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"Wegen Corona geschlossen": Corona-Krise: In Handel und Tourismus wachsen Existenzängste

"Wegen Corona geschlossen"

Corona-Krise: In Handel und Tourismus wachsen Existenzängste

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    Österreich und Italien müssen Geschäfte, Hotels und Restaurants zum großen Teil schließen. In Deutschland haben sie zwar weiter auf – leiden aber unter enormen Einbußen.
    Österreich und Italien müssen Geschäfte, Hotels und Restaurants zum großen Teil schließen. In Deutschland haben sie zwar weiter auf – leiden aber unter enormen Einbußen. Foto: Gina Sanders, Adobe Stock (Symbol)

    "Wegen Corona geschlossen" – so heißt es ab kommenden Montag in den meisten Geschäften in Österreich. Lebensmittelmärkte, Apotheken, Banken, Drogeriemärkte, die Post und Tabaktrafiken dürfen weiterhin öffnen. Für alle anderen gilt zunächst für eine Woche eine von der Regierung angeordnete Zwangsschließung. Auch Lokale und Restaurants müssen ab kommender Woche bereits um 15 Uhr dichtmachen. In Tirol und Salzburg schließen zudem alle Beherbergungsbetriebe. Damit ist für sie das wichtige Osterurlaubsgeschäft gelaufen. Die radikalen Maßnahmen sind Teil eines Pakets, mit dem die weitere Ausbreitung des Coronavirus gebremst werden soll. Österreich folgt damit Italien, das schon zum Donnerstag entsprechende Maßnahmen in Kraft gesetzt hat. In Deutschland ist eine Schließung von Geschäften, Gaststätten und Beherbergungsbetrieben noch nicht geplant. Aber die Branche verzeichnet auch so Rekordeinbußen.

    Für einige Wochen hat der Lebensmitteleinzelhandel zwar deutlich gestiegene Umsätze bei einigen Warengruppen verzeichnet: Reis, Nudeln, Salz, Zucker, Hygieneartikel und haltbare Getränke waren über Tage sehr gefragt. In vielen Supermärkten waren einzelne Fächer in den Regalen sogar kurzzeitig leer. Inzwischen hat sich das aber geändert, sagt Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsverband Bayern (HBE): "Es gibt noch Nachfragespitzen, aber die Hamsterkäufe ebben ab. Es kann sein, dass die Nachricht der Schulschließungen für manch einen das Gefühl der Unsicherheit erhöht, auch wenn sich die Lage sonst nicht geändert hat." Und Ohlmann schickt gleich noch ein großes Aber hinterher: "Für den Handel sind dies erst einmal vorgezogene Umsätze, nicht unbedingt höhere. Denn wenn die Ware nicht gleich verbraucht wird, dann eben im Laufe der Zeit." Ohnehin völlig anders ist die Lage für den Handel abseits der Supermärkte und Drogerien.

    In den Städten sind die Einbußen wegen des Coronavirus am größten

    "Die Kundenfrequenz in den Innenstädten und Fußgängerzonen ist deutlich zurückgegangen", sagt Ohlmann. Händler berichteten von deutlich zweistelligen Umsatzrückgängen. Für kleine Betriebe kann diese Situation schnell existenzbedrohend werden. Aber auch die größeren Händler gehen davon aus, dass die Lage sich weiter verschlechtert: Nach einer vom Handelsverband Deutschland am Freitag veröffentlichten Umfrage rechnen drei Viertel der Handelsunternehmen für die nächsten Wochen mit einer weiter sinkenden Nachfrage, die Hälfte davon geht von deutlichen Einbußen aus.

    Marcus Vorwohlt, Geschäftsführer des Augsburger Textilhauses Rübsamen mit 15 Standorten, taxiert die Rückgänge im Modehandel insgesamt auf zehn bis 30 Prozent. Einiges an Umsatz habe sich ins Online-Geschäft verschoben. Grundsätzlich beobachtet Vorwohlt Unterschiede zwischen städtischen und eher ländlichen Lagen: "Je größer die Stadt, desto schwieriger die Lage. In kleineren Orten gehen die Leute gelassener mit der Situation um." Ganz schwierig seien Märkte in Einkaufszentren. Aber das witterungsabhängige Modegeschäft habe auch unter dem durchwachsenen März gelitten. Trotz sinkender Kundenfrequenz hält Vorwohlt nichts von eingeschränkten Öffnungszeiten: "Solange wir die Normalität aufrechterhalten können, sollten wir das tun."

    Noch dramatischer ist die Lage im Gastgewerbe. Dazu beigetragen haben die Absagen von Messen und Großveranstaltungen. Aber auch das Ausbleiben der Touristen weckt bei vielen Hoteliers und Gastronomen Existenzängste. "Die Umsatzeinbrüche kommen nicht schleichend wie in anderen Wirtschaftskrisen, sondern von heute auf morgen und das fast zu 100 Prozent. Unsere Betriebe kämpfen unverschuldet ums nackte Überleben", sagt Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Bayern. Trotz ausbleibender Umsätze liefen die Kosten einfach weiter. Mittlerweile summierten sich die Umsatzeinbußen auf ein nie gekanntes Ausmaß, so Inselkammer weiter. Laut einer Auswertung vom Donnerstag der vergangenen Woche zeichneten sich für den laufenden Monat Einbußen von 50 bis 80 Prozent quer durch alle Betriebe ab.

    Corona-Krise: Bis vor kurzem war noch alles einigermaßen im Lot

    Nach der Pressekonferenz von Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstagabend und der Bekanntgabe der Schließung aller Schulen in Bayern vom Freitagmorgen hat sich die Lage noch einmal verschärft, bekräftigt auch Sybille Wiedenmann, Geschäftsführerin von AllgäuTopHotels und AllgäuHotels: "Die Stimmung in der Bevölkerung ist massiv gekippt und die Stornierungen und Umbuchungen haben drastisch zugenommen." Bis Anfang der vergangenen Woche sei die Lage in der Urlaubshotellerie noch halbwegs im Lot gewesen, teilweise habe ihr Verbund sogar neue Gäste durch den Wegbruch des beliebten Reiseziels Südtirol verzeichnet. "Problematisch bis bedrohlich war und ist, dass für die Zwischensaison keine zusätzlichen Buchungen dazugekommen sind, die dringend benötigt werden", so Wiedenmann.

    Der Tourismus trägt mit rund vier Prozent ungefähr so viel zur Wertschöpfung in Deutschland bei wie der Einzelhandel oder der Maschinenbau. Einbußen hier strahlen auch in andere Wirtschaftsbereiche aus. So gehen mittlerweile auch die bayerischen Brauer von einem starken Rückgang des Bierkonsums wegen der Corona-Krise aus. "Die Gastronomie ist ein wichtiger Absatzkanal für Bier. Wenn diese von den Menschen nicht mehr aufgesucht wird, schlägt das direkt auf den Bierverkauf durch", sagt Georg Schneider, der Präsident des Bayerischen Brauerbunds, im Gespräch mit unserer Redaktion. Da Bier sehr gerne in Gesellschaft getrunken wird, sei auch der Rat, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, nicht förderlich für den Bierabsatz.

    Ins Bier selbst könne das Coronavirus nicht kommen und auch nicht darüber übertragen werden: "Der pH-Wert von Bier und der Alkoholgehalt sind für das Coronavirus schädlich", sagt Schneider. Die Frage sei nicht, ob genügend Bier da ist, sondern wie es zum Konsumenten komme. Aber wenn das gesamte öffentliche Leben lahmgelegt werden sollte, sei so ziemlich jede Versorgung gefährdet. Die Strategien der Pandemiebekämpfung in Deutschland zielten aber genau darauf ab, dass dies nicht der Fall sein wird.

    Aktuelle Entwicklungen zum Coronavirus finden Sie immer auch hier in unserem Live-Blog.

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