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Studie: Werbung: Maskottchen beeinflussen uns das ganze Leben lang

Studie

Werbung: Maskottchen beeinflussen uns das ganze Leben lang

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    "Bärenmarke"-Werbeträger ist der Bär.
    "Bärenmarke"-Werbeträger ist der Bär. Foto: Bärenmarke

    Wochenende. Die Sonne scheint auf die Terrasse, der Kaffee ist gerade fertig. Fehlt nur noch ein Schlückchen Milch zum Glück – natürlich die mit dem netten braunen Bären auf der Verpackung, der früher im Fernsehen immer so fröhlich über die Wiese lief. Wer bei seinem Nachmittags-Kaffee zielsicher zur Milch von Bärenmarke greift, hat dies vermutlich zu einem großen Teil dem knuddeligen Werbe-Maskottchen zu verdanken. Das legt jetzt eine neue Studie nahe.

    Maskottchen sind bewährte Werkzeuge der Werbebranche

    Der US-Forscher Paul Connell von der Stony-Brook-Universität New York und seine Kollegen fanden heraus, dass Werbe-Maskottchen, denen wir vor dem 13. Lebensjahr begegnen, auch Jahre später noch eine Vorliebe für die beworbenen Produkte bei uns bewirken können. Wer also den Bärenmarke-Bären in sein Herz geschlossen hat, wird auch die beworbene Milchmarke leichter in einem guten Licht sehen.

    „Im Kinder- und Jugendalter begegnen wir Werbung unkritischer, mit viel Begeisterung für die Geschichten und Gefühle, die sie hervorrufen will“, erklärt Guido Zurstiege, Medienwissenschaftler von der Universität Tübingen. Daher haben das HB-Männchen Bruno, der kleine Sarotti-Mohr oder Frau Antje ihren festen Platz in so manchem Gedächtnis. Genauso wie HB-Zigaretten, Sarotti-Schokolade und „echter Käse aus Holland“. Und nicht nur das: Die Studie von Connell zeigt, dass sich die positive Meinung über eine Marke in unserem Kopf festsetzt. Wir halten deshalb auch andere Produkte des jeweiligen Unternehmens für gut. Und das alles dank der Werbefiguren, die uns als Kinder begleitet haben.

    Nicht zuletzt darum sind Werbe-Maskottchen ein bewährtes Werkzeug der Werbebranche. Mit ihrer Hilfe lassen sich die Produkte und Botschaften der Unternehmen vermenschlichen, der potenzielle Kunde kann leichter eine Verbindung zur Marke herstellen, erklärt Medienwissenschaftler Zurstiege. Der Bärenmarke-Bär zählt dabei zu den dienstältesten Vertretern seiner Zunft. Seit 1892 grüßt er von Milchtüten und -dosen, seit den 1950er Jahren tritt er in Fernsehspots auf. Auf diese Weise wurde er nach einer Umfrage des Deutschen Werbemuseums von 2006 zur beliebtesten Werbefigur der Deutschen, vor den Mainzelmännchen des ZDF und dem Bären, der für das Toilettenpapier Charmin wirbt.

    Diese Maskottchen gibt es:

    Tierische Maskottchen sind die Klassiker unter den Werbefiguren. Beispiel: lila Kuh. Sie steht bei Schokoladenfreunden seit mehr als 40 Jahren für die lilafarbenen Milka-Schokoladentafeln. Ungefähr ebenso lange trommelt der rosa Plüsch-Hase für die Qualität von Duracell-Batterien. Schon 60 Jahre hat Tiger Tony (Kellogg’s Frosties) auf dem Buckel – um Frühstücksflocken zu bewerben.

    Auch menschliche Werbefiguren haben sich vielen eingeprägt. Als einsamer Cowboy verkörperte der Marlboro Man wohl die Sehnsüchte zahlloser Jungen und junger Männer – die in der Enge deutscher Kleinstädte vor dem Fernseher saßen und Fischstäbchen von Käpt’n Iglu, dem alten Seebären, aßen. Ihre Altersgenossen in den USA griffen wohl lieber zu den Burgern oder Pommes frites, die ihnen Ronald McDonald anpries; der Clown der Fastfoodkette McDonald’s zählt in Übersee zu den beliebtesten Werbefiguren.

    Auch Werbung mit Testimonials, also „Zeugen“, die Produkte aus angeblich eigener Erfahrung empfehlen, ist beliebt. Sie nimmt seit den 1990er Jahren stetig zu. Besonders Schauspieler, Sportler oder andere Prominente leihen Produkten immer häufiger ihr Gesicht. Doch auch prominente Testimonials müssen zur Marke passen, für die sie werben, erklärt Peter Hirrlinger. Der Münchner betreibt eine Werbeagentur und ist Sektionsvorstand des Art Directors Club Deutschland (ADC). „Erfolg hat man immer dann, wenn es eine gute Verbindung zwischen Figur und Produkt gibt“, sagt er. George Clooney etwa nehme der Fernsehzuschauer ohne Weiteres ab, selbst gerne einmal einen Martini oder eine Tasse Kaffee der Marke „Nespresso“ zu genießen, für die er Pate steht. An diesem Grundprinzip orientiert sich Werbung seit Jahrzehnten. „Wenn ich erst einmal eine relevante Idee für eine Marke oder ein Produkt habe, ist bei der Umsetzung grundsätzlich alles denkbar“, sagt Hirrlinger.

    Modernere Spots: Werbebranche entfernt sich von Maskottchen

    Hier hat sich allerdings seit der Zeit der ersten Werbe-Maskottchen einiges getan. „Die Werbebranche befindet sich in einer massiven Umbruchphase“, sagt Medienwissenschaftler Zurstiege. Durch das Aufkommen des Privatfernsehens Mitte der 1980er Jahre hat sich der Raum für Werbung ausgeweitet. Doch das bringt der Branche nicht nur Vorteile: Die Zielgruppen sind zersplittert, der Werbeverdruss beim Publikum nimmt zu.

    Das ist ein Antrieb für die Werber: „Sie müssen neue Wege finden, um zu gefallen, jenseits der klassischen Medien“, erklärt Zurstiege. Moderne Werbespots kommen deshalb als gute, multimediale Unterhaltung daher. VW ließ etwa beim amerikanischen Football-Endspiel 2011 ein Kind im Kostüm von Star- Wars-Bösewicht Darth Vader auftreten. Das Kind versucht verzweifelt, seine „Macht“ an Haushaltsgegenständen zu demonstrieren. Doch nichts regt sich. Erst beim neuen Auto der Eltern flackern die Lichter wie von Geisterhand auf und das Kind ist überwältigt von seinen scheinbar übersinnlichen Kräften. Es weiß nicht, dass der Vater mit dem Funk-Autoschlüssel nachgeholfen hat. Der witzige Werbespot wurde bis heute knapp 60 Millionen Mal im Internet-Videoportal Youtube angesehen.

    Andere überraschen mit Interaktivität: Wer 2012 in einer belgischen Stadt neugierig war und auf einen großen Knopf drückte, der auf dem Marktplatz aufgestellt worden war, löste eine Kettenreaktion aus. Plötzlich fuhr ein Rettungswagen vor, es kam zu einer Schlägerei, Gangster und Polizei lieferten sich eine Schießerei. Ein wahres Schauspiel. Die Inszenierung, die einem Actionfilm glich, sollte einen Vorgeschmack auf das Programm des Fernsehsenders TNT liefern. Sie sorgte für Aufsehen, Schlagzeilen und Millionen von Klicks bei Youtube.

    Maskottchen bleiben sinnvoll

    Trotz neuer Werbeformen bleiben Maskottchen sinnvoll, findet Zurstiege – vorausgesetzt, sie werden zeitgemäß eingesetzt: „Werbetreibende müssen dem Konsumenten die Chance geben, mit den Figuren an verschiedenen Stellen in Beziehung zu treten.“ Werbefiguren tauchen heute schließlich nicht mehr nur auf der Verpackung auf, sondern begleiten den potenziellen Kunden auf der Website der Marke oder in Online-Spielen.

    Dass Werbefiguren gerade bei Kindern bestens ankommen, sehen viele freilich kritisch. Nicht nur Verbraucherschützer bemängeln, wie sich insbesondere die Nahrungsmittelindustrie Werbe-Maskottchen bei jungen Zielgruppen zunutze macht. Rund drei Viertel der Werbung, die sich an unter 13-Jährige richte, betreffe Essen mit viel Zucker- oder Salzgehalt, kritisiert Zurstiege. Die Kritik könnte durchaus Folgen haben: Kellogg’s überlegt angeblich, den Frosties-Tiger Tony in Rente zu schicken.

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