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Weltbild: Streit um die Weltbild-Sanierung

Weltbild

Streit um die Weltbild-Sanierung

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    Über ein Jahr nach der Insolvenz des Augsburger Buchhandelsunternehmens Weltbild ist die Sanierung nicht abgeschlossen, doch die Gespräche liegen auf Eis. Zwischen Betriebsrat und der Geschäftsführung herrscht Funkstille. Die Hintergründe der verfahrenen Lage erfuhren rund 500 Mitarbeiter gestern in einer Betriebsversammlung im Stadtteil Lechhausen, zu der der Gewerkschaft wirft Investor Droege Wortbruch und Unvermögen vor

    Betriebsrat und Geschäftsführung streiten um Sanierungspläne

    Für die Betriebsräte liegt der Grund der verfahrenen Lage darin, dass der Düsseldorfer Investor Walter Droege „viele Dinge zugesagt und nicht gehalten hat“, wie Verdi-Betriebsgruppensprecher Timm Boßmann unserer Zeitung im Anschluss sagte. „Investitionen sind zugesagt, aber nicht getätigt worden – und die Zusicherung, dass es keine Entlassungen geben soll, ist längst ad absurdum geführt.“ Derzeit seien 300 Stellen bedroht. „Wir gehen den Weg nicht mit und wehren uns – die Belegschaft steht hinter uns.“

    Weltbild-Geschäftsführung verzeichnet erste Erfolge

    Das Unternehmen Weltbild

    Zahlen und Fakten zur Augsburger Weltbild-Gruppe:

    Weltbild beschäftigte einst insgesamt rund 6800 Mitarbeiter, davon 2200 am Standort Augsburg.

    Weltbild gehörte den zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin.

    Weltbild startete 1948 als Winfried-Werk in Augsburg. Der Verlag gab katholische Zeitschriften heraus. Als zusätzlichen Service gab es einen Bücherdienst.

    In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, es kaufte Verlage und Zeitschriften dazu. 1994 eröffnete man die ersten Filialen.

    Seit 1997 gibt es den Onlinehandel. Während das Buchgeschäft floriert, kränkelte das Zeitschriftengeschäft. 2008 stieß Weltbild den kompletten Bereich ab.

    Unter dem Dach der Holding DBH waren die Buchhandlungen Hugendubel, Weltbild und Jokers gebündelt. Zum Konzern gehörten auch die Vertriebsmarken Weltbild, Jokers, Kidoh und buecher.de.

    2012 verkündete die Verlagsgruppe 1,59 Milliarden Euro Umsatz.

    In den vergangenen Jahren geriet das Unternehmen unter Druck - die Konkurrenz von Amazon und anderen machte Weltbild zu schaffen.

    Im Januar 2014 meldete Weltbild Insolvenz an.

    In den folgenden Monaten bekamen hunderte Beschäftigte die Kündigung ausgesprochen.

    Im Mai kündigte Investor Paragon an, Weltbild zu übernehmen.

    Wenig später stieg Paragon wieder aus. Anfang August übernahm dann die Beratungs- und Investmentgruppe Droege die Mehrheit an Weltbild.

    Der Online-Medienhändler bücher.de gehört ab August 2014 vollständig zur Weltbild-Gruppe.

    September 2014: Nach der Mehrheitsübernahme durch den Düsseldorfer Investor Droege gibt es eine neue Geschäftsführung: Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm.

    Nach nur sieben Wochen tritt Gerd Robertz ab und widmet sich wieder nur dem Onlinegeschäft bücher.de.

    Im November kündigt die Geschäftsführung von Weltbild an, in der Verwaltung rund 200 Arbeitsplätze zu streichen.

    2015: Weltbild verkauft 67 Filialen an die kleine Kette "Lesenswert".

    Juli 2015: Rund ein halbes Jahr nach der Übernahme der 67 Filialen ist der Käufer pleite.

    Juli 2015: Knapp ein Jahr nach der Übernahme des Weltbild-Konzerns durch den Düsseldorfer Investor Droege muss der Logistikbereich von Weltbild erneut Insolvenz anmelden.

    Das Weltbild-Management nahm an der Versammlung nicht teil. „Der kurze avisierte Zeitrahmen erlaubt es nicht, die wichtigen Inhalte zusammenhängend und erschöpfend darzustellen“, begründete die Geschäftsführung ihr Fernbleiben. Diese will die Mitarbeiter nun separat über ihr Konzept und ihre Strategie informieren. Nach einer erforderlichen Restrukturierung erwarte man in den Folgejahren wieder Wachstum. „Erste Erfolge des eingeschlagenen Wegs sind bereits heute sichtbar“, das zeige sich in den aktuellen Monatsergebnissen im Versandhandel und den Filialen, die leicht über Plan liegen, hieß es.

    Wie aber geht es in den Job-Gesprächen weiter? Das Unternehmen wirft den Arbeitnehmervertretern Blockade vor: „Trotz deutlicher Kompromissbereitschaft seitens des Unternehmens, ist der Betriebsrat nicht zu einer Einigung bereit.“ Als nächsten Schritt wolle die Geschäftsführung „unverzüglich eine Einigungsstelle anrufen“. Diese schlichtet Konflikte zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

    Eine letzte Chance auf eine Annäherung lassen aber beide Seiten offen: Man sei „jederzeit zu konstruktiven Gesprächen mit dem Betriebsrat bereit“, teilte die Geschäftsführung mit. Und Betriebsrat Boßmann sagte, für ihn und seine Kollegen seien die Gespräche „nicht gescheitert“, sondern nur „unterbrochen“.

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