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Weltbild: Wie geht es mit dem neuen Investor weiter? Heute gibt es Klarheit

Weltbild

Wie geht es mit dem neuen Investor weiter? Heute gibt es Klarheit

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    Ein Finanzinvestor aus München hat Interesse an Weltbild. Das berichteten wir am Samstag und konnten uns auf gut informierte Kreise berufen. Seit gestern nun will das Manager Magazin auch den Namen des Käufers erfahren haben, der die insolvente Augsburger Verlagsgruppe mehrheitlich übernimmt: Paragon.

    Es ist eine Private-Equity-Firma mit Sitz in München, die sich nach eigenen Angaben auf Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen konzentriert. Heute um 14 Uhr lädt die Insolvenzverwaltung die Belegschaft ein, um sie über den Investor zu informieren.

    Paragon will Weltbild fortführen

    Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, aber auch die Gewerkschaft Verdi waren gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Das Manager Magazin berichtete, Geiwitz und die Gläubigerbanken hätten sich auf Paragon geeinigt. Ein entsprechender Vorvertrag sei bereits unterzeichnet.

    Das Magazin beruft sich auf Finanzkreise. Demnach werden sämtliche Unternehmensteile, also auch das Filialgeschäft und die Tochtergesellschaften in der Schweiz und Österreich, auf ein neues Unternehmen übertragen, an dem Paragon die Mehrheit hält und an der sich auch die Gläubigerbanken beteiligen werden. Ziel sei es offenbar, das Unternehmen Weltbild als Ganzes fortzuführen.

    Die Paragon Partners GmbH ist eine private Investmentgesellschaft, die sich bei etablierten mittelständischen Unternehmen im deutschsprachigen Raum engagiert. Unter anderem ist das 2004 gegründete Unternehmen mit Sitz in München beim Motorrad-Ausrüster Polo eingestiegen. Zu den Investoren gehören nach eigenen Angaben institutionelle Anleger wie Lebensversicherungen, Pensionskassen und Universitätsstiftungen sowie das Team von Paragon Partners.

    Die bislang der katholischen Kirche gehörende Verlagsgruppe Weltbild hatte im vergangenen Januar Insolvenz angemeldet. Ende April war bekannt geworden, dass das Unternehmen nun fast jede vierte seiner bislang 220 Filialen schließen wird. Insgesamt 293 der rund 1300 Mitarbeiter in den Buchhandlungen sollen dabei ihre Jobs verlieren. Im Verlag wurden 582 von zuletzt 1776 Beschäftigten entlassen.

    Weltbild: Mehrere Unternehmer waren im Gespräch

    Der Niedergang von Weltbild

    Mit Pornoliteratur fing vor knapp zweieinhalb Jahren der Niedergang des Weltbild-Verlages an.

    Dass ausgerechnet ein von der katholischen Kirche getragenes Medienunternehmen Geld mit Erotikangeboten oder Esoterikbüchern macht, sorgte für Schlagzeilen und stürzte die Augsburger Verlagsgruppe in die Krise.

    Seitdem hat sich Weltbild nicht mehr erholt. Der Insolvenzantrag ist der vorläufige traurige Höhepunkt der Entwicklung bei dem Konzern mit mehr als 6000 Beschäftigten und etwa eineinhalb Milliarden Euro Umsatz.

    Als im Oktober 2011 das Erotikangebot bei Weltbild bekannt wurde, trat zunächst der von der Kirche entsandte Aufsichtsratsvorsitzende zurück. Dann preschte der Kölner Kardinal Joachim Meisner vor und verlangte eine Trennung von Weltbild.

    Seitdem wurde breit darüber diskutiert, wie sich die Diözesen von Weltbild trennen können. Eine Stiftung war im Gespräch, eine Lösung gab es nicht. Die Beschäftigten appellierten dabei immer wieder an die soziale Verantwortung der Bischöfe.

    Doch nicht nur der Wirbel um Buchtitel wie "Zur Sünde verführt" oder "Das neue Kamasutra" setzte dem Unternehmen zu. Im Wettbewerb mit Online-Gigant Amazon hatten es die Augsburger zunehmend schwer mit ihrem eher klassischen Katalog-Versandhandel.

    Seinen stationären Buchhandel hatte Weltbild im Jahr 2007 mit der Familie Hugendubel zusammengelegt. Das damals gegründete Gemeinschaftsunternehmen betreibt seitdem die Filialen unter etlichen Markennamen wie "Hugendubel", "Weltbild plus", "Jokers" sowie die Karstadt-Buchabteilungen.

    Dass die angeschlagene Verlagsgruppe zuletzt ihre zweiköpfige Geschäftsführung extra um den Sanierungsexperten Josef Schultheis erweiterte, konnte Weltbild nicht mehr retten. Er sollte den Umbau des Hauses in Richtung digitalem Handel beschleunigen.

    Möglicherweise kam dieser Schritt zu spät: Obwohl Weltbild im Weihnachtsgeschäft sogar etwas über dem Plan lag, musste das Unternehmen im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres (30. Juni) Einbußen bei Umsatz und Ergebnis verbuchen.

    "Das auch für die nächsten drei Jahre erwartete geringere Umsatzniveau verdoppelt den Finanzierungsbedarf bis zur Sanierung", begründete das Unternehmen den Insolvenzantrag.

    Die Gewerkschaft Verdi warf der Kirche umgehend vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

    Erst im Oktober wurde bekannt, dass Weltbild in Augsburg ihren Kundendienst auslagern will - 140 Mitarbeiter sind davon betroffen. Doch weitere konkrete Zahlen und detaillierte Planungen zur Sanierung waren seit jeher von Weltbild kaum zu erfahren. Denn was Transparenz anging, operierte das Unternehmen ähnlich verschwiegen wie der große Konkurrent Amazon.

    Die Filialen hatte der Konzern früher zusammen mit der Buchhandelskette Hugendubel in einer Holding betrieben. Im Februar war diese Kooperation beendet worden. Die Filialgesellschaft wurde wieder direkt dem Weltbild-Konzern in Augsburg angegliedert und unter ein Schutzschirmverfahren gestellt. Dies ermöglicht die Sanierung eines Unternehmens mit den aus dem Insolvenzrecht bekannten Methoden, ohne direkt einen Insolvenzantrag zu stellen. Ende April war das Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung vom Amtsgericht offiziell eröffnet worden.

    Als Käufer von Weltbild waren in den vergangenen Wochen der Stuttgarter Holtzbrinck-Konzern ebenso im Gespräch wie Bastei Lübbe und der schillernde 81-jährige österreichische Unternehmer Josef Taus, zu dessen MTH-Gruppe Firmen wie Pfennigpfeiffer, Mäc Geiz und Libro gehören. Seit gestern richtet sich nun das Interesse auf die Firma Paragon.

    Zusammen mit Insolvenzverwalter Geiwitz soll die Sanierung des Konzerns vorangebracht und Weltbild wieder auf einen stabilen Kurs zurückgeführt werden. Informationen zu diesem Kurs soll die heutige Betriebsversammlung bringen, die unter der Frage steht: Wie geht es weiter? (huda, dpa)

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