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Kreis Donau-Ries: Wie eine starke Frau die Molkerei Zott groß machte

Kreis Donau-Ries

Wie eine starke Frau die Molkerei Zott groß machte

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    Christine Weber hat die Molkerei-Gruppe Zott aus Mertingen groß rausgebracht.
    Christine Weber hat die Molkerei-Gruppe Zott aus Mertingen groß rausgebracht. Foto: Ulrich Wagner

    Christine Weber hat einen azurblauen Blazer für das Gespräch gewählt. Doch als es während des Interviews darum geht, ein Bild der Inhaberin der Molkerei-Gruppe Zott zu machen, erbittet sie eine Umziehpause. Die Frau tauscht den blauen gegen einen roten Blazer ein, auch wenn Fotograf und Reporter versichern, der blaue stehe ihr gut. Es nützt nichts.

    Die 63-Jährige setzt sich über alle Komplimente hinweg und sagt: „Auf Bildern habe ich immer einen roten Blazer an. Das ist die Farbe unserer Marke.“ Von Marken, deren Erfindung, Pflege, ja fortwährender kreativer Erneuerung versteht Christine Weber eine Menge. Sie hat in Augsburg Wirtschaft studiert und in den bis auf das Jahr 1926 zurückgehenden Mertinger Familienbetrieb Zott ihr Marken-Feingefühl kräftig eingebracht.

    Von Anfang ihrer Karriere an musste sich Christine Weber gegen männliche Bedenken und Widerständler im eigenen Haus durchsetzen. Wer der Frau in die Augen schaut und ihr zuhört, lernt einen Menschen kennen, der sich mit Sätzen wie „Das geht nicht“, „Das haben wir immer schon so gemacht“ oder „Das könnte schiefgehen“ niemals abfinden mag. Derlei Einwände stacheln die Unternehmerin zu umso mehr Motivation an. Wenn etwas gut lief, fragt sie später dann: „Was machen wir noch besser?“ Fordernd nennt man solche Menschen.

    Zott: Molkerei-Unternehmen mit knapp 3100 Beschäftigten

    Ein Charakterzug, der den Erfolg Christine Webers erklären mag. Sie würde aber nie von ihrem Erfolg sprechen. Die Unternehmerin ist keine Einzelkämpferin und rühmt stets ihr Team. Zum Interview ist sie nicht allein, sondern mit einer Frau und zwei Männern aus der Erfolgsmannschaft gekommen. Bei allem Selbstbewusstsein praktiziert die Unternehmerin moderne Managementmethoden, setzt auf Teilhabe und Wertschätzung. Insofern ist die Chefin eines der führenden europäischen Molkerei-Unternehmen mit knapp 3100 Beschäftigten keine Patriarchin.

    Wie so viele, oft weltweit erfolgreiche Familienunternehmer aus der Region hat sie sich bis auf die Fachpresse bisher medial zurückgehalten. Eben keine Einblicke gegeben in ihre Erfolgsrezepte. Doch jetzt öffnet sich Christine Weber, erzählt ihre Geschichte. Sie ist in dem Familienbetrieb, der gut 40 Kilometer nördlich von Augsburg liegt, aufgewachsen und konnte von klein auf mitmischen. Während des Studiums hat sie zwei Kinder bekommen und immer weiter gearbeitet. Ihr Mann Albert Weber ist übrigens der Eigentümer des nicht minder stark wachsenden und erfolgreichen Gartencenter-Unternehmens Dehner aus Rain am Lech.

    Wichtiger Branchenpreis für Zott

    Preise: In jeder Branche gibt es besonders wichtige Auszeichnungen. Für die deutsche Lebensmittelwirtschaft ist der „Goldene Zuckerhut“ eine solche herausragende Ehrung.

    Er gilt als Oscar der Branche und wurde von der renommierten Lebensmittelzeitung 2017 zum 60. Mal verliehen. Und im vergangenen Jahr hat die Molkerei-Gruppe Zott – was ungewöhnlich ist – schon zum zweiten Mal den Goldenen Zuckerhut bekommen.

    Damit wurden „das nachhaltige unternehmerische Wirken“ sowie „das Gespür für genussversprechende Marken und kontinuierliche Markenarbeit ausgezeichnet“.

    Schon 1986 wurde Zott mit dem Goldenen Zuckerhut ausgezeichnet. Damals bekamen die Schwaben ihn für die Innovation „Sahnejoghurt“, ein Produkt, das sich bis heute gut verkauft.

    Geschichte: Zott ist bis heute ein Familienbetrieb. Mit dem Kauf einer kleinen Landmolkerei in Mertingen nördlich von Augsburg legten Anna und Balthasar Reiter 1926 den Grundstein für das Unternehmen.

    Balthasar Reiter verstarb früh. Seine Witwe heiratete den Molkereimeister Georg Zott. Er sollte der Namensgeber des Unternehmens werden.

    Am Anfang der Karriere von Christine Weber stand mit dem Sahnejoghurt das bekannte cremig-süße Zott-Produkt. Die Marken-Expertin wollte einen Joghurt entwickeln, der dem Unternehmen den Zugang in die Kühlregale in ganz Deutschland ermöglicht. Im Fachjargon heißt das „nationale Distribution“. Die Zott-Revolutionärin musste Widerstände männlicher Familienmitstreiter überwinden, auch als sie dem Becher einen schicken Plastiksockel verpasste, um den Joghurt besser als Luxus-Dessert für jedermann verkaufen zu können.

    Rückblickend sagt Christine Weber über ihre Sturm- und Drangzeit: „Wenn ich nicht die Tochter gewesen wäre, ich wäre einige Male entlassen worden.“ Keiner habe damals an ihre Visionen geglaubt. Christine Weber lacht.

    Längst dominiert Zott den Markt für Sahnejoghurts in Deutschland. Dabei ist das Joghurtgeschäft nicht minder kompliziert wie andere Branchen. Immer wieder müssen neue Geschmacksvarianten entwickelt werden. Verbraucher lieben die Abwechslung. Meterlange Kühlregale in Supermärkten zeugen davon. Ob die limitierte Karibikedition für den Frühling oder Joghurt à la Praliné für besondere Geschmäcker. So ein großer Produkterfolg wie der Sahnejoghurt fördert den Mut, neue Risiken einzugehen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs machte sich Christine Weber Richtung Osten auf. Ob in Ungarn, der heutigen Slowakei und vor allem in Polen: Überall setzte sich die Unternehmerin durch. Zott produziert auch in Polen. Dort trifft der Joghurt Jogobella mit großen Fruchtstückchen den Verbraucher-Nerv. Die bayerische Firma wäre aber nicht derart erfolgreich geworden und würde heute nicht mit 960 Millionen Euro an der Milliarden-Umsatzmarke kratzen, hätte es nicht viel mehr Innovationen gegeben. Neben dem schwäbischen Mozzarella „Zottarella“ und anderen Käseprodukten gelang Christine Weber vor allem mit der Marke „Monte“ nach dem Sahnejoghurt ein zweiter großer Streich. „Wir haben es in diesem Kindersegment geschafft, die Fruchtzwerge von Danone zu überholen“, sagt sie ganz sachlich. Eine Riesen-Leistung im Kampf mit dem französischen Multi, der einen Mega-Werbe-Etat hat. Monte ist ein Dessert aus heller Milchcreme und brauner Schoko-Haselnusscreme.

    Zott-Artikel gibt es in Vietnam in über 35.000 Läden

    Nun ließe sich mutmaßen, dass sich so ein Produkt wie ein Bier oder eine bestimmte Schokolade weltweit verkaufen lässt. Derart einfach ist das aber nicht. Dass Christine Weber es geschafft hat, mit ihrem Monte auch in Vietnam Marktführer im Dessertbereich zu werden, hat sie landeskundigen Experten ihres Hauses zu verdanken. Denn kleine Kinder des asiatischen Landes nehmen Schokolade als bitter wahr. Deshalb wird Monte aus schwäbischer Produktion in Vietnam mit gelber Vanille-Haselnusscreme unterlegt. Das ist Globalisierung.

    Und wie Coca-Cola wird Monte in Vietnam zum Teil in entsprechenden, mit dem Marken-Logo beschrifteten Kühlschränken, angeboten. Zott-Artikel gibt es in über 35.000 Läden des Landes. Die Produkte bringen oft Moped-Fahrer in Kühltaschen in entlegene Gebiete.

    Zott beschäftigt knapp 3100 Menschen.
    Zott beschäftigt knapp 3100 Menschen. Foto: Ulrich Wagner

    Christine Weber erzählt nun mit rotem Blazer diese unglaubliche Geschichte, auch, dass Zott in Vietnam schon über 800 Mitarbeiter beschäftige. In Deutschland sind es gut 1600. Dabei investiert die Unternehmerin kräftig in der Region. Zott hat ein Backwerk in Mertingen für Monte-Snacks bauen lassen, sozusagen die schwäbische Milchschnitte. Dort arbeiten 60 Frauen und Männer. Auch eine neue Firmenzentrale entsteht.

    Auf dem Tisch vor Christine Weber sind alle Produkte ihres süßen Milch-Imperiums aufgereiht. Die Marken-Macherin aus Mertingen schaut sie zufrieden an und sagt: „Alles meine Babys!“

    Es ist Mittagszeit. Die Unternehmerin isst genussvoll einen ihrer Sahnejoghurts mit Erdbeeren und weißen Schokoladensplits. Die Sorte mag sie besonders.

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