wichtigkeit, so eine These von Mobilitätsforschern. Daten zu den Auswirkungen gibt es aber nicht. Möglicherweise verschiebt sich die Anschaffung des ersten Autos – verbunden mit einer verlängerten Jugendphase von jungen Menschen – auch nur nach hinten. Allerdings lässt sich seit mehreren Jahren beobachten, dass der Anteil des Autos bei der Verkehrsleistung zurückgeht, wenn auch nur in geringem Maße. Profiteure sind Fahrrad, öffentlicher Nahverkehr und nicht zuletzt die eigenen Füße.

    2. Unterschied zwischen Stadt und Land

    Die Diskussion über den Verkehr fokussiert sich momentan auf Großstädte, wo die Schadstoffbelastung groß ist. Doch trotz der Verstädterungstendenzen in Deutschland wird der ländliche Raum nicht entvölkert werden. Dort, wo größere Entfernungen zurückzulegen sind und der Regionalbus nur dreimal am Tag fährt, ist die Situation anders als in der Stadt. Die Pkw-Dichte auf dem Land ist höher als in der Stadt und wird es auch bleiben. Es gibt Versuche, die Probleme zu lösen, etwa mit Rufbussen. Und auch der Bahnverkehr wird ausgebaut: Rund um Augsburg gibt es schon einen S-Bahn-ähnlichen Verkehr, rund um Ulm soll ein ähnliches System folgen. Die Bahnstrecke bei Weißenhorn wurde schon reaktiviert, die Staudenbahn im Landkreis Augsburg folgt demnächst. Doch das Problem bleibt, dass der Nahverkehr wegen der größeren Fläche nie so passgenaue Angebote für den Einzelnen liefern kann wie in der Stadt.

    3. Leihen statt kaufen

    Es gibt die These, dass die Konsumenten der Zukunft nicht mehr so viel Wert darauf legen, Dinge zu besitzen, sondern dass es eher darum geht, sie zu benutzen („shared economy“). Man kann angesichts der steigenden Konsumausgaben seine Zweifel an der Durchsetzungskraft dieses Modells haben. Im Bereich der Mobilität gibt es aber ein Segment, das deutliche Zuwachsraten hat, nämlich Carsharing. Deutschlandweit nutzen zwei Millionen Menschen die Möglichkeit, ein Auto stundenweise zu leihen. Vor 25 Jahren wurde das noch als Idee von Öko-Idealisten belächelt, inzwischen drängen Automobilkonzerne in diesen Bereich. Ein Vorteil: Man braucht weniger Parkplätze. Ein Auto im Privatbesitz steht den größten Teil des Tages auf einem Parkplatz, ein Carsharing-Auto kann laut Bundesverband Carsharing bis zu 20 dieser Fahrzeuge ersetzen. Auch die Idee von Leihrädern findet in Deutschland immer mehr Verbreitung.

    4. Der flatterhafte Reisende

    Die Verbreitung der „Leih-Mobilität“ hängt mit dem Verhalten der Nutzer zusammen: Die Verkehrsforschung geht davon aus, dass Bürger künftig flatterhafter sein werden bei der Wahl ihrer Verkehrsmittel und situativ entscheiden. Am Morgen fährt man bei gutem Wetter mit dem Leihrad zur Arbeit, bei Regen nimmt man für den Heimweg den Bus und fährt abends noch mit dem Carsharing-Fahrzeug zum Einkaufen. „Man wird als Verkehrsanbieter künftig eher in Mobilitätsketten denken müssen“, sagt Walter Casazza, Chef der Augsburger Stadtwerke. Die Augsburger wollen ab Oktober testweise eine „Mobilitätsflatrate“ einführen – für einen Festpreis von 75 Euro soll Abonnenten der Weg zu den Verkehrsmitteln Bus, Tram, Zug, Carsharing-Auto und Leihrad offenstehen. Der Übergang zwischen den Verkehrsmitteln soll nahtlos sein, mit Mobilitätsstationen, wo alle Angebote verfügbar sind. In der Zukunft sind noch andere Dinge denkbar, etwa On-Demand-Verkehre wie autonom fahrende Busse, die den Fahrgast an der Haustür abholen und ihn zur nächsten Tramhaltestelle bringen.

    5. Verkehr wird digital

    Die Digitalisierung des Verkehrs wird fortschreiten. Das flexible Umsteigen zwischen den geliehenen Verkehrsmitteln funktioniert nur mit Handy-Apps. Schon heute versuchen Verkehrsbetriebe mit Fahrplan-Apps zu punkten, künftig werden ganze Mobilitätsketten via Handy buchbar sein. „Man kauft künftig Mobilität, unabhängig vom einzelnen Verkehrsmittel“, sagt der Berliner Mobilitätsforscher Prof. Andreas Knie. Wer als Verkehrsanbieter nicht auf den Handy-Plattformen der Zukunft vertreten sei, werde keine Kunden mehr haben.

    Wie kann Mobilität von morgen funktionieren? Hier können Sie reinhören:

    6. Autonomes Fahren

    Die weitreichendste Folge der Digitalisierung des Verkehrs ist das autonome Fahren. Autohersteller entwickeln die Technik mit Hochdruck, doch bis zur Serienreife ist es noch ein weiter Weg. Es geht dabei um mehr, als dass der Fahrer zum Passagier wird, der ein Buch lesen kann, während der Computer das Auto ans Ziel bringt. Denn heute verstopfte Straßen könnten durch computergesteuerte Autos, die weniger Staus verursachen, wieder durchgängig werden. Und im Zusammenspiel mit Carsharing ergeben sich neue Mobilitätsmodelle: Statt ein eigenes automatisch fahrendes Auto zu besitzen, ruft man das Fahrzeug eines Anbieters morgens via Handy-App zur Haustür, lässt sich in die Arbeit kutschieren und abends abholen. Die Parkplatzsuche kann man sich sparen. Die Autohersteller werben schon damit, dass Innenstädte künftig nicht mehr mit geparkten Autos zugestellt sein werden. Doch es gibt auch Risiken: Vielleicht sind weniger Parkplätze nötig, aber neue Straßen, wenn durch die neuen Angebote der Auto-Anteil am Verkehr wieder steigt. Und im Berufsverkehr gibt es ja immer eine Hauptrichtung – morgens in die Stadt hinein, abends hinaus. Wenn die Autos nicht in der Stadt geparkt werden, müssen sie so lange woanders hin – das bedeutet mehr Verkehr.

    7. Es geht nicht nur um Fortbewegung

    Mobilität steht in Wechselwirkung zur Frage, wie Städte geplant werden oder wie die Arbeitswelt organisiert ist. Beim Städtebau müsse wieder der Mensch der Maßstab werden und nicht das Auto, ist eine Kernforderung des weltbekannten Stadtplaners Jan Gehl, der Kopenhagen diesbezüglich zur Musterstadt umbaute. „Eine Verkehrswende besteht aus mehr als einem Technologiewechsel“, sagt Burkhard Horn, der bis 2017 oberster Verkehrsplaner in Berlin war und heute als Berater tätig ist. Es gehe nicht nur darum, Verbrennungsmotoren durch Batterien zu ersetzen, sondern den öffentlichen Raum anders zu planen. Ein Schlagwort ist die „Stadt der kurzen Wege“: Arbeit und Wohnen sollen nah zusammenrücken, was dem jahrzehntelangen Modell von Wohnen auf dem Land und dem Arbeitsplatz in der Stadt widerspricht. Das ist die wirksamste Art der Verkehrsreduzierung.

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