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Weltbild-Insolvenz: Ältere Weltbild-Mitarbeiter sind in Sorge

Weltbild-Insolvenz

Ältere Weltbild-Mitarbeiter sind in Sorge

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    Die Insolvenz der Augsburger Verlagsgruppe Weltbild war für die meisten Beschäftigten ein harter Schlag. Als besonders ungewiss empfinden viele Beschäftigte über 60 Jahre, die sich in Altersteilzeit befinden, ihre Situation. Sie mussten sich arbeitslos melden – und bangen eigenen Schilderungen zufolge um das Geld, das das Unternehmen vor der

    Das, was ablaufe, sei „nicht fair“, sagt eine Betroffene. Da sie derzeit vor Gericht klagt und es auch um ihr Einkommen geht, möchte sie ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Die Augsburgerin hat aber über Jahre für Weltbild gearbeitet. Nennen wir sie Britta M.

    Betriebliche Altersvorsorge durch Insolvenz gefährdet

    Wie viele andere auch, nahm sie vor einigen Jahren das Angebot an, in Altersteilzeit zu gehen. Für eine bestimmte Zeitspanne arbeitete Britta M. noch für Weltbild, bekam aber nur 80 Prozent des Gehalts ausbezahlt. Die restliche Summe habe das Unternehmen als „Wertguthaben“ bei einer christlichen Bank angespart. Zudem habe Weltbild die Summe mit einem Betrag in gleicher Höhe aufgestockt. An die Arbeitsphase schloss sich dann die – gleich lange – Freistellungsphase an. Britta M. ist zu Hause, sollte aber aus den Rücklagen weiterhin 80 Prozent des bisherigen Gehalts bekommen.

    In vielen Unternehmen ist das ein gutes, funktionierendes Modell. Nur: Bei Weltbild kommt die Insolvenz dazwischen. Am 27. Februar erfährt Britta M., dass ihr Unternehmen für einen Teil der angesparten Guthaben keine Versicherung gegen den Fall der Insolvenz abgeschlossen hat. Unter den Betroffenen wird jetzt befürchtet, dass rund die Hälfte des Kapitals – der Aufstockungsbetrag – in die Insolvenzmasse fließt.

    Weltbild: Bisher kein Geld bei Betroffenen angekommen

    Um aus der Situation das Beste zu machen, unterschreibt Britta M. am 17. März einen Aufhebungsvertrag und meldet sich zum Ende des Monats arbeitslos. Ihr sei mündlich versprochen worden, dass dann zumindest der andere Teil des angesparten Kapitals auf einen Schlag ausgezahlt werden kann. Dass sie derzeit nur 60 Prozent ihres früheren Einkommens als Arbeitslosengeld bekomme, habe sie deshalb zunächst für halb so schlimm gehalten.

    Doch sei dann alles anders gekommen als erwartet, berichtet Britta M. Bei den Betroffenen sei bisher kein Geld eingetroffen. Viele seien mittlerweile in eine wirtschaftliche Krise geraten, vor allem, wenn das bisherige Gehalt eine Familie ernähre oder eine Wohnung finanziert werden müsse. „Keiner hält es für nötig, die Leute zu informieren“, sagt Britta M. „Wir sind vergessen und bekommen keine Nachrichten – das ist das Schlimmste.“

    Der Insolvenzverwaltung zufolge können die Betroffenen aber bald mit Zahlungen rechnen: „Das Geld liegt sicher bei einem Treuhänder, der Pax Bank“, sagt der Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, Patrick Hacker. Die Summen befänden sich „im Zahlungslauf“, berichtet er auf Anfrage unserer Zeitung. Das Geld würde noch im Laufe des Monats Juni bei den Betroffenen eintreffen. „Das Geld kommt wie vereinbart, auch wenn das noch einige Tage dauern kann“, erklärt Hacker. Die Auszahlung der Summe würde dabei auf Basis von Gutachten in mehreren Staffeln erfolgen.

    Das Unternehmen Weltbild

    Zahlen und Fakten zur Augsburger Weltbild-Gruppe:

    Weltbild beschäftigte einst insgesamt rund 6800 Mitarbeiter, davon 2200 am Standort Augsburg.

    Weltbild gehörte den zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der Soldatenseelsorge Berlin.

    Weltbild startete 1948 als Winfried-Werk in Augsburg. Der Verlag gab katholische Zeitschriften heraus. Als zusätzlichen Service gab es einen Bücherdienst.

    In den 1980er Jahren blühte das Unternehmen auf, es kaufte Verlage und Zeitschriften dazu. 1994 eröffnete man die ersten Filialen.

    Seit 1997 gibt es den Onlinehandel. Während das Buchgeschäft floriert, kränkelte das Zeitschriftengeschäft. 2008 stieß Weltbild den kompletten Bereich ab.

    Unter dem Dach der Holding DBH waren die Buchhandlungen Hugendubel, Weltbild und Jokers gebündelt. Zum Konzern gehörten auch die Vertriebsmarken Weltbild, Jokers, Kidoh und buecher.de.

    2012 verkündete die Verlagsgruppe 1,59 Milliarden Euro Umsatz.

    In den vergangenen Jahren geriet das Unternehmen unter Druck - die Konkurrenz von Amazon und anderen machte Weltbild zu schaffen.

    Im Januar 2014 meldete Weltbild Insolvenz an.

    In den folgenden Monaten bekamen hunderte Beschäftigte die Kündigung ausgesprochen.

    Im Mai kündigte Investor Paragon an, Weltbild zu übernehmen.

    Wenig später stieg Paragon wieder aus. Anfang August übernahm dann die Beratungs- und Investmentgruppe Droege die Mehrheit an Weltbild.

    Der Online-Medienhändler bücher.de gehört ab August 2014 vollständig zur Weltbild-Gruppe.

    September 2014: Nach der Mehrheitsübernahme durch den Düsseldorfer Investor Droege gibt es eine neue Geschäftsführung: Gerd Robertz, Patrick Hofmann und Sikko Böhm.

    Nach nur sieben Wochen tritt Gerd Robertz ab und widmet sich wieder nur dem Onlinegeschäft bücher.de.

    Im November kündigt die Geschäftsführung von Weltbild an, in der Verwaltung rund 200 Arbeitsplätze zu streichen.

    2015: Weltbild verkauft 67 Filialen an die kleine Kette "Lesenswert".

    Juli 2015: Rund ein halbes Jahr nach der Übernahme der 67 Filialen ist der Käufer pleite.

    Juli 2015: Knapp ein Jahr nach der Übernahme des Weltbild-Konzerns durch den Düsseldorfer Investor Droege muss der Logistikbereich von Weltbild erneut Insolvenz anmelden.

    Weltbild: Gläubigerversammlung zur Fortführung der Firma

    Indes sind gestern die Gläubiger von Weltbild durch den Insolvenzverwalter über die Fortführung des Unternehmens informiert worden. Der Münchner Finanzinvestor Paragon will in Weltbild investieren und die Firma in einigen Jahren wieder mit Gewinn verkaufen. Spekuliert wird wie berichtet, ob es vor der Unterschrift des Kaufvertrags durch Paragon nochmals zu Einschnitten bei Weltbild kommt.

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