Solingen rühmt sich, Mittelpunkt der deutschen Schneidwarenindustrie zu sein. Der bei Düsseldorf gelegene Ort trägt offiziell den Namen „Klingenstadt“. Doch dort sind auch weniger schneidige Firmen heimisch. Dazu gehört der Hemden- und Männermodespezialist Walbusch, ein traditionelles Haus mit rund 1000 Mitarbeitern.
Diesem Anbieter war Carel Halff schon zu seiner Zeit als Chef des Augsburger Verlags-Unternehmens Weltbild verbunden, das 2014 Insolvenz anmelden musste. Der Manager saß bereits vor gut sieben Jahren im Walbusch-Beirat. Als die Firma 2015 gegenüber dem Vorjahr bei immer noch schwarzen Zahlen spürbare Umsatzrückgänge verzeichnen musste, fragten die Gesellschafter Halff, ob er bereit sei, die Geschäftsführung zu verstärken. „Ich habe Ja gesagt. Die Arbeit macht mir Spaß“, sagt der Manager in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Halff ist 65 Jahre alt und denkt nicht an einen baldigen Ruhestand.
Ex-Weltbild-Chef Halff ist heute Unternehmensberater
Es ist Freitag. Diesen letzten Tag vor dem Wochenende ist der Manager oft in Augsburg. Dort wohnt er nach wie vor mit seiner Familie, dort ist der Sitz seiner kleinen Firma, einer Unternehmensberatung, die neben Walbusch etwa eine internationale Verlagsgruppe, die sich in Deutschland ansiedeln will, oder einen Versicherungskonzern berät.
Namen nennt Halff hier nicht, was in der Beraterbranche üblich ist, schließlich geht es um Diskretion. Und es verwundert auch nicht, dass sich der Manager, was seine Weltbild-Vergangenheit und die Insolvenz des Unternehmens betrifft, zugeknöpft gibt. Auch das ist bei vergleichbaren Firmen-Pleiten üblich, zumal wenn – wie im Fall Weltbild – das Unternehmen übernommen wurde und von einem neuen Management geführt wird.
Doch auf der Internetseite der „HALFF-Beratung GmbH“ finden sich doch einige einordnende Sätze des Managers zum aufsehenerregenden und mit erheblichen Arbeitsplatzverlusten verbunden Niedergangs der Augsburger Verlags-Gruppe. Dort ist von der „zum Teil öffentlich geführten Diskussionen der kirchlichen Inhaber über das Unternehmen und seine Geschäftspolitik vor dem Hintergrund einer rasanten Marktveränderung durch die Digitalisierung“ die Rede. Dies und die Verweigerung der weiteren Finanzierung für den notwendigen Umbau haben nach Ansicht Halffs Anfang 2014 den Insolvenzantrag erzwungen. Mehr schreibt er zu dem Thema nicht, es fällt auch kein Wort über seine Rolle in der Weltbild-Krise. Der Manager führt aber an, den Verlag aus kleinsten Anfängen mit 600.000 DM Jahresumsatz zu einem internationalen Firmenverbund mit in der Spitze knapp 1,9 Milliarden Euro Umsatz und 7000 Mitarbeitern aufgebaut zu haben.
Carel Halff will Walbusch aus der Krise helfen
Weitaus offener zeigt sich Halff in Bezug auf seine aktuelle Lebenslage. „Das Beratergeschäft läuft gut“, sagt er. Gerade die Freiheit und Unabhängigkeit, die er jetzt genieße, mache ihn für Kunden neben seiner Branchenerfahrung attraktiv. Der Manager spricht mit ruhiger Stimme, lächelt und meint: „Ich persönlich empfinde mein Alter als eine Genussphase.“ Er müsse sich eben nichts mehr beweisen, fügt Halff hinzu. So ganz stimmt das nicht. In Solingen bei Walbusch will er es noch einmal so richtig als Geschäftsführer wissen. Die Eigentümer haben ihn als Manager auf Zeit geholt, der mithilft, den Wandel des Anbieters auf dem Hintergrund der Digitalisierung des Handels zu gestalten.
Walbusch setzt neben dem Katalog auf mehr als 40 eigene Geschäfte und einen zuletzt preisgekrönten Online-Shop. Auch die Umsätze sind 2016 wieder gestiegen – um immerhin 3,4 Prozent. Hier sei auch ein „erfreulicher“ Gewinn angefallen, räumt Halff ein. Dabei wird er als „Change-Manager“, wie Spezialisten für Veränderungs-Strategien in Unternehmen im Englischen genannt werden, dafür gezahlt, dass er sich irgendwann selbst überflüssig macht. Der Berater ist optimistisch, dass ihm das gelingt. Dann wird er öfter in Augsburg sein. Derzeit verbringt Halff im Schnitt noch vier Tage die Woche in Solingen. In der Nähe der Stadt hat er auch eine Wohnung. Aber der Manager liebt Augsburg, auch wegen der Nähe zu den Bergen. Skifahren und Wandern sind seine Hobbys.
Das Unternehmen Weltbild
Zahlen und Fakten zur Augsburger Weltbild-Gruppe:
Weltbild beschäftigte einst insgesamt rund 6800 Mitarbeiter, davon 2200 am Standort Augsburg.
Weltbild gehörte den zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin.
Weltbild startete 1948 als Winfried-Werk in Augsburg. Der Verlag gab katholische Zeitschriften heraus. Als zusätzlichen Service gab es einen Bücherdienst.
In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, es kaufte Verlage und Zeitschriften dazu. 1994 eröffnete man die ersten Filialen.
Seit 1997 gibt es den Onlinehandel. Während das Buchgeschäft floriert, kränkelte das Zeitschriftengeschäft. 2008 stieß Weltbild den kompletten Bereich ab.
Unter dem Dach der Holding DBH waren die Buchhandlungen Hugendubel, Weltbild und Jokers gebündelt. Zum Konzern gehörten auch die Vertriebsmarken Weltbild, Jokers, Kidoh und buecher.de.
2012 verkündete die Verlagsgruppe 1,59 Milliarden Euro Umsatz.
In den vergangenen Jahren geriet das Unternehmen unter Druck - die Konkurrenz von Amazon und anderen machte Weltbild zu schaffen.
Im Januar 2014 meldete Weltbild Insolvenz an.
In den folgenden Monaten bekamen hunderte Beschäftigte die Kündigung ausgesprochen.
Im Mai kündigte Investor Paragon an, Weltbild zu übernehmen.
Wenig später stieg Paragon wieder aus. Anfang August übernahm dann die Beratungs- und Investmentgruppe Droege die Mehrheit an Weltbild.
Der Online-Medienhändler bücher.de gehört ab August 2014 vollständig zur Weltbild-Gruppe.
September 2014: Nach der Mehrheitsübernahme durch den Düsseldorfer Investor Droege gibt es eine neue Geschäftsführung: Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm.
Nach nur sieben Wochen tritt Gerd Robertz ab und widmet sich wieder nur dem Onlinegeschäft bücher.de.
Im November kündigt die Geschäftsführung von Weltbild an, in der Verwaltung rund 200 Arbeitsplätze zu streichen.
2015: Weltbild verkauft 67 Filialen an die kleine Kette "Lesenswert".
Juli 2015: Rund ein halbes Jahr nach der Übernahme der 67 Filialen ist der Käufer pleite.
Juli 2015: Knapp ein Jahr nach der Übernahme des Weltbild-Konzerns durch den Düsseldorfer Investor Droege muss der Logistikbereich von Weltbild erneut Insolvenz anmelden.